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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0134

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124

Die Maler.

eine Symbolisirüng hier der religiösen, dort der politischen Ordnungen abge-
sehen sein mochte. Die Beziehung auf eine bestimmte Gegenwart erhielten als-
dann beide Bilder durch das dritte:

Das Reitertreffen, durch welches kurz vor der berühmten Schlacht bei
Mantinea die Athener diese Stadt gegen einen Ueberfall der Reiterei des Epa-
minondas mit dem glücklichsten Erfolge vertheidigten. Nach Pausanias waren
in dem Gemälde unter den Athenern Gryllos, Xenophon's Sohn, und unter den
Thebanern Epaminondas besonders ausgezeichnet, und zwar sollte dargestellt
sein, wie der Erstere den Letzteren verwunde; vgl. VIII, 11, G; IX, 15, 5. Die
Bevorzugung des Gryllos erklärt sich hinlänglich daraus, dass ihm in diesem
Treffen der Preis der Tapferkeit zuerkannt wurde, vielleicht eben deshalb, weil
der feindliche Führer durch seine Hand gefallen sein mochte. Nur konnte dieser
nicht Epaminondas sein, da er nach glaubwürdigen Zeugnissen an dem Kampfe
nicht persönlich Theil nahm; vgl. die ausführlichen Erörterungen von Schäfer
im Rhein. Mus. N. F. V, S. 58 fg.

184 Ueber den Geist der Darstellung giebt Plutarch (a. a. 0.) einige Winke. —
Eine Copie dieses Gemäldes sah Pausanias in Mantinea: VIII, 9, 8.

Von dem vierten Werke sagt Plinius: „Ein berühmtes Bild von ihm ist
zu Ephesos: Odysseus, der in erheucheltem Wahnsinn einen Ochsen mit
einem Pferde zusammengespannt hat, nachdenkende Männer im Mantel, und
der Führer, welcher das Schwert einsteckt." Richtig hat, wie schon v. Jan ver-
muthete, Bergk i) diese sämmtlichen Figuren auf ein einziges Bild bezogen,
nach Anleitung einer Stelle desLucian^), in welcher ein ähnliches, wenn nicht
dasselbe Gemälde beschrieben wird: „Es folgt das Bild des Odysseus im Wahn-
sinn, nemlich weil er nicht mit den Atriden fortziehen will. Die Gesandten
sind jedoch schon da, ihn zu rufen. Und seine ganze Verstellung ist sehr täu-
schend angelegt, das Gespann, der Mangel an Uehereinstimmung der Joch-
thiere, die Unwissenheit über das, was vorgeht: und doch wird er über dem
Knaben ertappt. Denn Palamedes, des Nauplios Sohn, erkannte wohl, um was
es sich handelte, raubt den Telemach, droht ihn, die Hand am Schwerte, zu
morden, und erheuchelt dem verstellten Wahnsinn ffegenüber selbst Zorn. Odys-
seus aber wird durch diese Furcht wieder vernünftig, zeigt sich als Vater und
lässt ab von seiner Verstellung." Hier stimmt fast alles mit Plinius überein:
erheuchelter Wahnsinn, ungleiches Gespann, die Gesandten wohl als aufmerk-
same Zuschauer (palliati cogitantes), Palamedes als ihr Anführer zwar nicht
eigentlich das Schwert einsteckend (gladium condens), aber, wie Bergk meint,
mit der Hand an dem halb entblössten Schwerte, so dass der Zuschauer unge-
wiss sein konnte, ob es herausgezogen oder eingesteckt werde. Dass also Lucian
die Composition des Euphranor beschreibe, kann kaum zweifelhaft sein.

Es leuchtet ein, dass aus den bisher angeführten Nachrichten ein Einlluss
des Aristides auf Euphranor als seinen Schüler sich nicht unmittelbar nach-
weisen lässt. Wenn nun auch Plutarch von dem Bilde der Schlacht bei Man-

185 tinea bemerkt, dass es in der Auffassung einen nicht geringen GracJ von Be-
geisterung zeige, und dass man das Zusammenprallen im Treffei/ und den

J) Annal. d. Inst. 1846, p. 303. -J de domo 30.
 
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