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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Ewald, Kurt: Gedanken über die Formgebung im Lokomotivbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0238

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klar ersichtlich: ihre Gesamlanorclnung ist
demnach ein Moment von höchstem ästhe-
tischen Wert. Hierin liegt ein gewaltiger
Vorzug der Dampflokomotive gegenüber
anderen Maschinenarten, deren Bestim-
mungszweck nicht ohne weiteres aus der
äußeren Gestaltung geschlossen werden
kann; die ortsfeste Dampfmaschine ist los-
gelöst von der Kraftquelle, vielfach auch
von der Arbeitsmaschine; bei der elektri-
schen Lokomotive oder der Werkzeug-
............ o

maschine sucht das Auge ebenfalls unbe-
friedigt nach dem Ursprung der Kraft, der
Kraftwagen hält die Maschine unter einer
schützenden Blechhaube versteckt.
Entwickelung ungeheurer Kraft auf eng-
stem Baume, vorwärtsstrebende Geschwin-
digkeit und eine gewisse selbstverständ-
liche, der Begelmäßigkeit des Schicncn-
pfades entsprechende Buhe und Sicherheit
mögen als die Hauptmerkmale der Dampf-
lokomotive gelten, die sich schon aus der
Gesamlanorclnung heraus ableiten lassen.
Sie finden in der Formgebung ihren Aus-
druck durch Hervorheben des Kessels als
Krafterzeugers, durch sorgfältigste Aus-
nutzung von Werkstoff und Baum, durch
Betonen der wagerechten Linie in Längs-
richtung der Lokomotive sowie durch
ruhige Linien- und Flächenführung. Die
Befolgung dieser Bichtlinien führt zwangs-
läufig zu folgenden Überlegungen:

Der Kessel soll durch hohe Lage besonders
hervorgehoben werden. Der Langkessel ist
üblicherweise zylindrisch; unter Umständen
kann ein schwach nach vorn verjüngter
Kesselschuß den Eindruck vorwärtsstreben-
der Geschwindigkeit erhöhen. Der Stehkes-
sel mit dem zugehörigen Aschkasten befrie-
digt das Auge in fast jeder Form, die an
neuzeitlichen Lokomotiven zu finden ist;
schließt er unmittelbar an den zylindrischen
Langkessel an (S. 229), so trägt er zu einer
ruhigen Gesamtwirkung bei; die Ausbil-
dung nach Belpaire (S. 281 oben, S. 233)
oder eine leichte Erhöhung (S. 228) geben
eine Betonung, die dem Stehkessel als Sitz
der Kraftquelle zusteht; eine ähnliche beto-
nende Wirkung übt der breite, über dem
Bahmen liegende Hinterkessel aus (S. 2 31
unten); er bat der eingezogenen, z wischein den
Bahmenplatlen befindlichen Feuerbüchse
gegenüber (S. 282) den Vorzug, daß seine
Umrisse sichtbarsind, seine technisch zweck-
mäßige Durchbildung also leicht erkennbar
ist. Durchmesser und Länge des Kessels
richten sich nach dem Verwendungszweck
der Lokomotive. Für Güterzug- und Ge-
birgslokomotiven empfehlen sich kurze, ge-
drungen gebaute Kessel; bei schnellfahren-
den Lokomotiven pflegt durch längere Kes-
sel die wagerechte Linie stärker betont zu
werden (S. 233). Zu lange Kessel aller-
dings wirken unschön, sie'deuten auf eine

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