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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 2): Die Bildnisse berühmter Griechen vom IV. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1045#0063

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52 DIOGENES. PHRYNE

Binde zusammengehalten wird; der Mund geöffnet, die Ohren durch
die Haare verdeckt. Nach Wieseler Priapus.

Auf den Reliefs ist Diogenes durch das Fass, aus dem er mit
halbem Leibe hervorragt, charakterisiert und eben daran sicher kennt-
lich (s. oben). Andere Darstellungen kommen meines Wissens nicht
von ihm vor oder wenigstens nur ganz zweifelhafte. So die Figur
auf der Schmalseite eines Neapler Sarkophags, Oerh. No.502 (abgeb.
Arndt-Amelung Einzelaufn. 530), welche vor einer ausgespannten
Draperie sitzt: Ein Greis mit kahler Stirn und in Flammenspitzen aus-
gehendem Bart, der Oberleib nackt, die Rechte docierend halb er-
hoben, in der Linken ein Knotenstock; zu seinen Füssen ein Scri-
nium und ein undeutlich gebildetes Tier (Schaf oder Hund, aber eher
das erstere). Für Diogenes könnten der Stock und eventuell der Hund
geltend gemacht werden. Der Typus aber ist von dem der albanischen
Statuette total verschieden. Wenn Hauser (Einzelaufn. a. a. O.) die
Züge des Diogenes darin zu erkennen glaubt, so hat er wohl die will-
kürlich sogenannte Büste des Capitols (oben p. 50) im Sinne, an wel-
cher namentlich der Bart ähnlich gebildet ist. Aber das ist kein gil-
tiges Kriterium. Und wie passen die Bücherrollen zu dem Verächter
der zünftigen Wissenschaft, und das Parapetasma, der faltenreiche
Mantel, die mächtigen vollen Körperformen zu dem kümmerlich sich
nährenden Strassenphilosophen? Ich kann nicht glauben, dass Dio-
genes so unglücklich charakterisiert worden wäre.1

Phryne

Die Lebenszeit der berühmten Hetäre von Thespiae, der Ge-
liebten des Praxiteles und des Hyperides, deren Schönheit den
Apelles zu der Schöpfung der Anadyomene begeistert haben soll, fällt
ins zweite und dritte Viertel des 4. Jahrh. Sie muss noch 335 gelebt
haben, da sie sich anerbot, die Mauern Thebens wieder aufzubauen.

1 C. Robert im Hermes 35. (1900) p. 650 setzt voraus, es sei die Schmalseite eines
Musensarkophags und deutet die Figur auf Hesiod. Felssitz, Schaf und Stab,
meint er, erinnern an das Proömium der Theogonie, wo die Musen auf dem Helikon
den Dichter finden und ihm einen Ölzweig als Szepter verleihen. Danach sei auch
die capitolinische Büste zu benennen. Die Vertauschung einer Unwahrscheinlich-
keit gegen eine andere.
 
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