Grund anders, als daß wir uns von der Last
zerquetschender Tradition unter schweren
Anstrengungen frei machen müssen, um zu-
nächst reine Bahn zu bekommen, und daß
unsere klarere Einsicht in das Wesen der
Baustoffe, vor allem der heute statisch ver-
tausendfachten Möglichkeiten, die in festge-
fahrenen Formeln erstarrt gewesene Phan-
tasie wieder erlösen kann? Dies ist aber das
drille und eigentlich wesentliche Element:
daß die Erfindung oder besser: das Schöp-
ferische, das Intuitive wieder frei wird, daß
die neuen Voraussetzungen diesem ur-
sprünglichsten Trieb des Menschen wohl
Richtung weisen, nie aber ihn in neue Fes-
seln des Dogmas, der Unduldsamkeit legen
dürfen, wonach es in unserer „unbeding-
ten" Zeit schon wieder bedenklich aussieht.
Mehr noch als beim Hausarcbitekten, der
nur überlegend und rechnend immerhin
noch zu einer wenn auch starren und jun-
erfübllcn Form kommen kann, ist für den
Gartenarchitekten diese Kraft der inneren
Vorstellung Grundlage: sein „Bau"material,
die lebendige Pflanze, zwingt ihn, nie nur
mit dem augenblicklich fertigen Zustand
abzuschließen, sondern immer den Ablauf,
den Wechsel des Wachstums in Rechnung zu
setzen, immer die formende Kraft der Na-
tur als wesentlicher anzuerkennen. Viel-
leicht besteht seine Aufgabe überhaupt vor
allem in der ungeheueren Feinfühligkeit,
die lebendige Umwell zu größtmöglicher
Entfallung und Wirkung zu bringen.
Das scheint zunächst reichlich negativ.
Doch umschließt es in Wahrheit einen solch
großen Umkreis, daß nur ein absolut voller
und für seine Aufgabe glühender Mensch
ihn einigermaßen ausfüllen kann. Es liegt
darin beschlossen die Hereinziehung aller
Gegebenheiten der Natur: ebenes und be-
wegtes Gelände, Sonne, Wasser, Steine,
Blumen, Bäume, in stärkerem Maß, als dies
je eine Periode der Gartengestaltung getan
hat oder auch nur tun konnte. Die Gefahr
liegt heute eher in einem zuviel Wollen, zu
sehr Aufspüren aller versteckten Wirkungs-
möglichkeiten. Schließlich gehört bei aller
schweifenden Kraft der Erfindung eine
ganz einfache Seele dazu, die Natur zum
Letzten ihrer Schönheit zu bringen.
Form also ist hier Formen des vorhandenen
Rohmaterials so, daß es schließlich kaum
mehr geformt sondern wie selbst geworden
erscheinen wird. Es ist nichts Neues, zu
sagen, daß die immanente Architektur der
Landschaft zum Ausdruck gebracht werden
soll. Das wollten schließlich auch die gro-
ßen Gartenmenschen des italienischen und
französischen und deutschen Barocks. Das
Andersartige des Heuligen besteht in der
bewußten Absicht der Verschmelzung von
räumlich Gewolltem mit dem natürlich
Wachsenden. Nicht mehr entsprechen uns
die herrische Allee und der konventionell
geschorene Rasen, die formalistische Glie-
derung der Anlage, ebenso wenig aber eine
doch künstliche Korrektur der Nalur im
englischen Sinne, obwohl wir an sich dafür
volles Empfinden haben und die einzel-
nen Elemente, geschnittene Hecken, Lau-
bengänge u. a., an gegebener Stelle beden-
kenlos verwenden. Wir greifen absichts-
voll ändernd in die Natur ein, bringen
z. B. das Ansteigen, das Schwingen eines
Hügels durch niedere Mauern zur Erschei-
nung, gleichzeitig lassen wir die Kan-
ten mit Polstern überwuchern, aus den
Fugen Blütenstürze quellen, wir sammeln
das Wasser in tiefgelegenen Stellen, in klar
geformter Fassung, aber seine Fläche will
nicht mehr zweckloser Bomantik bzw. küh-
ler Bepräsentation dienen, sondern erfülll
möglichst bestimmte Inhalte, Plansch- oder
Badebecken, spiegelnde Fläche für Wasser-
pflanzen ; wir lieben klare Basenflächen,
durchschneiden sie aber nicht mehr gefühl-
los durch bekieste Wege, sondern betten
weich unregelmäßig Trittsteine ins Gras;
wir bringen die Schönheit eines Baumes zur
Geltung, nicht in Hinblick auf seinen Sel-
lenheits- oder Sellsamkeitswerl, sondern um
noch räumliche Funktionen damit zu ver-
richten; wir schaffen Achsen, Durchblicke,
Baumbeziebungen, nicht mehr mit der
alleinigen Absicht, das Gebäude, den zen-
tralen Mittelpunkt der Anlage, zur letzten
Steigerung zu bringen, vielmehr die um-
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zerquetschender Tradition unter schweren
Anstrengungen frei machen müssen, um zu-
nächst reine Bahn zu bekommen, und daß
unsere klarere Einsicht in das Wesen der
Baustoffe, vor allem der heute statisch ver-
tausendfachten Möglichkeiten, die in festge-
fahrenen Formeln erstarrt gewesene Phan-
tasie wieder erlösen kann? Dies ist aber das
drille und eigentlich wesentliche Element:
daß die Erfindung oder besser: das Schöp-
ferische, das Intuitive wieder frei wird, daß
die neuen Voraussetzungen diesem ur-
sprünglichsten Trieb des Menschen wohl
Richtung weisen, nie aber ihn in neue Fes-
seln des Dogmas, der Unduldsamkeit legen
dürfen, wonach es in unserer „unbeding-
ten" Zeit schon wieder bedenklich aussieht.
