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DER BAUMEISTER ° 1911, NOVEMBER . BEILAGE.
In ähnlicher Weise
wurden „Entwick-
lung und Ziele
des Heimatschutzes
in Deutschland und
Oesterreich“ be-
sprochen. Schultze-
Naumburg schilderte
die Entwicklung des
Heimatschutzbundes in
Deutschland, vertei-
digte ihn gegen die
neuerlichen Angriffe
mancher Industriellen
und wies darauf hin,
dass gleichartige Be-
strebungen in den mei-
sten Kulturstaaten ver-
folgt werden. Gian-
noni-Wien und von
Szenetkowski-Graz
berichteten über den
Zusammenschluss pri-
vaterVerbände für Hei-
matschutz in Oester-
reich, die bis jetzt leider
noch der gesetzlichen
Unterlagen zur Verfol-
gung ihrer Ziele ent-
behren.
Ueber die Erhal-
tun g des Kernes al-
ter Städte sprach da-
rauf Gurlitt-Dresden.
Die Schwierigkeit liegt Arch. Hans Bernoulli, Berlin
darin, dass in allen
grösseren Städten das Zusammendrängen des Geschäfts-
verkehrs im Mittelpunkt der Stadt diesen seines alten reiz-
vollen Charakters schnell zu entkleiden droht. Als Vor-
beugungs- oder Heilmittel empfahl der Redner, den Verkehr,
insbesondere den schnellfahrenden Durchgangsverkehr nicht
durch den Stadtkern, sondern um ihn herum zu führen
und so die Altstädte als einen geschützten Mittelpunkt für
Handwerk und Kleinhandel zu erhalten.
Am zweiten Verhandlungstage berichtete zunächst Swo-
boda-Wien in rednerisch überaus wirkungsvoller Form
über kirchliche Denkmalschutzgesetzgebung. Durch
strenge, bis in das siebente Jahrhundert zurückgehende und
häufig wieder eingeschärfte Vorschriften hat die katholische
Kirche dafür Sorge getragen, dass die Instandhaltung der
kirchlichen Gebäude gesichert und die Verschleuderung oder
der Verkauf kirchlicher Kunstwerke verhütet wird. Der Grund
für diese kirchliche Denkmalpflege ist der von Berichterstatter
lebhaft betonte seelsorgerische Wert der dem Volke vertrauten
alten Kunstwerke. St r uc k mann-H iIdesheim stellte den
optimistischen Ausführungen des Redners gegenüber fest, dass
die vortrefflichen kirchlichen Vorschriften doch den Verlust
oder Verderb unzähliger Kunstwerke nicht hätten verhindern
können, da ihre Anwendung jederzeit von dem Masse des
Kunstverständnisses abhing, das die verantwortlichen Stellen
besitzen. Notwendig sei daher, dass die staatliche Gesetz-
gebung auch den Schutz der kirchlichen Denkmäler in ihren
Bereich ziehe.
Dehio-Strassburg behandelte sodann das Verhältnis
zwischen Denkmalpflege und Museen. Während erstere
an Ort und Stelle erhalten will, suchen letztere möglichst viel
an sich zu reissen ohne Rücksicht auf Bodenständigkeit.
Redner sprach sich lebhaft gegen diese bis zur Kulturfeind-
lichkeit gehende Raubpolitik der grossen Museen aus und
forderte statt dessen Stärkung der kleineren Landes- und Pro-
vinzialmuseen, dazu eine Nutzung der in den Museen auf-
Ausstellungsraum in Posen.
gespeicherten Schätze durch volkstümliche Führungen und
Lehrkurse.
In dem folgenden Vortrage über Heimatschutz und
Wohnungsfrage wies Fuchs-Tübingen darauf hin, dass
beide Gebiete vielfach gleiche Interessen vertreten im Wider-
stand gegen die unzweckmässige Durchführung von sozial nicht
unbedenklichen „Sanierungen“ alter Stadtteile, im Kampf gegen
die wirtschaftlich durchaus nicht vorteilhafte Mietskaserne und
die mit ihr verbundene Bodenspekulation sowie im Streben
nach freierer Gestaltung der Bauordnungen u. a.
Schliesslich sprach Schmidt-Dresden an Stelle des er-
[i&äiäiiM
Begründet 1858
gpiiunos-imd Wungsanldgpn
gamburg Vprttn Brrnipn KipI frankhirt a. Hl. Posen
Strassburg i.Ets.
Schinkel - Akademie
Berlin, Neanderstrasse 3.
Direktor: Könifll; Regierungs-Baumeister a. D. Arthur Werner, Inhaber:
Tageskurse 1 Ausbildung zu Abendkurse I
Architekten, Technikern, Ingenieuren.
