84 LEODAMAS
ein moderner Fälscher unwissentlich und aus purem Zufall auf den
richtigen Typus verfallen sei. Michaelis entscheidet sich für Letz-
teres und kann für seine Meinung anführen, dass bei aller Ähn-
lichkeit mit dem Demosthenestypus wenigstens keine greifbare
Abhängigkeit vorhanden ist. Immerhin fragt es sich, ob die Ver-
dachtsgründe absolut zwingend und ob nicht analoge Verzeich-
nungen und Fehler doch wohl auch auf sicher antiken Denkmälern
vorkommen.1
Leodamas
Im 16. Jahrhundert befand sich beim Herzog von Aqua Sparta
in Villa Cesi zu Rom eine Doppelherme, von welcher der eine
Kopf die verstümmelte Aufschrift ... AAMAZ trug (abgeb. Statius XV;
Ursinus Imag. p. 76; Gallaeus-Faber 84: jedesmal ziemlich ver-
schieden). Da der vor dem Namen abgesplitterte Teil den Wegfall
von drei Buchstaben vermuten Hess, so schloss Ursinus, dass am
ehesten der Name Leodamas ergänzt werden müsse, unter welchem
dann nur der zur Zeit des Demosthenes und Aeschines lebende
attische Staatsredner, der sich u. A. an dem Prozess des Leptines
und an den Intriguen gegen Chabrias beteiligte, gemeint sein könne.
In der Abbildung bei Gallaeus-Faber sind freilich die Buchstaben
der Aufschrift so gesetzt, als ob sie den ganzen Namen ausmachten
oder höchstens noch ein Buchstabe vorgesetzt werden könnte, was bei
den späteren Erklärern (Gronov etc.) zu allerlei thörichten Conjektureh
Anlass gegeben hat. Aber es ist dies offenbar nur eine Ungenauig-
keit des Zeichners; denn im Text wird die gleiche Lücke wie bei
Ursinus vorausgesetzt. Faber glaubt sogar, die Deutung Leodamas
noch weiter begründen zu können durch Herbeiziehung eines ge-
schnittenen Steines (grüner Jaspis), auf welchem dasselbe Bildnis,
1 Für unverstandene Körper- und Gewandbehandlung könnte etwa der rechte Arm
des Mädchens in Woburn Abbey (Michaelis Anc. Marb. p. 731.No. 100, mit Abb.)
oder der Mantelzipfel des trunkenen Silen auf dem vaticanischen Relief (Pio
Clem. IV. 28) angeführt werden; für orthographische Fehler Hermenaufschriften wie
AlOreNOC (Kaibel 1148), nPHNEYZ (Kaibel 1145), HPOAOTOC (Kaibel 1162),
AnOAAOAOPOC (Büste in der Olypt.), um von APIZTIAHI (Stat. im Vaf.) u. And.
zu schweigen.
ein moderner Fälscher unwissentlich und aus purem Zufall auf den
richtigen Typus verfallen sei. Michaelis entscheidet sich für Letz-
teres und kann für seine Meinung anführen, dass bei aller Ähn-
lichkeit mit dem Demosthenestypus wenigstens keine greifbare
Abhängigkeit vorhanden ist. Immerhin fragt es sich, ob die Ver-
dachtsgründe absolut zwingend und ob nicht analoge Verzeich-
nungen und Fehler doch wohl auch auf sicher antiken Denkmälern
vorkommen.1
Leodamas
Im 16. Jahrhundert befand sich beim Herzog von Aqua Sparta
in Villa Cesi zu Rom eine Doppelherme, von welcher der eine
Kopf die verstümmelte Aufschrift ... AAMAZ trug (abgeb. Statius XV;
Ursinus Imag. p. 76; Gallaeus-Faber 84: jedesmal ziemlich ver-
schieden). Da der vor dem Namen abgesplitterte Teil den Wegfall
von drei Buchstaben vermuten Hess, so schloss Ursinus, dass am
ehesten der Name Leodamas ergänzt werden müsse, unter welchem
dann nur der zur Zeit des Demosthenes und Aeschines lebende
attische Staatsredner, der sich u. A. an dem Prozess des Leptines
und an den Intriguen gegen Chabrias beteiligte, gemeint sein könne.
In der Abbildung bei Gallaeus-Faber sind freilich die Buchstaben
der Aufschrift so gesetzt, als ob sie den ganzen Namen ausmachten
oder höchstens noch ein Buchstabe vorgesetzt werden könnte, was bei
den späteren Erklärern (Gronov etc.) zu allerlei thörichten Conjektureh
Anlass gegeben hat. Aber es ist dies offenbar nur eine Ungenauig-
keit des Zeichners; denn im Text wird die gleiche Lücke wie bei
Ursinus vorausgesetzt. Faber glaubt sogar, die Deutung Leodamas
noch weiter begründen zu können durch Herbeiziehung eines ge-
schnittenen Steines (grüner Jaspis), auf welchem dasselbe Bildnis,
1 Für unverstandene Körper- und Gewandbehandlung könnte etwa der rechte Arm
des Mädchens in Woburn Abbey (Michaelis Anc. Marb. p. 731.No. 100, mit Abb.)
oder der Mantelzipfel des trunkenen Silen auf dem vaticanischen Relief (Pio
Clem. IV. 28) angeführt werden; für orthographische Fehler Hermenaufschriften wie
AlOreNOC (Kaibel 1148), nPHNEYZ (Kaibel 1145), HPOAOTOC (Kaibel 1162),
AnOAAOAOPOC (Büste in der Olypt.), um von APIZTIAHI (Stat. im Vaf.) u. And.
zu schweigen.