DER BAUMEISTER □ 1912, SEPTEMBER.
141
Oberleitung: K. Minist.-Rat Frhr. v. Schacky auf Schönfeld.
Entwurf und Bauleitung: K. Reg.- und Bau-Assessor Kaiser.
Zollgebäude in München.
Kraftfahrzeughalle.
Grabmale.
Von Karl Scheffler.
(Schluss aus Heft 9.)
Und eins noch bleibt uns, nämlich der Wille, bis zur Monumen-
talität konsequent zu sein. Der städtische Zentralfriedhof ist
vorhin eine Grosstadt der Toten genannt worden. So liegt es
nahe, der unendlichen Mannigfaltigkeit, des hässlichen Vielerleis
auf dem Zentralfriedhof mit denselben Mitteln Herr zu werden,
womit allein auch in den Strassen der Grosstädte ästhetische
Ordnung geschaffen werden kann: durch ein sehr konsequentes
Zusammenfassen des im Wesen Verwandten. Wie in unseren
Grosstädten nur die Vereinigung vieler Miethäuser zu grossen,
von vier Strassen begrenzten Baublocks, die Zusammenfassung
der Geschäftshäuser zu Baukomplexen, wie nur eine systematische
Uniformierung, eine höhere Unpersönlichkeit einen Zug von
Monumentalität und Würde ins grosstädtische Strassenbild bringen
kann, so könnten auf den bureaukratisch verwalteten, auf den
der Industrie ausgelieferten und von der Kirche getrennten Riesen-
friedhöfen das stillose Nebeneinander, die Unkunst proletarischer
Liebhabereien und die Formlosigkeiten der unselbständigen
Willkür nur verschwinden, wenn ein gross denkender Sinn auch
hier das Verwandte in architektonisch gegliederte, festummauerte
Komplexe zusammenzwänge, und wenn ein neues, modernes
Reglement zum Teil wenigstens die einst lebendige Konvention
ersetzte. Ein Versuch, durch Bestimmungen der Verwaltung Ein-
fluss auf die Qualität der Grabsteine zu gewinnen, ist ja von
der Leitung des Münchener Waldfriedhofes bereits gemacht worden.
Doch ist man in diesem Fall noch viel zu sehr von Ideen der
Naturromantik ausgegangen. Das Parkprinzip führt aber nur
immer weiter ins Besondere hinein. Worauf es ankommt, ist
gerade architektonische Gesamthaltung. Man könnte sich z. B.
auf einem modernen Zentralfriedhofe sehr wohl architektonisch
ausgebaute Riesengrabstätten vorstellen, die jeweils für ver-
schiedene Klassen von Gräbern bestimmt sind, worin dem per-
sönlichen Pietätsbedürfnis Spielraum gelassen wäre, während
das einzelne Grab doch nur ein winziger Teil eines geordneten
grossen Ganzen wäre. Freistehende Einzelgräber wären nur
dort zu gestatten, wo Mittel und Wille zu einer kunstmässigen
Ausgestaltung vorhanden sind. Man vermag sich terrassenartige,
podium- oder hofartige, von grosszügigen Skulpturen architek-
tonisch geschmückte Anlagen zu denken, mit Gruppen und
Komplexen von ganz uniform gestalteten Grabplatten, Hügeln
und Stelen, wo trotzdem jedem Leidtragenden Gelegenheit
geschaffen wäre, Blumen, Kränze oder sonstige Erinnerungs-
zeichen anzubringen. Man sieht den Grundriss eines der-
gestalt in Architekturgruppen gross und einfach aufgeteilten
Friedhofes fast vor Augen und fühlt in der Phantasie schon
Zollgebäude in München, Beamtenwohngebäude A,
Bildhauer: Wilhelm Riedisser, Florenz,
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Oberleitung: K. Minist.-Rat Frhr. v. Schacky auf Schönfeld.
Entwurf und Bauleitung: K. Reg.- und Bau-Assessor Kaiser.
Zollgebäude in München.
Kraftfahrzeughalle.
Grabmale.
Von Karl Scheffler.
(Schluss aus Heft 9.)
Und eins noch bleibt uns, nämlich der Wille, bis zur Monumen-
talität konsequent zu sein. Der städtische Zentralfriedhof ist
vorhin eine Grosstadt der Toten genannt worden. So liegt es
nahe, der unendlichen Mannigfaltigkeit, des hässlichen Vielerleis
auf dem Zentralfriedhof mit denselben Mitteln Herr zu werden,
womit allein auch in den Strassen der Grosstädte ästhetische
Ordnung geschaffen werden kann: durch ein sehr konsequentes
Zusammenfassen des im Wesen Verwandten. Wie in unseren
Grosstädten nur die Vereinigung vieler Miethäuser zu grossen,
von vier Strassen begrenzten Baublocks, die Zusammenfassung
der Geschäftshäuser zu Baukomplexen, wie nur eine systematische
Uniformierung, eine höhere Unpersönlichkeit einen Zug von
Monumentalität und Würde ins grosstädtische Strassenbild bringen
kann, so könnten auf den bureaukratisch verwalteten, auf den
der Industrie ausgelieferten und von der Kirche getrennten Riesen-
friedhöfen das stillose Nebeneinander, die Unkunst proletarischer
Liebhabereien und die Formlosigkeiten der unselbständigen
Willkür nur verschwinden, wenn ein gross denkender Sinn auch
hier das Verwandte in architektonisch gegliederte, festummauerte
Komplexe zusammenzwänge, und wenn ein neues, modernes
Reglement zum Teil wenigstens die einst lebendige Konvention
ersetzte. Ein Versuch, durch Bestimmungen der Verwaltung Ein-
fluss auf die Qualität der Grabsteine zu gewinnen, ist ja von
der Leitung des Münchener Waldfriedhofes bereits gemacht worden.
Doch ist man in diesem Fall noch viel zu sehr von Ideen der
Naturromantik ausgegangen. Das Parkprinzip führt aber nur
immer weiter ins Besondere hinein. Worauf es ankommt, ist
gerade architektonische Gesamthaltung. Man könnte sich z. B.
auf einem modernen Zentralfriedhofe sehr wohl architektonisch
ausgebaute Riesengrabstätten vorstellen, die jeweils für ver-
schiedene Klassen von Gräbern bestimmt sind, worin dem per-
sönlichen Pietätsbedürfnis Spielraum gelassen wäre, während
das einzelne Grab doch nur ein winziger Teil eines geordneten
grossen Ganzen wäre. Freistehende Einzelgräber wären nur
dort zu gestatten, wo Mittel und Wille zu einer kunstmässigen
Ausgestaltung vorhanden sind. Man vermag sich terrassenartige,
podium- oder hofartige, von grosszügigen Skulpturen architek-
tonisch geschmückte Anlagen zu denken, mit Gruppen und
Komplexen von ganz uniform gestalteten Grabplatten, Hügeln
und Stelen, wo trotzdem jedem Leidtragenden Gelegenheit
geschaffen wäre, Blumen, Kränze oder sonstige Erinnerungs-
zeichen anzubringen. Man sieht den Grundriss eines der-
gestalt in Architekturgruppen gross und einfach aufgeteilten
Friedhofes fast vor Augen und fühlt in der Phantasie schon
Zollgebäude in München, Beamtenwohngebäude A,
Bildhauer: Wilhelm Riedisser, Florenz,