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Holtmeyer, Aloys [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0385
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Windhausen. ssssssssssssssssssssssssss

Hof Windhausen.

Aus der Geschichte des Gutes Windhausen, das offenbar die Stelle der alten Siedelung einnimmt,
ist so gut wie nichts bekannt. 1342 öffneten die Herren von Windhausen, die in den Streitigkeiten des
Landgrafen mit seinen vom Erzbischof von Mainz unterstützten Brüdern gegen den Landgrafen standen, dem
Gegner ihre Schlösser Verstenberg, Blankenau, Beberungen und Thönenberg. Vermutlich verloren sie deshalb
Windhausen. Wenigstens wurde diese Besitzung 1368 von Landgraf Heinrich dem Herzoge Otto dem Quaden
von Braunschweig verpfändet.1

Die Besitzung in der vorliegenden Form rührt im wesentlichen von dem hessischen Staatsminister
und Generalleutnant Martin Ernst von Schlieffen her1 2, der sich an dem angeblich völlig wüsten Platze anbaute.

Ernste Geistesarbeit fesselte den aus Pommern stammenden Edelmann, der als Politiker und Schriftsteller
bekannt ist, an den stillen Landsitz. Nur selten noch besuchte der philosophisch veranlagte Mann, der die
Welt gesehen hatte3, der Homer, Vergil und Tasso über alles schätzte und als Sonderaufgabe schließlich die
Reinigung der deutschen Sprache von Fremdwörtern sich gesetzt hatte4, seine in der nahen Hauptstadt ge-
legene Besitzung. Mit seinen übrigen Gütern vereinigte er auch Windhausen zu einer Majoratsstiftung, um
bei seinem Tode 1825 in Ermangelung näherer Verwandte das Erbe einer Seitenlinie seines Geschlechtes
abzutreten, für welche er kurz zuvor noch den Grafentitel ausgewirkt hatte. Durch Reskript beider regierenden
hessischen Fürsten vom Jahre 1781 waren bereits die von Schlieffen als „diejenigen Besitzer des Guths
Windhausen, welche in Hessen wohnen, und wegen ihrer Stifts- und Rittermäßigen Herkunft sich erst gebührend
legitimiert hatten“, in die hessische Ritterschaft aufgenommen.5 Noch heute befindet sich das Rittergut im
Besitze der gräflichen Familie.

Gutsgebäude.

Die zum Gut gehörenden, zum Teil aus jüngster Zeit stammenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude
umschließen, ohne miteinander in Verbindung zu stehen, einen rechteckigen Hof. Das Herrschaftsgebäude,
dem das Pächterhaus, ein anspruchsloser zweigeschossiger Fachwerkbau gegenüberliegt, stammt aus dem
Jahre 1769. Im Grundriß rechteckig, im Aufriß zweigeschossig macht der mit Satteldach abgeschlossene
und mit Flachgiebeln versehene Putzbau, dessen Längsfront sieben Achsen flachbogiger Fenster zeigt, einen Tafel 208,1
stattlichen Eindruck, ohne Aufwand zu zeigen.

Nebenanlagen.

Einigen Ruhm in der Umgegend genießen die mit dem Gute verbundenen, mit dem Herrschaftshause
zumeist gleichaltrigen oder wenig jüngeren Nebenanlagen, als deren Schöpfer der obengenannte Minister von
Schlieffen anzusehen ist. ln Nachahmung eben fertiggestellter, in nächster Nachbarschaft gelegener, größerer
Vorbilder entstanden, bedeuten die mit Liebe erdachten und mit Geschick in dem ausgedehnten Park verteilten
Anlagen eine kleine Wilhelmshöhe. Als Kunstwerke belanglos liefern die auf Stimmung berechneten, der Um-
gebung angepaßten Denkmäler einen kulturgeschichtlich nicht uninteressanten Beitrag dafür, welche Blüten
die an den Fürstenhöfen des ausgehenden 18. Jahrhunderts beliebte Naturschwärmerei im Bereiche eines
Landsitzes kleineren Stiles treiben konnte.

1 Rommel, Gesch. v. Hessen Ii, S. 175, Anmerk. S. 121 u. 128. Schmincke, Mon. Hass. II, S. 489.

2 Landau, Kurf. Hessen, S. 168.

3 Einige Betreffnisse und Erlebungen Martin Ernsts von Schlieffen. Berlin 1840. N., Martin Ernst von Schlieffen,
Lebensbild aus dem 18. Jahrhundert, in Hessische Morgenzeitung 1888, Nr. 300f.

4 Scherer, Martin Ernst von Schlieffen, sein Leben und sein Verhältniß zur Sprachreinigung, in Hessen-
land V, S.222f.

s Ledderhose, Kl. Schriften I, S. 42.

365 3'3'3'S33'3'3'333'3'333'S33333'33'3'S333'S
 
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