Mehr noch als beim Hausarcbitekten, der
nur überlegend und rechnend immerhin
noch zu einer wenn auch starren und jun-
erfübllcn Form kommen kann, ist für den
Gartenarchitekten diese Kraft der inneren
Vorstellung Grundlage: sein „Bau"material,
die lebendige Pflanze, zwingt ihn, nie nur
mit dem augenblicklich fertigen Zustand
abzuschließen, sondern immer den Ablauf,
den Wechsel des Wachstums in Rechnung zu
setzen, immer die formende Kraft der Na-
tur als wesentlicher anzuerkennen. Viel-
leicht besteht seine Aufgabe überhaupt vor
allem in der ungeheueren Feinfühligkeit,
die lebendige Umwell zu größtmöglicher
Entfallung und Wirkung zu bringen.
Das scheint zunächst reichlich negativ.
Doch umschließt es in Wahrheit einen solch
großen Umkreis, daß nur ein absolut voller
und für seine Aufgabe glühender Mensch
ihn einigermaßen ausfüllen kann. Es liegt
darin beschlossen die Hereinziehung aller
Gegebenheiten der Natur: ebenes und be-
wegtes Gelände, Sonne, Wasser, Steine,
Blumen, Bäume, in stärkerem Maß, als dies
je eine Periode der Gartengestaltung getan
hat oder auch nur tun konnte. Die Gefahr
liegt heute eher in einem zuviel Wollen, zu
sehr Aufspüren aller versteckten Wirkungs-
möglichkeiten. Schließlich gehört bei aller
schweifenden Kraft der Erfindung eine
ganz einfache Seele dazu, die Natur zum
Letzten ihrer Schönheit zu bringen.
Form also ist hier Formen des vorhandenen
Rohmaterials so, daß es schließlich kaum
mehr geformt sondern wie selbst geworden
erscheinen wird. Es ist nichts Neues, zu
sagen, daß die immanente Architektur der
Landschaft zum Ausdruck gebracht werden
soll. Das wollten schließlich auch die gro-
ßen Gartenmenschen des italienischen und
französischen und deutschen Barocks. Das
Andersartige des Heuligen besteht in der
bewußten Absicht der Verschmelzung von
räumlich Gewolltem mit dem natürlich
Wachsenden. Nicht mehr entsprechen uns
die herrische Allee und der konventionell
geschorene Rasen, die formalistische Glie-
derung der Anlage, ebenso wenig aber eine
doch künstliche Korrektur der Nalur im
englischen Sinne, obwohl wir an sich dafür
volles Empfinden haben und die einzel-
nen Elemente, geschnittene Hecken, Lau-
bengänge u. a., an gegebener Stelle beden-
kenlos verwenden. Wir greifen absichts-
voll ändernd in die Natur ein, bringen
z. B. das Ansteigen, das Schwingen eines
Hügels durch niedere Mauern zur Erschei-
nung, gleichzeitig lassen wir die Kan-
ten mit Polstern überwuchern, aus den
Fugen Blütenstürze quellen, wir sammeln
das Wasser in tiefgelegenen Stellen, in klar
geformter Fassung, aber seine Fläche will
nicht mehr zweckloser Bomantik bzw. küh-
ler Bepräsentation dienen, sondern erfülll
möglichst bestimmte Inhalte, Plansch- oder
Badebecken, spiegelnde Fläche für Wasser-
pflanzen ; wir lieben klare Basenflächen,
durchschneiden sie aber nicht mehr gefühl-
los durch bekieste Wege, sondern betten
weich unregelmäßig Trittsteine ins Gras;
wir bringen die Schönheit eines Baumes zur
Geltung, nicht in Hinblick auf seinen Sel-
lenheits- oder Sellsamkeitswerl, sondern um
noch räumliche Funktionen damit zu ver-
richten; wir schaffen Achsen, Durchblicke,
Baumbeziebungen, nicht mehr mit der
alleinigen Absicht, das Gebäude, den zen-
tralen Mittelpunkt der Anlage, zur letzten
Steigerung zu bringen, vielmehr die um-
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