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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Block, Fritz: Wohnform und Wandlungsfähigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0049

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SCHAUBILD EINES BLOCKES

konsequent genug durchführen. Gerade
den besten Arbeiten eignet vielfach noch
eine Einstellung, die die Grundlagen des
Schaffens mehr in Problemen sucht, die
den Architekten gerade bewegen als in den
Bedürfnissen der Bewohner. Dadurch ent-
steht eine Kluft zwischen Schaffenden und
Wohnenden. Diese Kluft ist leicliler zu
überbrücken, wo es sich um kultivierte bil-
dungsfällige Bewohner handelt, sie bedeu-
tet aber recht viel bei der großen Masse der
werktätigen Bevölkerung, die noch stark er-
zogen und beeinflußt werden muß.

Wer gründlich die Wohngewohnheiten der
Arbeiterbevölkerung studiert und verfolg!
hat, wie sie sich zu Dingen stellt, die ibre
Lebensballung verbessern sollen, wird stets
gleichgerichtete Beobachtungen gemacht
haben. Dem befreienden Gefühl, zu dem
wir dem Arbeiter durch neues Bauen ver-
helfen wollen, steht er höchst skeptisch
gegenüber, wenigstens soweit es sich um die
heute herangewachsene Generation handelt.
Zunächst erhebt der Arbeiter stets den Ein-
wand, die einfachen Dinge seien nur auf
ihn zugeschnitten, dem Bürger baue man

nach wie vor aufwendigere Wohnungen.
Die alte bürgerliche Wohnung mit all ihrer
Unvernunft ist immer noch das Ideal des
Arbeiters. Das ist sehr bedauerlich, denn
wenn der Arbeiter aus einem Klassenbe-
wußtsein heraus zu einer Wohnung käme,
die seiner Lebenshaltung entspricht und
allen Funktionen vollauf gerecht wird, so
könnte im Gegenteil diese Arbeiterwohnung
auch für bürgerliche Verhältnisse muster-
gültig sein. In dieser Beziehung müssen wir
Architekten durch unsere Arbeilen auf-
klärend wirken, und denselben Geist, den
wir heute bei der Arbeiterwohnung anstre-
ben, auch in die bürgerliche hineintragen.
Dann wird das neue Wohnen sich dem
neuen Bauen zugesellen. Aber alles braucht
seine Zeil. Gewaltsam läßt sich eine Um-
wälzung auf diesem Gebiete nicht durch-
führen, sonst bekommen wir Treibhaus-
blüten von interessanter Dekadenz, aber nur
kurzer Lebensdauer.

Wir müssen die Dinge so entwickeln und
folgerichtig typisieren, daß die Vorteile
auch so überzeugend sind, daß sieb ihnen
niemand entziehen kann: mit zu großem

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