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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 2): Die Bildnisse berühmter Griechen vom IV. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1045#0024

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CHABRIAS. TIMOTHEOS 13

die Wahl eines bartlosen Kopfes vielleicht nicht bloss auf diesem
negativen Grunde, sondern noch mehr auf dem vorbildlichen Ein-
flussder 1592 gefundenen Statuen des Menander und Posidipp be-
ruhte. Denn damals ungefähr wird die Ergänzung des Aristoteles
Spada stattgefunden haben. Bei Aldroandi (1562) ist die Statue noch
kopflos1, bei Cassiano del Pozzo (f 1667) ist sie ergänzt.2 Was aber
auch abgesehen von der mutmasslichen Bartlosigkeit des Kopfes
nicht ganz mit Aristippos stimmt, sind die realistisch gebildeten
mageren Formen von Brust und Hals, die eher auf eine spätere Ent-
stehungszeit und auf eine in dürftigerer Sphäre lebende Persönlich-
keit hinweisen. Eine sichere und befriedigende Lösung ist also mit
dieser Deutung, wenn sie auch unter den bisherigen die wahrschein-
lichste, noch nicht gefunden.

Chabrias. Timotheos

Keine Porträts, nur Überreste oder Spuren von solchen, haben sich noch
von zwei berühmten attischen Feldherrn der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts,
Chabrias und Timotheos, erhalten.

Von Chabrias, dem Sohn des Ktesippos (f 357), eine kopflose Inschrift-
herme in Rom, erwähnt bei Visconti Pio Clem. I. p. 51. Anm.3

Bekanntlich wird von ihm berichtet, dass er im Kampf gegen Agesilaos,
nachdem seine Mietstruppen bereits geschlagen, seinen übrigen Soldaten befohlen
habe, knieend mit aufgestelltem Schild und vorgehaltener Lanze den Angriff der
Feinde zu erwarten, was ihm zum Siege verholten. Diese Schlachtordnung sei
dann so berühmt geworden, dass ihm die Athener eine Statue in jener Stellung auf
dem Markte errichtet hätten.4 Mit Bezug hierauf hat man einen öfter vorkommen-
den Gemmentypus (Cades 33. 158, 162), welcher einen nackten behelmten
Krieger in Kniestellung den Schild umfassend zeigt, auf Chabrias gedeutet. Doch
scheint es keineswegs die von den Schriftstellern überlieferte Stellung zu sein, son-
dern eher die eines Sinkenden, wie sie sich auch noch in verwandten Motiven
(Cades ib. 159—161) auf Gemmen findet. Daher nach Andern Chabrias, der bei der
Belagerung von E'ion tödlich verwundet seinen grossen Schild umarmt. Aber warum
überhaupt Chabrias?

1 Aristide assiso senza testa. Aldr. Stat. di Roma p. 256.

2 Un filosofo a sedere coperto del solo palllo, del resto nudo e raso il viso. Vgl.
den Abschnitt Aristoteles.

s Vgl. C. I. G. 6123.

4 Nepos Chabr. I: Reliquum phalangem loco vetult cedere, obnlxoque genu scuto,
projecta(- que) hasta impetum excipere hostium docuit .... Hoc usque eo Iota
Graecia fatna celebratum est, ut Mo statu Chabrias slbi statuam fieri voluerit,
quae publice ei ab Atheniensibus inforo constituta est. — Vgl. Diodor XV. 33, der
sogar von mehreren derartigen Statuen spricht.
 
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