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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0281

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Einleitung.

271

zweiten Jahrhunderts v. Ch. G. gelebt habe. Doch hindert uns nichts, ja die
mehrfache rühmliche Erwähnung bei Plinius, Cicero und Pausanias giebt uns
fast das Recht, ihn in eine ältere Zeit, etwa die des Alexander hinaufzurücken.
In dieser aber kann die Stellung der Toreutik kaum eine andere gewesen sein,
als in der Periode des Phidias. Denn einzig von Euphranor wird berichtet,
dass er bei seiner sonstigen Vielseitigkeit auch in diesem Kunstzweige Aus-
gezeichnetes geleistet habe. Erst die Zeit der Diadochen scheint hier einen
Umschwung bewirkt zu haben. Zwar vermögen wir in dieselbe mit voller
Sicherheit ebenfalls nur wenige Künstler, etwa Stratonikos, Alkon und
Apelles, zu setzen; aber wenn wir auch die lockere Zusammenstellung der
berühmtesten Toreuten bei Plinius (33, 156) keineswegs für eine streng chrono-
logische halten dürfen, so lässt doch z. B. der Umstand, dass, wie Stratonikos
aus Kyzikos, so Ariston und Eunikos aus Mytilene und Posidonios aus
Ephesos stammen, darauf schliessen, dass diese Männer eben so wie durch ihre
Geburt, so auch durch ihre ganze Thätigkeit in die Zeit eines regen Kunst-
lebens in Kleinasien fallen: und ein solches finden wir dort gerade in der Periode
der Diadochen. Bei andern Künstlern werden wir ferner durch die ganze Kunst-
richtung auf dieselbe Zeit hingeführt: das Prunken mit der raffinirtesten Technik
in den Arbeiten des Kallikrates und Myrmekides und kaum weniger in
den Magiriscia des Pytheas erklärt sich in ihr hinlänglich durch die Ver-
gleichung verwandter Erscheinungen auf dem Gebiete der Kunst sowohl, als
des übrigen Geisteslebens, während es in jeder früheren Periode als eine Ab-
normität dastehen würde. Endlich aber waren damals auch die äusseren Ver-
hältnisse der selbständigeren Entwiekelung der Toreutik vorzugsweise günstig,
indem von den Königshöfen aus der Luxus im Privatleben sich in immer weiteren
Kreisen verbreitete, und deshalb auch an die Kunst in umfassenderem Maasse
die Forderung gestellt wurde, zum Schmuck und zur Verschönerung des Lebens
behülflich zu sein. Dieses Verhältniss dauerte zwar auch in Rom, als es Griechen-
land unterjocht hatte, noch fort: von den berühmten Gaelatoren bei Plinius 401
gehört wenigstens einer, nemlich Pasiteles, sicher der römischen Periode,
dem letzten Jahrhundert der Republik an; vielleicht auch Teucer, sofern die
Bezeichnung crustarius als eine eigenthümlich römische auf einen Künstler
römischer Zeit hinzudeuten scheint. Aber gerade auf seine Erwähnung folgt
bei Plinius die Bemerkung, wie diese Kunst plötzlich in Verfall gerathen sei
und man ihre Werke nur noch nach dem Alter schätze, so dass vom Gebrauche
ganz abgeriebene Arbeiten, an denen kaum eine Figur zu erkennen, in be-
sonderem Ansehen ständen. Belege für die Richtigkeit dieser Angabe liefern
die lateinischen Dichter, namentlich Martial, in reichlichem Maasse. Was man
noch weiter arbeitete, mochten meist Copien sein: im besten Falle solche, wie
die, welche Zenodoros, der Künstler des neronischen Kolosses, nach den
Originalen des Kaiamis anfertigte; häufiger vielleicht aber förmliche Fälschungen,
durch welche die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit der reichen Römer ge-
täuscht werden sollte, bis endlich auch diese affectirte Kunstliebe einer neuen
Mode, der Bewunderung des Geschirres aus kostbareren Stoffen und Steinarten
weichen musste.

Die selbständige Blüthe der Toreutik bildet also eigentlich nur eine Epi-
 
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