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Baumeister: das Architektur-Magazin — 10.1912

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Heft 8
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Scheffler, Karl: Grabmale, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.55686#0095

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DER BAUMEISTER . 1912, MAI.

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Arch. liansjBernoulli, Berlin-Basel.


tonischen Plänen ange-
legt oder Sarkophage
und Grabstelen kunst-
mässig gebildet wurden,
hat sich die Grabmals-
kunst nie von der Sakral-
baukunst getrennt. Erst
im neunzehnten Jahr-
hundert hat sie es getan
— um sofort auch hilflos
zu entarten. DieTempel-
kunst hat ebenso immer
über die Gräberkunst
geherrscht, wie derkirch-
liche Ritus von je die
Gebräuche der Bestat-
tungsweise regelte. Nicht
nur in dem Sinne, dass
die Sakralarchitektur
ihre Schmuckmotive her-
lieh, denn auch in den
Gegenständen des pro-
fanen Gebrauches findet
man ja die Formen der
grossen Baukunst zu
allen Zeiten wieder; die
Grabmalskunst wurde
vielmehr gar nicht aus
der Nähe der Kirchen-
kunst entlassen. Ueber
den Heldengräbern er-
richtete das Altertum
Tempelbauten, das Mit-


Arch. Hans Bernoulli, Berlin-Basel.

telalter wölbte über den
Gebeinen der Heiligen die
Kapellen und Dome; das
Grab war jahrhunderte-
lang auch bei uns in der
Kirche selbst, es war dem
Boden des Gebäudes oder
der Wand eingefügt; oder
es war auch als Sarkophag
frei im architektonisch ge-
schlossenen Raum auf-
gestellt. Die verzierten
Grabplatten, die Epita-
phien, Grabmalnischen,
Tischgräber und Sarko-
phage waren Teile der
Gesamtarchitektur. Und
als das Bedürfnis das Grab
dann aus dem Kirchen-
raum hinausdrängte,
wurde es als Mauergrab
entweder ein Teil der
Aussenarchitektur oder es
blieb doch auf dem Kirch-
hof in so unmittelbarer
Nähe der beherrschenden
Monumental - Architektur,
dass es noch wie ein Teil
davon erschien. Um die
Einheit von Tempelarchi-
tektur und Grabmalskunst
nachzuweisen, braucht
man nur auf Pompeji und
Ravenna zu deuten, auf
die Grabkirche St. Denis
und auf die Westminster-
abtei, auf die Mediceer-
Gräber und das Sebaldus-
Grab; braucht man nur
eine alte Kirche in Stadt
oder Dorf zu betreten oder
auf einem alten Kirchhof
umherzuwandeln. Nach
der Erklärung hat man
dann nicht eben weit zu
suchen. Die Anschau-
ungen vom Tode hängen
ja eng immer mit den
Religionsideen zusammen.
Es lag stets nahe, auch
den Gestorbenen innerhalb
des von der Kirche re-
präsentierten Weltgefühles
I Arch. Hans Bernoulli, Berlin-Basel.
 
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