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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Het 21/22
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Göbel, Heinrich: Ein Cartel aus der Manufaktur des Jean-Joseph de Saint-Germain und seine Varianten: Ein Beitrag zur Frage des gekrönten C
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0579

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EIN CARTEL AUS DER MANUEAETUR T)ES
JEAN-JOSEPH DE SAINT-GERMAIN
UND SEINE VARIANTEN

EIN BEITRAG ZUR FRAGE DES GEKRÖNTEN C
YON HEINRICH GÖBEL

.Tean-Joseph de Saint-Germain, ein Sohn des Pariser Ebenisten Joseph de Saint-Germain’
in erster Ehe verheiratet mit Edme Poltier (beigesetzt am 10. November i 747), schließt
einen zweiten Lebensbund (14. Februar 1749) mit Anne Legrand, der Witwe des
Pariser Ebenisten Jean-Paul Lemathieu (Mathieu) 1 2. Er betreibt eine umfangreiche
Gießer- und Ziseleurtätigkeit in der Sankt-Nikolausstraße (Vorstadt Saint-Antoine), er-
scheint noch 1772 als maßgebender Künstler seines Faches im »Almanach general des
Marchands«" und dürfte einige Jahre später seinen Betrieb aufgegeben haben.
Jean-Joseph de Saint-Germain entstammt einer Ebenistenfamilie, er ist mit den führen-
den Firmen verwandt und verschwägert, kurz, er steht mit beiden Füßen in dem Ge-
triebe der großen Pariser Möbel- und Bronzenerzeugung. Wenn auch einzelne Arbeiten
seiner Werkstatt den ausgesprochenen Louis-XVI.-Stil zeigen — um den allgemein
angewandten, wenn auch reichlich ungenauen Ausdruck zu gebrauchen —, so liegt
doch zweifelsohne der Höhepunkt seines Könnens in den fünfziger und sechziger Jahren
des 18. Säkulums. Saint-Germain nennt sich »maitre fondeur et ciseleur«, an anderer
Stelle wird er auch als »acheveur« geführt, das heißt er steht an der Spitze einer
Bronzegießerei, verbunden mit Werkstätten für Ziselierung und Feuervergoldung. Als
»sculpteur« (Bildhauer) wird der Meister nicht genannt; die Modelle seiner Arbeiten
bezieht er durch zeitgenössische Künstler von Ruf. Möglicherweise betätigte sich Saint-
Germain auch als Ornamentzeichner. Das dünne Heftchen der Sammluug Poterlet
— »Premier cahier de Vases inventes et dessines par Mr. de St.-G.« —, das allerdings
in reinem Louis XVI. schildert, geht vielleicht auf den Meister zurück 3.
Saint-Germain arbeitet u. a. für Lazare Duvaux, den berühmten marchand-bijoutier
Ludwigs XV. 4, der Frankreichs Hochadel zu seinen Kunden zählt. Der Meister wird
ehrenvoll erwähnt gelegentlich der Besclireibung der Sammlungen Blondel de Gagnys,
der weite Räume seines Hotels an der place de Vendöme mit den köstlichsten Erzeug-
nissen zeitgenössischen Kunstgewerbes ausstattete. Saint-Germains Name 5 ist gleich-
rangig mit denen von Vassou (mit dem er gemeinsam eine Marmorsäule für Blondel
de Gagny montierte), Coustou l’aine, Boulle, Gallien, Anguier, Anguste, Caffieri, Cres-
sent, Duplessis u. a. 6.

Die enge Verbindung Duvaux’ mit Claude-Thomas Duplessis (gestorben 11. Oktober
1774) legt die Vermutung nahe, daß auch Saint-Germain sich des Meisters, der einen
Ruf genoß, der mit dem der Boulle und Caffieri wetteiferte, für die Gestellung von
Modellen bediente.

1 Granges de Surgere, Artistes frangais des XVIP et XVIIP siecles. Paris 1893, S. 18g. — Henri
Vial, Adrien Marcel et Andre Girodie, Les Artistes decorateurs du bois, T. II, Paris 1922, S. 137.—
Arch. nat. I. 14 108.— Comte Frangois de Salverte, Les ebenistes du XVIIP siecle, Paris 1923,
S. 216.

2 Baron Ch. Daviller, Le cabinet du duc d’Aumont et les amateurs de son temps, Paris 1870. —
Alph. Maze-Sencier, Le Livre des Collectionneurs, Paris 1885, S. 240.

3 D. Guilmard, Les Maftres Ornemanistes, Paris 1880, Texte, S. 267, Nr. 126.

4 Louis Courajod, Livre-Journal de Lazare Duvaux, marchand-bijoutier ordinaire du Roy, 1748-1758.

5 L. Courajod, a. a. O., S. CCXLIff.

6 Dictionaire pitt. et hist. d’Hebert, 1766, t. I er, S. 36—81.

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