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Baumeister: das Architektur-Magazin — 10.1912

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Heft 8
DOI Artikel:
Scheffler, Karl: Grabmale, [1]
DOI Artikel:
Nordhausen, Richard: Stadtbaukunst und Volksgesundheit, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.55686#0100

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92

DER BAUMEISTER . 1912, MAL


Arch. O. O. Kurz, München.

Deutsches Kriegerdenkmal in Beaumont.

protestantischen Friedhof eine Adresstafel, worauf Geburts-
und Todestag verzeichnet sind, sondern ein kirchliches Sym-
bol. Sehr oft ist es sogar ein kleiner Tempel, ein Bethäuschen.
Der Katholik hängt am Grabe Erinnerungszeichen auf, bringt
Spruchbänder und Kränze herbei, zündet Kerzen an und
stellt, wo es angeht, einen Betschemel auf. Alljährlich kommt
er an bestimmten Tagen mit Freunden und bringt seinen

lebendigen Toten Seelenmessen dar. Mit dem Rosenkranz
und mit Weihegeschenken kommt er als Beter und wo der
Protestant sich und seinen Toten nichts zu sagen weiss und
verlegen an den Gräbern der ihm Liebsten umhersteht, da
weist den Katholiken der Ritus an, Kulthandlungen vorzu-
nehmen, in die das Gefühl sich kleiden kann. In einem
Grabhaus schliesst er sich ein, wenn seine Mittel ihm solch


Arch. O. O. Kurz, München.

Grabmal auf dem Waldfriedhof, München.

ein Denkmal irgend gestatten, und
hinter bunten Fenstern, beim hei-
ligen Kerzenlicht fällt er inbrünstig
auf die Knie. Er belebt das Grab-
mal durch Zeremonien und macht
es damit zu etwas Symbolischem.
Nur aus solcher, wenn heute
auch zu starrem Konventionalis-
mus gewordenen Gesinnung
konnte eine Grabmalskunst ent-
stehen, wie der Katholizismus sie
früher wenigstens hervorgebracht
hat, wie man sie — um nur eines
der heute noch erreichbaren höch-
sten Beispiele anzuführen — auf
dem Pfere Lachaise in Paris etwa
sehen kann. Was die Stunden auf
diesem Kirchhof in dem an Kunst-
eindrücken doch gewiss nicht
armen Paris über alles eindrucks-
voll macht, ist das lebendige Er-
lebnis einer restlos zur Kunst ge-
wordenen religiösen Konvention.
(Fortsetzung folgt.)

Stadtbaukunst
und Volksgesundheit.
(Schluss aus Heft 7.)
Dass die Abkehr von der
mittelalterlichen Stadtbaukunst
durchaus so schroff erfolgen
musste, wie die kunst- und ge-
dankenlosen Stadtbauhandwerker
der Neuzeit für nötig hielten, soll
damit natürlich nicht gesagt wer-
den. Als unsere Grossstädte sich
auftaten und die Neuzeit erstaun-
liche wirtschaftliche Umwälzungen
heraufführte, blieben Architekten
 
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