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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0451

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Einleitung.

444

Die genannten Orte scheinen aber als ein Gesammtgebiet betrachtet werden zu
müssen, indem nicht selten die gleichen Namen an mehreren derselben vor-
kommen : eine Erscheinung, die nicht auffallen kann, indem keiner von Vulci
mehr als etwa zwei gewöhnliche Tagereisen entfernt ist. Bedeutsamer ist die
Thatsache, dass manche der aus Etrurien bekannten Namen sich auch ausser-
halb der Grenzen dieses Landes wiedergefunden haben: Euthymides (freilich
nur nach einer Vermuthung) in Hadria; Pistoxenos und Epiktet in Gapua; Archi-
kles und Euthymides in Nola; Nikosthenes und Taleides in Agrigent; Tleson in
Korinth; Ergotimos in Aegina und Epiktet in Pantikapaeon. Da wir es hier
nicht mit einem einzelnen, vielleicht zufälligen Beispiele, sondern mit einer
ganzen Reihe zu thun haben, so werden wir durch diese Thatsache mit Be-
stimmtheit auf einen ausgebreiteten Handelsverkehr mit gemaltem Geschirr hin-
gewiesen. Zur Beurtheilung der Frage, ob derselbe etwa von Etrurien (durch
dortige Fabriken eingewanderter Griechen) ausgegangen oder vielmehr dorthin
gerichtet gewesen sei, mag es erlaubt sein, auf eine sehr eigenthümliche Er-
scheinung hinzuweisen. Von keinem Künstler sind mehr Vasen erhalten als
von Nikosthenes und zwar hauptsächlich Trinkschalen und eine besondere Art
von Amphoren. Letztere sind, so viel bekannt, nur in Caere zu Tage gekom-
men, die Trinkschalen in Vulci: die Fabrik des Nikosthenes war daher offenbar
nicht an einem der beiden Orte, sondern an einem dritten, von wo aus die be-
sonderen Arten' der Gefässe je nach dem besondern Geschmacke und der Mode
der fremden Städte exportirt wurden. Dieselbe Erscheinung scheint sich bei
den Vasen des Panphaeos zu wiederholen. Dass Attika der Mittelpunkt der
Fabrikation gewesen sei, mag aus anderen Gründen wahrscheinlich sein, lässt
sich aber durch die Künstlerinschriften nicht beweisen: es liesse sich sogar be-
haupten, dass die zwei einzigen aus Athen bekannten Gefässe mit den Namen
des Hegias, des Hilinos und Psiax eine feinere und geistreichere Behandlung
zeigen als die Masse der aus Etrurien stammenden Gefässe, wenn nicht wiederum
zuzugeben wäre, dass bei den für Nicht-Athener gearbeiteten Gelassen der
Geschmack der Besteller Berücksichtigung finden mochte: entschieden ist dies
der Fall an der bei Pantikapaeon gefundenen Vase des Nenophantos, der wohl
gerade deshalb, weil er in der Fremde arbeitete, ausnahmsweise sein Vaterland,
Athen, angiebt. In den Namen selbst ist ein speciell attischer Charakter nicht
zu erkennen; eher, wie Jahn bemerkt (S. 107), deuten die vielen seltenen und
sonderbaren, häufig noch dazu wenig orthographisch geschriebenen unter ihnen
auf den Handwerkerstand.

Wenn wir demnach die Frage nach dem Vaterlande der Künstler hier un-
entschieden lassen müssen, so darf doch nicht unbemerkt bleiben, dass sich
aus der gesammten Masse einige Namen in bestimmter Weise ausscheiden. Es
sind Assteas, Lasimos, Meidias, Python. Ihre Werke gehören sämmtlich dem
frei entwickelten, ja zum Theil dem spätesten Styl der Vasenmalerei an. Dem-
gemäss ist auch die Paläographie der Inschriften die spätere, theils in den For-
men der Buchstaben, theils in der Anwendung der langen Vocale. Die Werke
dieser Künstler aber stammen sämmtlich aus Unteritalien. Das Zusammentreffen
dieser Umstände führt uns also wie von selbst auf die Annahme einer von den
übrigen getrennten, speciell unteritalischen Vasenfabrikation, und bestätigt
 
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