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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0044

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34

Die Maler.

Aristoteles schliessen, dass Polygnot seine Gestaltung über der Wirklichkeit,
49 Dionysios ihr entsprechend, Pauson unter derselben bildete. Damit verbindet
sich endlich noch ein Urtheil des Plutarch (Timol. 36): wie die Poesie des Ko-
lophoniers Antimachos und die Malerei seines Landsmannes Dionysios, obwohl
ihnen Nachdruck nicht abgehe, den Eindruck einer mühsamen Anstrengung
machten, dagegen die Gemälde des Nikomachos, und die Verse des Homer bei
ihrer sonstigen Kraft und Anmuth den Vorzug hätten, dass sie geschickt und
mit Leichtigkeit ausgearbeitet schienen, so besitze im Vergleich mit der müh-
samen Strategie des Epamihoridäs und des Agesilaos die des Timoleon ausser
der Schönheit auch den Vorzug grosser Leichtigkeit. Diese Urtheile, mit denen
unsere Nachrichten über Dionysios erschöpft sind, reichen allerdings zu einer
in Einzelheiten eingehenden Charakteristik nicht hin. Doch lässt sich aus seiner
Zusammenstellung mit Polygnot folgern, dass er ein Künstler von Bedeutung
war, zwar ohne die ideale Grösse des Polygnot, sonst aber in allen übrigen Be-
ziehungen ihm vergleichbar. Darum werden wir aber nicht annehmen dürfen,
dass Aristoteles ihn als einen Naturalisten bezeichnen wollte, sondern nur dass
seine Auffassung, um einen Vergleich aus der Kunst der Rede herzunehmen,
eine prosaischere war1). Eine solche kann in der Kunst einen höheren Werth
nur durch die Strenge der Durchführung erhalten, und diese muss nach dem
Urtheil des Plutarch in den Werken des Dionysios vorhanden gewesen sein.
So möchte sich unser Urtheil über ihn dahin zusammenfassen lassen, dass er
weniger durch angeborenes poetisch-künstlerisches Genie, als durch angestrengten
Eifer und sorgfältiges Studium sich zu einem Künstler von Bedeutung empor-
gearbeitet hatte, — In vieler Beziehung den geraden Gegensatz zu ihm bildet:
Pauson, von welchem Aristoteles (Poet. 2) sagt, er bilde seine Gestalten
unter der Wirklichkeit, d. h. hässlicher; weshalb er an einer andern Stelle
(Polit. VIII, 5) räthj die Jugend vor dem Anblick seiner Werke zu bewahren,
um ihre Einbildung so viel als möglich von allen Bildern des Hässlichen rein
">U zu erhalten. Er muss ein armer Teufel gewesen sein, der aber seine Armuth
mit einem gewissen Humor ertrug. So war wohl seine Persönlichkeit vorzugs-
weise geeignet, den Spott der Komiker zu reizen; und in der That macht ihn
Aristophanes mehrmals zur Zielscheibe seines Witzes: Plut. 602; Acharn. 854;
Thesmoph. 949; vgl. die Scholien, die ihn ausdrüchlich Maler nennen. Umge-
kehrt mag auch er wieder seine Freude daran gehabt haben, sich über andere
Leute lustig zu machen. Eine Anekdote dieser Art wenigstens, wie er einen
Besteller gefoppt, wird mehrfach erzählt: Lucian Dem. enc. 24; Plut. de Pyth.
or. p. 396 E; Aelian v. h. XIV, 15. Es ward ihm nemlich aufgetragen, ein
Pferd zu malen, das sich wälze. Er jedoch malte es laufend von Staub um-
hüllt. Darüber vom Besteller zur Rede gesetzt, drehte er es um, und nun er-
schien es, wie es verlangt war. Sonach möchte man den Grundzug seines
Charakters in der Ironie suchen dürfen, wie sich diese auch bei manchen Phi-
losophen seiner Zeit zu zeigen beginnt. Sie setzt eine bestimmte natürliche

x) Dass er nur wirkliche Menschen, nicht Helden oder Götter, gemalt, und deshalb
sogar den Beinamen avd-QtanoyQÖxpog erhalten habe, hat man aus einer Stelle des Plinius
(35,113) folgern wollen, welche ich jedoch ahf einen Jüngern Dipriysios, einen Zeitgenossen
des Varro, beziehen zu müssen glaube.
 
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