DER BAUMEISTER ° 1911, NOVEMBER . BEILAGE.
In ähnlicher Weise
wurden „Entwick-
lung und Ziele
des Heimatschutzes
in Deutschland und
Oesterreich“ be-
sprochen. Schultze-
Naumburg schilderte
die Entwicklung des
Heimatschutzbundes in
Deutschland, vertei-
digte ihn gegen die
neuerlichen Angriffe
mancher Industriellen
und wies darauf hin,
dass gleichartige Be-
strebungen in den mei-
sten Kulturstaaten ver-
folgt werden. Gian-
noni-Wien und von
Szenetkowski-Graz
berichteten über den
Zusammenschluss pri-
vaterVerbände für Hei-
matschutz in Oester-
reich, die bis jetzt leider
noch der gesetzlichen
Unterlagen zur Verfol-
gung ihrer Ziele ent-
behren.
Ueber die Erhal-
tun g des Kernes al-
ter Städte sprach da-
rauf Gurlitt-Dresden.
Die Schwierigkeit liegt Arch. Hans Bernoulli, Berlin
darin, dass in allen
grösseren Städten das Zusammendrängen des Geschäfts-
verkehrs im Mittelpunkt der Stadt diesen seines alten reiz-
vollen Charakters schnell zu entkleiden droht. Als Vor-
beugungs- oder Heilmittel empfahl der Redner, den Verkehr,
insbesondere den schnellfahrenden Durchgangsverkehr nicht
durch den Stadtkern, sondern um ihn herum zu führen
und so die Altstädte als einen geschützten Mittelpunkt für
Handwerk und Kleinhandel zu erhalten.
Am zweiten Verhandlungstage berichtete zunächst Swo-
boda-Wien in rednerisch überaus wirkungsvoller Form
über kirchliche Denkmalschutzgesetzgebung. Durch
strenge, bis in das siebente Jahrhundert zurückgehende und
häufig wieder eingeschärfte Vorschriften hat die katholische
Kirche dafür Sorge getragen, dass die Instandhaltung der
kirchlichen Gebäude gesichert und die Verschleuderung oder
der Verkauf kirchlicher Kunstwerke verhütet wird. Der Grund
für diese kirchliche Denkmalpflege ist der von Berichterstatter
lebhaft betonte seelsorgerische Wert der dem Volke vertrauten
alten Kunstwerke. St r uc k mann-H iIdesheim stellte den
optimistischen Ausführungen des Redners gegenüber fest, dass
die vortrefflichen kirchlichen Vorschriften doch den Verlust
oder Verderb unzähliger Kunstwerke nicht hätten verhindern
können, da ihre Anwendung jederzeit von dem Masse des
Kunstverständnisses abhing, das die verantwortlichen Stellen
besitzen. Notwendig sei daher, dass die staatliche Gesetz-
gebung auch den Schutz der kirchlichen Denkmäler in ihren
Bereich ziehe.
Dehio-Strassburg behandelte sodann das Verhältnis
zwischen Denkmalpflege und Museen. Während erstere
an Ort und Stelle erhalten will, suchen letztere möglichst viel
an sich zu reissen ohne Rücksicht auf Bodenständigkeit.
Redner sprach sich lebhaft gegen diese bis zur Kulturfeind-
lichkeit gehende Raubpolitik der grossen Museen aus und
forderte statt dessen Stärkung der kleineren Landes- und Pro-
vinzialmuseen, dazu eine Nutzung der in den Museen auf-
Ausstellungsraum in Posen.
gespeicherten Schätze durch volkstümliche Führungen und
Lehrkurse.
In dem folgenden Vortrage über Heimatschutz und
Wohnungsfrage wies Fuchs-Tübingen darauf hin, dass
beide Gebiete vielfach gleiche Interessen vertreten im Wider-
stand gegen die unzweckmässige Durchführung von sozial nicht
unbedenklichen „Sanierungen“ alter Stadtteile, im Kampf gegen
die wirtschaftlich durchaus nicht vorteilhafte Mietskaserne und
die mit ihr verbundene Bodenspekulation sowie im Streben
nach freierer Gestaltung der Bauordnungen u. a.
Schliesslich sprach Schmidt-Dresden an Stelle des er-
[i&äiäiiM
Begründet 1858
gpiiunos-imd Wungsanldgpn
gamburg Vprttn Brrnipn KipI frankhirt a. Hl. Posen
Strassburg i.Ets.
Schinkel - Akademie
Berlin, Neanderstrasse 3.
Direktor: Könifll; Regierungs-Baumeister a. D. Arthur Werner, Inhaber:
Tageskurse 1 Ausbildung zu Abendkurse I
Architekten, Technikern, Ingenieuren.