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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 2): Die Bildnisse berühmter Griechen vom IV. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1045#0133

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122 DER MATHEMATIKER EUKLID. EPIKUR

rolle, und macht mit den Fingern der zum Kinn erhobenen Rechten
eine Geberde, welche man als die des digitis computare fassen kann.

Dass unter einer solchen Figur ein Fingerrechner, dem Bart
nach ein Grieche, und weil es die Illustration einer Handschrift der
römischen Feldmesser, ein berühmter Geometer verstanden sei, am
ehesten der berühmteste von allen, Euklid, ist nicht ganz unwahr-
scheinlich. Auch die bekannte Stelle des Sidonius Apollinaris (Epist.
IX. 9), wo die Darstellungsformen einer Anzahl von Philosophenbild-
nissen aufgeführt werden, darunter Euklid mit digitis propter tnen-
surarum spatia laxatis (gespreizten Fingern zur Bezeichnung der
Abstände der Linienmaasse?), kann einigermassen zur Unterstützung
der Vermutung dienen, obwohl sich der lateinische Ausdruck viel-
leicht nicht ganz mit dem gestus deckt oder dieser auch anders ge-
deutet werden kann. *

Ikonographisch wird man ihr keinen Wert beimessen und daher
keine Ähnlichkeitsschlüsse darauf gründen dürfen. Es wäre auch
schwer, ein zutreffendes Beispiel in der Rundplastik namhaft zu
machen; dem allgemeinen Charakter nach etwa den Kopf bei Cava-
ceppi Racc. III. 23.

Epikur

[Taf. XVI. XVII]

Epikur (342—270), der Gründer der nach ihm genannten Philo-
sophenschule und neben Chrysipp einer der fruchtbarsten Schrift-
steller des Altertums, war von attischen Eltern in Samos geboren,
wo er seine erste Jugend verlebte. Nach verschiedenen Ortsverände-
rungen siedelte er sich 306 in Athen an und verbrachte daselbst die
zweite Hälfte seines Lebens, lehrend und schreibend oder in heiterer
Zurückgezogenheit, bis er 72jährig starb, zuletzt allerdings von man-
nigfachen körperlichen Leiden geplagt. — Er war eitel und selbst-
gefällig, aber liebenswürdig im Umgang. Sein Wahlspruch war
\ä$z ßiwcas, der Kern seiner Philosophie tö t£Xo? -^ ifiov^, welchen

1 Der letztere oder ein ähnlicher nahe verwandter kommt auf Miniaturen häufig
vor, wo sicher nicht an das Fingerrechnen zu denken ist. Vgl. z. B. die Figuren des
Apollonios, des Rufos u. And. in der Dioskurideshandschrift (abgeb. bei uns Taf.
XXXIII).
 
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