Baumeister: das Architektur-Magazin (10.1912)

DER BAUMEISTER « 1912, MAI. » BEILAGE.

B 167

von Architekt Drechsler. Bei der Dorfanlage, nach dem Entwurf des
Architekten Brachmann, ist als erster Gesichtspunkt festgehalten, eine
Musteranlage zu schaffen, die für die Dorfhandwerker vorbildlich sein soll.
Das Dorf soll in baukünstlerischer Hinsicht auf Fachleute und Laien an-
regend wirken. Es soll ein sächsisches Dorf geschaffen werden, in dem die
heimatliche sächsische Bauweise zur Anwendung kommt. Das grosse Guts-
gehöft soll nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in baukünstlerischer
Beziehung mustergültig werden. Um diese Ziele voll zu erreichen, sollen
massgebende Persönlichkeiten aus den Kreisen der Wissenschaft, der Kunst
und des Heimatschutzes zur Begutachtung herangezogen werden. Der Ent-
wurf zum Eingang B an der Reitzenhainerstrasse, sowie zu dem sich an-
schliessenden Verwaltungsgebäude stammt von Architekt Herold. — Mit
dem Bau der Quer-Allee, für die bereits vor längerer Zeit 200 Lindenbäume
angepflanzt worden sind, ist bereits seit acht Tagen begonnen.

Verschiedenes.

Hamburger Raumkunst. Die bekannte Darmstädter Kunstzeitschrift: Hof-
rat Alexander Koch’s „Innen-Dekoration“ erbringt in jedem neuen Hefte
den Beweis, dass sie als Sachwalterin neuzeitlicher Innenraumkunst ihre
Aufgabe, die Bestrebungen zur Klärung und Hebung unserer Wohnungs-
kultur zusammenzufassen und ihnen Wege und Ziel zu weisen, in glänzender
Weise erfüllt. Mit feinfühligem Verständnis für die in unserem deutschen
Väterlande herrschenden differenzierten geschmacklichen Richtungen und
Bedürfnisse —, die aus der Verschiedenheit nord- und süddeutscher Stammes-
eigentümlichkeiten sich ergeben —, zieht sie in gleicher Weise die charakteri-
stischen Schöpfungen der führenden nord- und süddeutschen Raumkünstler
in ihren Betrachtungsbereich. Sie verschliesst sich auch nicht der Erkennt-
nis, dass die neudeutsche Wohnungskultur immer breiteren Boden gewinnen
wird, wenn Architekten und Künstler dort, wo noch gute heimische Tradi-
tionen lebendig sind, an dieses Bodenständige in ihrem Schaffen taktvoll
anknüpfen. Dass auch in solch konservativen Kreisen die neue Wohnkultur
bereits mit gutem Erfolg vordringt, zeigt die „Innen-Dekoration“ im April-
heft, das ausschliesslich Arbeiten Hamburger Architekten und Werkstätten
veröffentlicht. Sowohl die behaglich gediegenen Innenräume von Gustav
Doren: Wohndiele, Speisezimmer, Musikzimmer usw., als auch die äussere
und innere Gestaltung eines Landhauses der Architekten Frejtag und Elingius,
ferner die reizvollen und wohnlichen Interieurs von Lud. Preetorius lassen
ein von neuzeitlichem Geiste geleitetes Verständnis- und taktvolles Aufbauen
auf bester Hamburger Tradition erkennen. Unter den weiter abgebildeten
neuen Räumen des Hotels „Vier Jahreszeiten“ ist besonders die grosse
Empfangshalle mit schwerer Eichenholzvertäfelung, Marmorfussboden, Kamin-
anlage, reicher Stuckdecke und der nach Art eines vornehmen Eigenhauses
gehaltenen repräsentativ komfortablen Einrichtung ein bemerkenswertes
Beispiel modernster Hotelkultur. Eleganz ist das Merkmal der Innen-
einrichtungen von J. D. Heymann: vornehme Möblierungen einer Hamburger
Villa und eines luxuriösen Damensalons auf einem Hapag-Dampfer. Erwähnen
wir noch die gartenarchitektonischen Anlagen und reizenden Gartenhäuschen
von Jakob Ochs, sowie von Schnackenberg & Siebold und den keramischen
Gartenschmuck von Georg Hulbe, so ist kurz der reiche Inhalt des April-
heftes registriert, das einen guten Einblick tun lässt in das zielbewusste und
erfolgreiche raumbildnerische Schaffen Hamburger Künstler und Werkstätten.
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