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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0077

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III. Die Maler zur Zeit des peloponnesischen Krieges.

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sich das hervorragende Talent dieses Künstlers für Zeichnung schon früh nament-
lich dem Blicke eines Phidias verrathen haben konnte. — Mit den bisherigen
Erörterungen durchaus unvereinbar ist die Erzählung des Seneca *): Parrhasios
habe nach der Eroberung Olynth's durch Philipp einen der gefangenen Greise
gekauft, nach Athen geführt, gemartert und nach diesem Modelle den Prome-
theus gemalt; der Olynthier sei auf der Marter gestorben; das Bild vom Künstler
im Tempel der Minerva aufgestellt, er selbst aber wegen Verletzung der Religion
angeklagt worden. Danach müsste Parrhasios Ol. 108, 2, also 52 Jahre nach
Sokrates Tode, noch gelebt haben. Die Unwahrscheinlichkeit der ganzen Sache
hat schon Lange-') aus dem Schweigen der alten Schriftsteller, sowie aus den
attischen Rechten nachgewiesen und damit die Sage verglichen, dass dem Michel
Angelo für die Ausführung des Christus in der Garthause zu Neapel ein Mensch
gekreuzigt worden sei. Allein dieses Nachweises bedurfte es kaum: denn die
ganze Erzählung ist ein zum Behuf von Redeübungen erdichtetes Thema, ähn-
lich dem über Phidias3): wobei auf chronologische Richtigkeit der Neben-
umstände gewiss durchaus kein Gewicht gelegt wurde.

Von den Werken des Parrhasios kennen wir folgende:

Hermes: Themist. XIV. Dieses Gemälde soll nicht eigentlich den Gott,
sondern des Künstlers eigenes Bild dargestellt haben, dem er nur den Namen
des Gottes beigeschrieben, um den Vorwurf der Unanständigkeit und Eigenliebe
von sich abzuwenden.

Der Demos der Athener, in dem er sich die Aufgabe gestellt hatte, den 99
Gharakter des ganzen Volkes zu personificiren. Denn, wie Plinius (35, 69) sich
ausdrückt, „er stellte in diesem Bilde den Demos dar als veränderlich, zornig,
ungerecht, unbeständig, und doch auch als erbittlich, gütig, mitleidig, prahlerisch,
erhaben, niedrig, unbändig und flüchtig, und das alles auf ein Mal zusammen."

Prometheus, sofern wir Seneca (a. a. 0.) wenigstens in der Hinsicht
Glauben schenken wollen, dass wir annehmen, er habe sein Thema an ein wirk-
lich vorhandenes Werk des Parrhasios angeknüpft.

Herakles in Lindos, welchen er in der Inschrift des Bildes so gemalt
zu haben behauptete, wie der Heros selbst ihm öfters im Traume erschienen
sei: Oiog 8' ewv^iuv yccvra^STo txoVKüv.l cpoucöv riagouaico SC vnvov, rotog od
ioriv ögäv. Plin. 35, 72; Athen. XII, p. 543 F.

■ Theseus. Ein Bild dieses Heros erwähnt Plinius (35, G9) als vor seiner
Zeit auf dem Capitol befindlich. Vielleicht ist es identisch mit dem ursprüng-
lich für Athen gemalten, dessen Plutarch zweimal gedenkt, zuerst ganz all-
gemein (Thes. 4), dann bei Gelegenheit eines Gemäldes des Euphranor, welcher
dem Theseus des Parrhasios vorwarf, er erscheine wie mit Rosen genährt, sein
e'gener dagegen wie mit Ochsenfleisch (de glor. Athen, p. 346 A).

Meleager, Herakles und Perseus auf einer Tafel in Rhodos: ein
noch besonders dadurch berühmtes Werk, dass es dreimal vom Blitze getroffen
und doch nicht vernichtet wurde: Plin. 35, 69.

Des Odysseus erheuchelter Wahnsinn: Pseudo-Plut. de aud. poet. 18 A
ein Gegenstand, den später auch Euphranor behandelte; s. unten.

*) Controv. V. 10. 2) im Kunstblatt 1818, N. 14. 3) VIII, 2.
 
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