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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 9/10
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Neeb, Ernst: Neuerwerbungen des Altertums-Museums der Stadt Mainz: Plastik des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0191

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NEUERWERBUNGEN DES ALTERTUMS-MUSEUMS DER STADT MAINZ

mündlichen Überliefe-
rung nach auch in per-
fönlichen Beziehungen
zu Melchior geftanden
haben [oll. Über Pfaff
ift in der Mainzer Zeit-
[chrift Jahrg. II, S. 57 ff.
ausführlicher gehan-
delt, wichtige Ergän-
zungen dazu bietet
Schrohe, Auffätje und
Nachweife zur Mainzer
Kunftgefchichte. S. 178.

Auf Grund diefer beiden
Arbeiten dem Schaffen
diefes tüchtigen Meifters
noch einmal nachzu-
gehen, wäre eine ganz
lohnende Arbeit. Pfaff
bildet u. a. auch ein
deutlicher erkennbares
Bindeglied zwifchen der
Mainzer und Bamber-
ger Plaftik des 18. Jahrhunderts, deren engere Beziehungen fich auch fonft nachweifen
laffen. Schon vor langen Jahren hatte der Mainzer Altertumsverein aus dem Nach-
laffe diefes Künftlers eine Reihe von kleinen Tonmodellen erworben, ungemein flotte
Arbeiten aus der Zeit des Rokoko und der des Klaffizismus. Darunter auch die Mo-
delle einer Maria und eines Johannes, die offenbar zu einer Kreuzigungsgruppe ge-
hörten. Durch einen glücklichen Zufall fanden fich kürzlich in Mainz auf einem Lager-
plätze unter Balken und Brettern verfteckt — und dort fchon Jahrzehntelang unbeachtet
„lagernd“ — — die in rotem Sandfteine nach diefen Modellen ausgeführten Figuren
zugleich mit den Reften des Kruzifixus. Das Ganze muß eine ungemein bewegte
Gruppe gebildet haben. Die Figur der Maria fchon mit leifen Anklängen des Klaffizismus,
Johannes noch ganz im Geifte des Rokoko, beide aber, mehr als landläufige Werkftatts-
ware, geben fich als die Arbeiten eines begabten Künftlers zu erkennen, der — oder
deffen Kreis — für die fiebziger und achtziger Jahre des 18. Jahrhunderts der Mainzer
Plaftik den Stempel feiner Eigenart aufgedrückt hat. Die ausgeführten Arbeiten find
in der Mainzer Zeitfchrift Jahrg. VIII/IX, S. 140, abgebildet. Infolge der wenig fchonenden
Behandlung hat befonders der Kruzifixus recht gelitten. Wir bringen hier (Abb. 2 u. 3)
die beiden Modelle, von denen bei der Ausführung in Sandftein kaum abgewichen ift.
Die Modelle find 26 cm hoch, die ausgeführten Figuren 1,58 m.

Etwas älter als die ebengenannte Gruppe ift eine kleine 40 cm hohe bemalte Holz-
figur aus Lindenholz. Sie [teilt Maria immaculata mit dem Rofenkranz im Haare
dar (Abb. 4) in der Behandlung des Gewandes ungemein bewegt, in der Linienführung
des Körpers die tändelnde Grazie des Rokoko. Die Figur ftammt aus dem nahe bei
Mainz im Zahlbadier Tale gelegenen Nonnenklofter Dalheim. Ihr Meifter ift unbekannt,
fcheint aber in den Kreis zu gehören, aus dem die Maria immaculata an der Faffade

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Abb. 7. Ofenplatte mit der Darftellung von Äbfalons Tod
 
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