Scipio Africanus. 35
Viscontis sollte man meinen, dass darüber kein Zweifel bestehen
könne. Ist es ihm doch gelungen, ein Beweismaterial herbeizuschaffen,
wie es quantitativ keinem voraugusteischen Bildnis auch nur entfernt
zu Gebote steht, nämlich ausser dem bereits vorher bekannten durch
den Fundort beglaubigten Basaltkopf nicht weniger als 3 Monumente,
von denen unter Umständen schon jedes einzelne hinreichend sein
körinte, um danach ein Bildnis zu bestimmen, eine Münze mit dem
Kopf des Scipio, ein Wandgemälde, auf dem er zusammen mit Andern
in ganzer Figur dargestellt ist, und vor Allem eine mit Namensauf-
schrift versehene Büste. Indessen es kommt natürlich viel weniger
auf die Quantität als auf die Qualität der Beweismittel an, und die
Stärke der letzteren ist meiner Ansicht nach entschieden überschätzt
worden. Ich habe schon früher einmal Gelegenheit genommen l, das
allzugrosse Vertrauen, das man den viscontischen Ausführungen ent-
gegenbringt, herabzustimmen, und sehe nicht, dass ich in meinen
Zweifeln viel zu weit gegangen bin. Es ist ein Unterschied, ob wir
es mit sichern oder mit bloss wahrscheinlichen Bildnissen zu thun
haben. Die letzteren können durch irgend eine neue Entdeckung
immer wieder cassiert werden. Und da ich glaube, dass wir bei
Scipio noch nicht über die Möglichkeit einer künftigen Cassierung
hinausgekommen sind, so erlaube ich mir hier mit einigen Zusätzen
und Modificationen zu wiederholen, was ich schon anderwärts über
diesen Punkt gesagt habe. Aus einer Kritik der viscontischen Be-
weisführung wird sich am besten ergeben, was für ein Grad von Be-
glaubigung für die Scipiobilder zurückbleibt.
Die Grundlage und den Ausgangspunkt der ganzen Frage bilden,
wie schon angedeutet, zwei Büsten, von denen sich die eine im capi-
tolinischen Museum, die andere im Besitz des Principe Rospigliosi
zu Rom befindet. Und ihnen schliesst sich eine ansehnliche Reihe
von Wiederholungen an, welche ohne äussere Beglaubigung, bloss
wegen Identität, resp. Aehnlichkeit des Typus den Namen des älteren
Scipio tragen. Es wird gut sein, bevor wir die Authenticität der
ersteren untersuchen, uns durch eine Uebersicht sämmtlicher Exem-
plare von dem ungemein häufigen Vorkommen dieses Bildnisses zu
überzeugen.
1 Ueber die Bildnisse des älteren Scipio. Einladungsschrift z. Promotionsfeier
des Paedagoginms zu Basel. 1873.
Viscontis sollte man meinen, dass darüber kein Zweifel bestehen
könne. Ist es ihm doch gelungen, ein Beweismaterial herbeizuschaffen,
wie es quantitativ keinem voraugusteischen Bildnis auch nur entfernt
zu Gebote steht, nämlich ausser dem bereits vorher bekannten durch
den Fundort beglaubigten Basaltkopf nicht weniger als 3 Monumente,
von denen unter Umständen schon jedes einzelne hinreichend sein
körinte, um danach ein Bildnis zu bestimmen, eine Münze mit dem
Kopf des Scipio, ein Wandgemälde, auf dem er zusammen mit Andern
in ganzer Figur dargestellt ist, und vor Allem eine mit Namensauf-
schrift versehene Büste. Indessen es kommt natürlich viel weniger
auf die Quantität als auf die Qualität der Beweismittel an, und die
Stärke der letzteren ist meiner Ansicht nach entschieden überschätzt
worden. Ich habe schon früher einmal Gelegenheit genommen l, das
allzugrosse Vertrauen, das man den viscontischen Ausführungen ent-
gegenbringt, herabzustimmen, und sehe nicht, dass ich in meinen
Zweifeln viel zu weit gegangen bin. Es ist ein Unterschied, ob wir
es mit sichern oder mit bloss wahrscheinlichen Bildnissen zu thun
haben. Die letzteren können durch irgend eine neue Entdeckung
immer wieder cassiert werden. Und da ich glaube, dass wir bei
Scipio noch nicht über die Möglichkeit einer künftigen Cassierung
hinausgekommen sind, so erlaube ich mir hier mit einigen Zusätzen
und Modificationen zu wiederholen, was ich schon anderwärts über
diesen Punkt gesagt habe. Aus einer Kritik der viscontischen Be-
weisführung wird sich am besten ergeben, was für ein Grad von Be-
glaubigung für die Scipiobilder zurückbleibt.
Die Grundlage und den Ausgangspunkt der ganzen Frage bilden,
wie schon angedeutet, zwei Büsten, von denen sich die eine im capi-
tolinischen Museum, die andere im Besitz des Principe Rospigliosi
zu Rom befindet. Und ihnen schliesst sich eine ansehnliche Reihe
von Wiederholungen an, welche ohne äussere Beglaubigung, bloss
wegen Identität, resp. Aehnlichkeit des Typus den Namen des älteren
Scipio tragen. Es wird gut sein, bevor wir die Authenticität der
ersteren untersuchen, uns durch eine Uebersicht sämmtlicher Exem-
plare von dem ungemein häufigen Vorkommen dieses Bildnisses zu
überzeugen.
1 Ueber die Bildnisse des älteren Scipio. Einladungsschrift z. Promotionsfeier
des Paedagoginms zu Basel. 1873.