Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Holtmeyer, Aloys [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0389
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
©'©©'©©'©'©©'©©©©©'©'©©©'©©'©©©'©'©'©'©> Windhausen. 'Q's'sv'sj's>'ss's>'3's'sy3'sm'5s's'ö}'si'ss's3'si'ss'5j'3'3's«3

Eine Untersuchung der überkommenen Reste hat Schuchardt1 vorgenommen. Der Sensenstein
„erinnert in seinem Grundriß an römische Kastelle, indem er eine annähernd quadratische Schanze darstellt
mit sehr starkem Wall und außen vorliegendem Graben. Ungefähr in der Mitte der Ostseite ist der Eingang,
der in der Nordwestecke befindliche scheint erst später entstanden zu sein. Einem höheren Alter der Schanze
widerspricht indes die 3—5 m breite Krone des Walles ebenso wie der innere an der Südseite befindliche
10 m breite und 0,85 m tiefe Graben. Der letztere findet seine Analogie beim Sichelstein in der die Süd-
mauer begleitenden tiefen Einsenkung.

Bei den am 11. und 12. Juli 1893 vorgenommenen Ausgrabungen fand sich ungefähr in der Mitte
der Ostseite ein gemauerter Eingang von zunächst 4, weiter nach innen 5 m Breite und bis 14 m erhaltener
Länge; die innere Endigung ist weggebrochen. Zu beiden Seiten waren die Ansätze eines Tonnen-
gewölbes erhalten.2

In dem südlichen Innengraben fanden wir eine Menge Tonware, ganze Krüge und Scherben, ferner
Eisengerät, Dachziegelstücke und sehr viele Bruchstücke von Glasscheiben sowie Glasfläschchen, alles dem
14. Jahrhundert angehörig (Casseler Museum). Nicht der geringste Anhalt fand sich für die Annahme, daß die
Schanze schon vor der Zeit bestanden habe, in welche die historischen Nachrichten ihre Entstehung verlegen,
nämlich 1373, wo der Landgraf Hermann von Hessen sie errichtet haben soll gegen Otto den Quaden, der
jenseits der Grenze den Sichelstein befestigt hatte. Die Schanze, auf breiter Hochfläche gelegen, bietet einen
umfassenden Rundblick und hat vor allem auch den Sichelstein im Auge.

Das ,neue Schloß* bei Wippen, das Riecke (Urbewohner und Alterthümer Deutschlands, S. 53) einer
römischen Schanze am ähnlichsten findet, ist in seinem Grundriß und seinen Wallprofilen dem Sensenstein
durchaus verwandt. Bei ihm zieht im Innern nicht bloß an einer, sondern an drei Seiten ein tiefer Graben
neben dem Walle entlang. Wir werden die Anlage des .neuen Schlosses* demnach in dieselbe Zeit wie die
des Sensensteins versetzen dürfen.“

Schuchardts Ansicht über das Alter der Burg ist nicht unwidersprochen geblieben. „Eine frühere
Benutzung des Sensenstein (vordem 14. Jahrhundert)“, meint W. Lange3, „dürfte vielleicht nicht so ganz aus-
geschlossen sein, doch läßt sich eine solche wohl nur durch eine erneute planmäßige Untersuchung mit dem
Spaten, insbesondere durch eine Durchgrabung der merkwürdig schmalen und steilen Wälle erweisen. Seit
dem Jahre 1893 hat die Forschung, namentlich geleitet durch Prof. Dr. Schuchardt selbst, inbezug auf solche
älteren Befestigungen ganz neue Perspektiven eröffnet, indem sie im Innern des Wallkörpers einen Mauerkern
feststellte, der vielfach an der äußeren, der Grabenseite, herzieht und als senkrechte Wand das Ersteigen aus
dem Graben unmöglich machte. Es ist dies z. B. der Fall bei der von Prof. Sch. untersuchten Heisterburg
westlich von Hannover und vieler anderer Wehrbauten, die von dem genannten Forscher mit vollem Recht
zuerst der fränkischen Zeit zugewiesen sind. Im Laufe der Jahre sind diese Schanzen vielfach als Steinbrüche
in Gebrauch genommen; man hat den Mauerkern herausgebrochen und abgefahren, wie es z. B. bei der
von mir als fränkischer Königshof angesprochenen Schanze auf der Laar-Wand bei Zierenberg der Fall ist,
wo deutlich auf der Außenseite des Walles eine vertiefte Rinne, in Form einer Berme, sichtbar ist. Die
Spur einer solchen Berme schien mir auch bei dem Sensenstein und zwar an dessen NO.-Ecke vorhanden
zu sein und hier würde der Spaten anzusetzen haben.“4

Den jetzigen Zustand der Anlage geben die Abbildungen wieder.5 6 Tafei2os,

1 Vor- und frühgschichtliche Befestigungen in Niedersachsen IV, S. 32 und Blatt XXV C.

2 Auf einem Lageplan von 1869, Katasteramt I Cassel, erscheint an dieser Stelle ein Bauwerk von winkelartigem Grundriß.

3 Sensenstein, in Touristische Mitteilungen aus beiden Hessen 1906, S. 28.

4 Nach W. Lange, Hessen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, bei Hehler, Landeskunde, S. 289, darf der Sensen- Tafel 208,4

stein als die Curtisbefestigung der 1019 von Heinrich II. an Kaufungen geschenkten königlichen Villa Uschlag gelten.

6 Vgl. auch die Vorträge von Eisentraut und Mehlburger über Windhausen und Sensenstein im Ver. f. hess. Gesch.
am 21. Mai 1910.

©/©'©'©©©'©'©'©©©©©©©©©'©©©'©'©©©'©©©'©'© 369

Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. IV. Kr. Cassel-Land.

47
 
Annotationen