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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 6
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Kunst-Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0200

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dic Bildrolle, das aus wenigen Worten bestehende
lyrische Gedicht, die merkwürdigen Töne der ja-
panischen Musik, das No- und Kabukispiel zu
sagen hat. Nach seiner etwas starren Systematik
sind alle Künste Teile der gleichsam durch die
Phantasie des ästhetisch Genießenden Symbol ge-
wordenen Natur selbst. Wer eine historisch gerich-
tete Kunstgeschichte sucht, wird das Buch un-
befriedigt weglegen. Dagegen gibt es einen großen
Übcrblick iiber das gesamte Kunstschaffen Japans
und eine Deutung der japanischen Kunst. Und
gerade das letztere, in europäischen Büchern über
die Kunst Ostasiens kaum zu finden, macht das
Werk Tsudzumis besonders wertvoll. Scharf

BENß SCHNEIDER: La peinture italienne
des origines auXVI e siecle. ParisetBruxeBes,
Les editions G. van Oest, 192g.

Das vorliegende Bändchen gibt auf knapp sechzig
Seiten und ebenso vielen Bildtafeln eine allge-
meine Geschichte der italienischcn Malcrei in ge-
schickten Formulierungen. Ausnahmslos beschränkt
sich der Autor auf bekanntes Tatsachenmaterial
und auf Abbildungen leicht zugänglicher Gemälde.
Von Cimabue bis Correggio führt die populäre
Darstellung die Ilauptmeister und ihre Haupt-
werke vor, ohne sich auf Einzelheiten oder Spe-
zialprobleme einzulassen, getreu den Prinzipien
der »Bibliotheque d’histoire de l’art«, zu der das
Bändchen gehört. Das verunklärende Kupfertief-
druckverfahren ist für die Reproduktion der Ge-
mälde nicht günstig. Scharf

IHERRE LESPIN ASSE: LA MINIATURE EN
FRANCE au XVIII 6 siecle. (Bihliotheque
de l’art du XVlIl e siecle. Nouvelle serie.) Paris
et Bruxelles. Les Editions G. van Oest.

Dieser Band in dem schönen großen Format der
meisten van Oest-Bände und in ebenso trefflicher
Ausstattung behandelt — unterstützt von 48 Ta-
feln — einen der wichtigsten Teilabschnitte aus
der Kunst des Dix-huitieme, die französische
Miniatur, mit einem vorbildlichen Forscherfleiß
und einer Materialkenntnis, die fast noch einer
schöneren Aufgabe wert wären. Dabei handelt es
sich keineswegs um eine trockene Chronologie von
Lebensdaten und Tatsachen. Vielmehr hat Lespi-
nasse versucht, den Stoff thematisch zu gruppie-
ren, was seinen Ausführungen gelegentlich ein
paar novellistische Exkurse gestattet und das Bio-
graphische mit dem Kulturgeschichtlichen ange-
nehm zu mischen, möglich macht. Er teilt dasGe-
samtgebiet auf in die Genreminiatur, die Ge-
schenkminiatur des Königs (les menus-plaisirs et
les presents du roi), in die Porträtminiatur bis
zum Ende des alten Regime und in die Bildnis-
miniatur am Ende des 18. Jalirhunderts und unter
dem Empire. Wie für den Verfasser das Thema
eigentlich erst nach 1715, d. h. nach dem Tode
Ludwigs XIV. beginnt, so führt er es logischer-

weise bis zum Ende des Empire fort, wogegen
nichts zu sagen ist. Freilich hätte als Auftakt das
17. Jahrhundert nicht fehlen dürfen, z. B. die
Kunst eines Petitot und bei aller Reichhaltigkeil
der lndices fehlen doch ein paar Namen, ohne die
keine Geschichte der französischen Miniatur voll-
ständig sein wird. Ich denke da nicht an kleine
Leute wie z. B. den Maler Aigremont, geb. zu
Lille 1768, sondern an Künstler von Gesicht und
Format wie den famosen Chevalier de Chateau-
bourg, aus Nantes gebürtig, der viel an deutschen
Fürstenhöfen gemalt hat oder an J. Desvernois,
über die man z.B. Näheres in meinem Katalog der
Miniaturensammlung des Großherzogs von Hessen
feststellen kann, den Lespinasse offenbar nicht
kennt. Aber diese Anmerkungen bedeuten nichts
gegenüber dem Wert einer Arbeit, die wir dankbar
begrüßen, obwohl das Gebict als solches uns in
Deutschland leider längst entrückt ist und sam-
meltechnisch immer mehr in den Hintergrund
tritt. Und noch eines ist deutlich zu unterstreichen:
Die Porträtminiatur des 16., 17. und 18. Jahr-
hunderts, einerlei ob auf Kupfer, Elfenbcin oder
in Email hat keinerlci direkte Beziehungen zuden
illuminierten Ilandschriften und Miniaturen des
Mittelalters. Des Verfassers diesbezügliche Kon-
struklion ist abwegig. Aber sonst ist sein Buch eine
Arbeit von durchaus vorbildliclier Gründlichkeit.

Biermann

PAUL COLIN: EUGENE LAERMANS. Rditions
des »Cahiers de Belgique«. Bruxellcs 1929.

Ein stattlicher Band mit i45 erstklassigen Licht-
drucktafeln und anschließend an den Text mit
einem Gesamtkatalog des malerischen und graphi-
schen Werkes, der alle Arbeiten von 1881 bis auf
den heutigen Tag verzeichnet und alle fiir die Bi-
bliographie wichtigen und irgendwie erreichbaren
Angaben enthält. Also d a s Buch über den belgi-
schen Maler, das auf Jahre hinaus grundlegend
sein dürfte. Es umfaßt das ganze reiche Lebens-
werk des am 22. Oktober i864 geborenen Künst-
lers, der seit Jahrzehnten außerhalb seiner enge-
ren Heimat wohlbekannt ist und auf allen großen
internationalen Ausstellungen regelmäßig zui Worte.
kam.

Der Verfasser, in Deutschland wohlbekannt und
geschätzt, erweist sich in diesem Buch als der be-
rufene Biograph des sechzigjährigen Meisters,
zeigt den geschlossenen Kreis seiner künstlerischen
Entwicklung, das mähliche Wachen dieses Oeuvre.
das so bodenständig ist wie nur wenige andere, das
voll der Tradition des flämischen Blutes ist und
bildlich eine Epoche erhärtet, in der es umWahr-
lieit in jedem Sinne geht, einerlci, ob sie die
künstlerische oder soziale Seite beriihrt. In diesem
Sinne erscheinen mir die Anfänge von Laermans
besonders bedeutsam und man ist auch heute noch
überrascht, ihm als den jüngeren Bruder jenes van
Gogh feststellen zu dürfen, der in seinen nord-

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