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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Tschichold, Jan: Zeitgemässe Buchgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0128

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da kitzelte eines verkehrt, es wußte selbst nicht,
wie und wo und .warum, und wir wissen es auch
nicht, warum es verkehrt war. Und plötzlich
wurde er grasgrün, schrie furchtbar auf, sprang
ein bißchen in die Luft und legte dabei ein
schwarzes Ei. Und nun kitzelte jedes Kind ein-
mal an der verkehrten Stelle. Und jedesmal
legte der Hahnepeter ein schwarzes Ei. Und da
es 13 Kinder waren, so legte er 13 Eier. Und
dabei bemerkten es die Kinder, daß er hinten
eine richtige Schraube hatte und einen richtigen

PROPELLER.

drehte Hahnemann an der Schraube 3MALI
WENN WO NE njm, nachdem er die Mutter gefragt hatte, wie)

SCHRAUBE IST rum man drehen müßte. Die Mutter aber sagte,

MUSS MAN AUCH man müßte rechtsrum drehen. Und als Hahne-

DRAN DRE mann dreimal rumdrehte, tanzte der Hahnepeter wie

ZWEI SEITEN AUS KURT SCHWITTERS „MÄRCHEN VOM PARADIES"
(APOSS-VERLAG, HANNOVER 1925)

len Zeitschriften überwiegen bereits die
fotos, der text ist ganz zurückgetreten, das
frühere Verhältnis ist in sein gegenteil ver-
kehrt worden: illustrierten früher die weni-
gen bilder den text (100 zeilen = i bild),
so beschreibt heute der geringe text die bil-
der (10 bilder = 10 zeilen). in einer be-
kannten neuen kunstgeschichte sind die bil-
der der hauptteil; über deutschland und
viele andere länder unterrichten große bil-
derbücher mit fotografischen aufnahmen
(orbis terrarum), in denen der einzige text
das kurze Vorwort ist. nach den futuristen
haben die dadaisten in ihren Zeitschriften
die möglichkeiten der typografischen tech-
nik ausgebaut, die von kurt schwitters her-
ausgegebene Zeitschrift „merz" zeigte typo-
grafische und verschiedenartige fotogra-
fische aufbauelemenle, die durch den ge-
staltenden typografen zu einer einheit ge-
bunden sind, in den dadaistischen gestal-
tungen ist die bisherige fremdheit der ab-

bildungen im buche verschwunden,*) das
klischee, entweder nach einer fotografie
oder einem manuellen bilcl, ist integrieren-
der bestandteil der buchgestalt geworden,
wir zeigen als beispiel zwei seiten aus einem
von kurt schwitters verfaßten und gestalte-
ten märchenbuch. die spezielle (z. b.
scheinbar plastische) form des einzel-
klischees ist kein hindernis mehr für ihre
einordnung. auf den einzelnen seiten wie
im ganzen resultiert die harmonie des
buches aus der kontrastierenden Verwen-
dung großer und kleiner, „plastischer" und
flächiger elemente, der verschiedenartigkeit
der richtungen der elemente (senkrecht —
wagerecht — schräg), und nicht zuletzt der
„positiven" bewertung des unbedruckten
raums, der bisher nur negative folie war
und jetzt, ebenso wie der bedruckte räum,
aufbauelement wird, diese gesichtspunkte
decken sich mit den grundsätzen der abso-
luten maierei, deren iniatoren zugleich die

*) die künstler der Vorkriegszeit verneinten z. b. die möglichkeit einer künstlerischen einheit des buches bei Ver-
wendung von autotypien. das steht zu den notwendigkeiten unserer zeit im Widerspruch, und die tatsächliche ent-
wicklung ist über diese anschauung schon längst hinweggegangen, büttenpapier und handkolorierte holzschnitte
gehören der Vergangenheit an.

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