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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0025

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II. Polygnotos und seine Zeitgenossen.

15

Darstellung- selbst bemerkt Pausamas, dass der Kampf noch nicht vollkommen
entbrannt war, sondern erst begann und man eben zum Handgemenge kam.

Ueber das Gemälde der Amazonenschlacht wissen wir aus Pausanias nur,
dass Theseus unter den Athenern war, so wie aus Aristophanes (Lys. 678), dass
die Amazonen zu Ross kämpften.

In dem Bilde der Einnahme Ilions war bei dem Rathe der Könige über
den Frevel des Aias auch dieser selbst gegenwärtig und unter andern Kriegs-
gefangenen auch Kassandra. Dass Laodike unter dem Bilde der Elpinike, der
Schwester Kimon's, dargestellt war, ist schon früher erwähnt worden. Wie sich
dieses Bild zu dem verwandten delphischen im Einzelnen verhalte, sind wir
leider ausser Stande anzugeben. Was Pausanias anführt, scheint mir nicht, wie
man gemeint hat, auf eine durchaus verschiedene, sondern vielmehr durchaus 21
ähnliche Auffassung des Mittelpunktes der Handlung hinzudeuten: weshalb ich
freilich noch weit entfernt bin, das athenische Gemälde für eine blosse Copie
des delphischen erklären zu wollen.

Etwas ausführlicher sind die Nachrichten über die Darstellung der mar
rathonischen Schlacht. Böttiger1) wollte dieselbe in vier Hauptabteilungen
zerlegen; allein Pausanias unterscheidet offenbar nur drei Scenen: 1. Beginn
des Kampfes: Plataeer und Athener gerathen ins Handgemenge mit den Bar-
baren; und hier ist der Kampf noch unentschieden ; 2. Moment der Entscheidung
im Mittelpunkte (r<5 Öf Saoj rijq ficcY?;c;): die Barbaren Iiiehen und stossen ein-
ander in den Sumpf; 3. Folgen der Entscheidung als Schlussscene (soyarai 8h
Trjg yQarprjg): die Barbaren, im Begriffe, in die Schiffe der Phönicier sich zu
retten, werden von den Hellenen erschlagen. Die Gölter und Dämonen, welche
den Hellenen Hülfe brachten, in eine besondere Abtheilung zu versetzen, ist
durch nichts gerechtfertigt, vielmehr werden sie im Momente der Entscheidung
sichtbar geworden sein. Athene als Schutzgöttin des ganzen Landes, Theseus
als Stammheros, und zwar so dargestellt, als ob er aus der Erde aufsteige:
Marathon, als Heros Eponymos, und Herakles, als in Marathon vorzugsweise
und zuerst göttlich verehrt. Sie waren vom Künstler wahrscheinlich nicht als
eigentliche Kämpfer aufgefasst, sondern als Gestalten, welche durch ihre blosse
Erscheinung Schrecken und Entsetzen unter den Feinden verbreiteten. Dies
scheint daraus hervorzugehen, dass Pausanias einen andern Heros, den Echetlos
mit dem Pfluge ausdrücklich als unter den Kämpfenden sich hervorthuend be-
zeichnet.

Wie die nach Plinius (35, 57) portraitähnlich gebildeten Haupthelden in
dem Gemälde vertheilt waren, geht aus Pausanias nicht hervor. Möglich ist es
sogar, dass sich einzelne Figuren in den verschiedenen Abtheilungen wieder-
holten. So abgeschmackt nun die Erzählungen der Rhetoren sind, dass Mil-
tiades vom Volke die Ehre der Namensbeischrift nicht habe erlangen können,
da doch das Bild erst lange nach seinem Tode gemalt wurde, so ergiebt sich
doch aus ihnen, dass er in der ersten Abtheilung die vornehmste Stelle ein- 22
nehmen musste; und zwar, wie er mit ausgestreckter Hand auf die Barbaren
hinweisend die Hellenen zum Kampfe aufforderte: Aesch. in Gtes. p. 80 (575 R);

]) Arch, d. Mal. S. 249.
 
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