Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0141
DOI issue:
Heft 5/6
DOI article:Lemberger, Ernst: Beiträge zur Geschichte der Miniaturmalerei, [2]: Johann Michael Siegfried Lowe
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0141
JOHANN MICHAEL SIEGFRIED LOWE
Mann kennen, den es darftellen [oll, auf
den erften Blick erkannt wird.“ Mit dem
1805 angefertigten Porträt von Johannes
Müller leitete Lowe [ein Werk ein. Es
folgten dann die 1806 ausgeführten Bild-
niffe von Johann Eiert Bode, Jean Pierre
Erman, C. W. Hufeland, Lazarus Ben-
david, Ern ft Ferdinand Klein, Fr. Sam.
Gottfr. Sack, Johann Erich Biefter, Philipp
Buttmann und Chr. Fr. Nicolai.
Unter jedem Bilde brachte Lowe eine
Art von Allegorie an, wozu er dann
am Schluffe jeder biographifchen Abhand-
lung eine ein wenig gequälte „Erklärung“
veröffentlichte. Die Allegorien nehmen
faft den gleichen Raum ein wie die Bild-
niffe, die in ovalem Medaillonformat nur
7-1 : 5 • 6 cm meffen. Nicolai lobte Lowes
Arbeit. Goethe aber trifft den Nagel auf
den Kopf, wenn er in der „Jenaifchen
Literaturzeitung“ [chreibt: „Wir wünfchen
dem Unternehmen des Herrn Lowe den
beften Fortgang, um fo mehr, als das
erfte Verfuchsftück (Johannes von Müller)
fchon alles Dankes wert ift. Wir wün- Äbb. 2. JOH. MICHAEL SIEGFRIED LOWE,
[dien nichts mehr, als daß [ich ähnliche Selbftbildnis (im Älter von 37 Jahren)
Unternehmungen über das ganze in-
duftriöfe Deutfchland verbreiten mögen, um einigermaßen im Einzelnen zu erhalten,
was im Ganzen verloren geht. Es ift (das vorgefetjte Bildniß) in punctirter Manier,
[ehr zart gearbeitet und ähnlich, fonft aber im kleinlichen Gefchmack ordinärer Minia-
tur-Portraite und daher weit entfernt von dem ächten, tüchtigen, Charakter darftellenden
Wefen und Styl der Kunft. Noch fey uns der Wunfch erlaubt, daß der Künftler, zumal
da das Format des Werks, ein großes Oktav, es ihm zuläfft, künftig die darzuftellenden
Bildniffe nach einem beträchtlich gröfferen Maßftabe zeichne und fteche. Mag von den
Fracks und Gilets immerhin etwas verloren gehen, wenn nur dafür die Gefichter ge-
winnen, deutlicher und beffer erfcheinen. Auch würden wir es für kein Unglück an-
fehen, wenn etwa noch die kleinen unter dem Bildniß angebrachten Figürchen (hier
die drei Eidgenoffen) deßhalb wegbleiben müßten.“
Von Mofes Mendelsfohn fertigte Lowe eine Zeichnung auf Pergament an, die ihn
in ganzer Figur in feiner Studierftube fißend darftellt. Er ftach den Gelehrten auch
als Profilkopf in Medaillonform und feßte darunter einen Genius mit der Davidsharfe
und eine Eule, 1826 ftach er das Porträt von Eytelwein in der Art einer Kamee.
Lowe fcheint ein unruhiger Geift gewefen zu fein. Er verfuchte [ich auf mancherlei
Gebieten, vermochte fich aber auf keinem ganz vom Dilletantismus zu befreien, weswegen
auch alle feine Unternehmungen Stückwerk blieben. Er glaubte verfchiedene technifche
Erfindungen gemacht zu haben, die von einem konzentrierteren Geift in die Welt gefeßt,
vielleicht beffer abgefchnitten hätten. So aber zerrannen, zerflatterten ihm alle Pläne
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Mann kennen, den es darftellen [oll, auf
den erften Blick erkannt wird.“ Mit dem
1805 angefertigten Porträt von Johannes
Müller leitete Lowe [ein Werk ein. Es
folgten dann die 1806 ausgeführten Bild-
niffe von Johann Eiert Bode, Jean Pierre
Erman, C. W. Hufeland, Lazarus Ben-
david, Ern ft Ferdinand Klein, Fr. Sam.
Gottfr. Sack, Johann Erich Biefter, Philipp
Buttmann und Chr. Fr. Nicolai.
Unter jedem Bilde brachte Lowe eine
Art von Allegorie an, wozu er dann
am Schluffe jeder biographifchen Abhand-
lung eine ein wenig gequälte „Erklärung“
veröffentlichte. Die Allegorien nehmen
faft den gleichen Raum ein wie die Bild-
niffe, die in ovalem Medaillonformat nur
7-1 : 5 • 6 cm meffen. Nicolai lobte Lowes
Arbeit. Goethe aber trifft den Nagel auf
den Kopf, wenn er in der „Jenaifchen
Literaturzeitung“ [chreibt: „Wir wünfchen
dem Unternehmen des Herrn Lowe den
beften Fortgang, um fo mehr, als das
erfte Verfuchsftück (Johannes von Müller)
fchon alles Dankes wert ift. Wir wün- Äbb. 2. JOH. MICHAEL SIEGFRIED LOWE,
[dien nichts mehr, als daß [ich ähnliche Selbftbildnis (im Älter von 37 Jahren)
Unternehmungen über das ganze in-
duftriöfe Deutfchland verbreiten mögen, um einigermaßen im Einzelnen zu erhalten,
was im Ganzen verloren geht. Es ift (das vorgefetjte Bildniß) in punctirter Manier,
[ehr zart gearbeitet und ähnlich, fonft aber im kleinlichen Gefchmack ordinärer Minia-
tur-Portraite und daher weit entfernt von dem ächten, tüchtigen, Charakter darftellenden
Wefen und Styl der Kunft. Noch fey uns der Wunfch erlaubt, daß der Künftler, zumal
da das Format des Werks, ein großes Oktav, es ihm zuläfft, künftig die darzuftellenden
Bildniffe nach einem beträchtlich gröfferen Maßftabe zeichne und fteche. Mag von den
Fracks und Gilets immerhin etwas verloren gehen, wenn nur dafür die Gefichter ge-
winnen, deutlicher und beffer erfcheinen. Auch würden wir es für kein Unglück an-
fehen, wenn etwa noch die kleinen unter dem Bildniß angebrachten Figürchen (hier
die drei Eidgenoffen) deßhalb wegbleiben müßten.“
Von Mofes Mendelsfohn fertigte Lowe eine Zeichnung auf Pergament an, die ihn
in ganzer Figur in feiner Studierftube fißend darftellt. Er ftach den Gelehrten auch
als Profilkopf in Medaillonform und feßte darunter einen Genius mit der Davidsharfe
und eine Eule, 1826 ftach er das Porträt von Eytelwein in der Art einer Kamee.
Lowe fcheint ein unruhiger Geift gewefen zu fein. Er verfuchte [ich auf mancherlei
Gebieten, vermochte fich aber auf keinem ganz vom Dilletantismus zu befreien, weswegen
auch alle feine Unternehmungen Stückwerk blieben. Er glaubte verfchiedene technifche
Erfindungen gemacht zu haben, die von einem konzentrierteren Geift in die Welt gefeßt,
vielleicht beffer abgefchnitten hätten. So aber zerrannen, zerflatterten ihm alle Pläne
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