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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0112

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102

Die Maler.

stellen; und dieses noch dazu gesondert von dem darunter erscheinenden
Körper, dem Gesicht der Methe.

Uns werden freilich vom Standpunkte der heutigen Technik aus die hier
erwähnten Erfolge des Pausias nicht mehr als etwas Ausserordentliches er-
scheinen. Pausias jedoch würde sie mit den bescheidenen Mitteln der Fresco-
oder Temperamalerei schwerlich erreicht haben; ja es würde ihm wahrschein-
lich der Gedanke fern geblieben sein, mit ihnen nach solchen Effecten zu streben.
Dass er es that, erklärt sich dagegen einfach aus der Anwendung der Enkaü-
stik, deren erster namhafter Vertreter er ist.

Ueber die Anfänge dieser Kunstgattung sind wir sehr mangelhaft unter-
richtet. Die Hauptstelle darüber bei Plinius *) lautet so : „Wer es zuerst erdacht,
mit Wachsfarben zu malen und die Malerei einzubrennen, ist nicht ausgemacht.
Einige halten es für eine Erfindung des Aristides, die nachher von Praxiteles
ausgebildet sei. Aber es gab um etwas ältere enkaustische Gemälde, wie von
Polygnot, von Nikanor und Arkesilaos aus Paros; auch Elasippos schrieb auf
151 sein Bild der Aegina kvh.asv: er brannte es ein, was er sicherlich nicht gethan
hätte, wenn nicht die Enkaustik schon erfunden gewesen wäre." Hierauf folgt
die Erwähnung des Pamphilos als des Lehrers des Pausias, der zuerst darin
berühmt geworden sei, also doch für ihre höhere Ausbildung das Wesentlichste
beigetragen haben wird. Worin freilich seine Verdienste bestanden, erfahren
wir nicht; ja wir sind über das ganze technische Verfahren überhaupt noch
keineswegs hinlänglich aufgeklärt. Denn wenn wir auch Welckers Erklärung -)
als die begründetste annehmen, dass die mit Wachs in irgend einer auflösen-
den öligen Verbindung gemischten Farben mit dem Pinsel aufgetragen und
vermittelst eines darüber geführten unten angeglühten Stäbchens in einander
vertrieben und verschmolzen wurden, so kann uns dieses Resultat doch immer
erst einen ungefähren Begriff von dieser Malerei gewähren. Näher auf die viel-
bestrittenen Fragen der Technik einzugehen, ist aber hier nicht der Ort. Wohl
aber müssen wir nach dem Werthe fragen, welcher der Enkaustik in Hinsicht
auf künstlerische Anwendung beizulegen ist. Hier scheint nun ziemliche Ueber-
einstimmung darüber zu herrschen, dass das Wachs als fettes Bindemittel den
Farben eine grössere Tiefe und Klarheit geben musste, welche das Streben nach
Illusion und malerischem Effect in Licht und Schatten weit mehr begünstigte,
als die Temperafarben. Die Enkaustik näherte sich also in ihren Wirkungen
der Oelmalerei, und es ist gar nicht unwahrscheinlich, was Wiegmann 3) ver-
muthet, dass von ihrer Uebung sich gerade darum keine Spur erhalten habe,
weil die letztere als eine in ihren Wirkungen durchaus verwandte, aber in ihrer
Ausübung weit bequemere und vollkommenere Gattung sie gänzlich aus dem
Gedächtniss der Maler verdrängt habe. ' Halten wir diese allgemeinen Sätze
fest, so erklären sich uns die oben besprochenen Eigenthümlichkeiten des Pau-
sias in der Behandlung der Farbe ohne Schwierigkeit. Denn eben die Natur
der enkaustischen Farbe, die Möglichkeit, den Tönen durch das Einbrennen
eine grössere oder geringere Stärke, Tiefe oder Durchsichtigkeit zu geben,
musste den Künstler auffordern, sich Probleme zu stellen, die gerade mit Hülfe

i) 35, 122. 2) Hall. Lit.Zeit. 1836, Oet. 149 fg. 3) Malerei d. Alt. S. 148.
 
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