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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 2): Die Bildnisse berühmter Griechen vom IV. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1045#0052

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STATUE DES MAUSSOLOS 41

Maussolos

[Taf.VII]

Zu den Funden des Maussoleums von Halikarnass gehören
bekanntlich zwei colossale Statuen, eine männliche und eine weib-
liche, die man gewohnt ist, oder früher gewohnt war, auf das
Herrscherpaar zu beziehen, dem der Bau geweiht ist, auf Maussolos,
den persischen Unterkönig von Karien und seine Gemahlin Artemisia.
Maussolos starb c. 353; Artemisia errichtete ihm das Grabmal, das
später zu den Weltwundern gerechnet wurde, starb aber ebenfalls
noch vor der Vollendung (351), worauf die Künstler dasselbe von
sich aus zu Ende führten.*

Die Statuen, obwohl ganz zertrümmert aufgefunden, Hessen
sich aus den Fragmenten so weit wieder herstellen, dass, abgesehen
von dem Gesicht der weiblichen Figur, von wesentlichen Körper-
teilen bei beiden nur die Vorderarme fehlen.

Die männliche (abgeb. Brunn-Bruckmann Denkm. 241, der
Kopf bei uns Taf. VII)2, der man etwa 35 bis 40 Jahre geben mag,
zeigt edle, wenn auch breite Gesichtsformen und sogar ein dem
griechischen nahe kommendes Profil mit leicht vorgewölbter Unter-
stirn und kurzer Nasenlippe. Unhellenisch ist nur die eigentümliche
Haartracht in Verbindung mit dem kurz geschorenen Bart. Das
lange Haar ist über den Kopf zurückgestrichen und fällt in reicher
Fülle, die Ohren vollständig bedeckend, auf Nacken und Schultern
herab, hinten schlicht, ums Gesicht in malerische Strähne gegliedert.
Der Ausdruck ist milde und wohlwollend, doch nicht ohne Hoheit,
der ganze Kopf einigermassen an den Christustypus erinnernd. Der
Körper ist gedrungen und untersetzt, mit Chiton, Mantel und Leder-
schuhen bekleidet; der Mantel mit bauschigem Umschlag um den
Leib geworfen, und vom linken Ellenbogen gehalten: seiner Anlage
nach ein nicht gerade mustergiltiges aber originelles, nur hier vor-
kommendes Schema, trotz dem Realismus der Liegefalten von gross-

1 Plin. 36. 30; die Zeitangaben nach Clinton Fast. hell. II. 286.

2 Die ganze Figur ferner bei Newton Trav. and. discov. II. pl. 8 und 9; Baumeister II.
p- 896; Sybel Weltgesch. d. Kunst, p. 252; Overbeck Gesch. d. Plast. II4. p. 101;
Collignon Hist. de la sculpt. gr. II. 339, Der Kopf bei Newton A hist. of discov. at
Hai. Text I. pl. 1 und Trav. and discov. II. pl. 6; im Profil Rom. Mitth. XIV. 1899.
p. 83 (Six).
 
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