Richard L. F. Schulz, Berlin.
Der Formenrand der großen Glasschale tritt an der Decke so zurück, daß
er dem Beschauer nicht wahrnehmbar wird.
Richard L. F. Schulz, Berlin.
Der Fassungsring aus Metall tritt vollständig zurück; es wirkt nur die
durch das Glas abgeblendete, schattenlose Lichtquelle.
die Glühlampe, ihre Größe, Form und Leuchtkraft der Punkt,
um den sich alles dreht. Eine Glühlampe an der Decke, in
höheren Räumen an einer Schnur, genügt vollkommen für die
Beleuchtung; um Blendung zu verhindern, ist nur eine einfache
Umhüllung aus einem lichtdurchlässigen Material notwendig.
Wer die Entwicklung in der formalen Gestaltung unserer Be-
leuchtungskörper verfolgt, wird beobachten können, daß wir
immer mehr einer absolut nüchternen Gestaltung des Licht-
trägers, selbst bei den ornamentalen, zustreben. Stilkronen
oder massive Mittelkörper mit schweren Armen als Lichtträgern
und nachgeahmten Kerzenlampen verlieren immer mehr ihre
Bedeutung und bleiben das Reservat des vom Leben ab-
gekehrten konservativen Bürgers. Diese Erkenntnis macht sich
in der Beleuchtungsbranche sehr fühlbar und selbst in Frank-
reich, dem Lande alter Stiltraditionen, merkt man den Rückgang
dieser einst den Markt beherrschenden Erzeugnisse. Besonders
fühlbar wird die Abkehr von der Verwendung dieser eigen-
willigen und kompliziert gestalteten Beleuchtungskörper für die
öffentlichen Gebäude, wie Schulen, Kirchen, Behörden und
Geschäftshäuser.
Zur Herstellung von besonderen Beleuchtungskörpern bleiben
nun übrig die am Boden stehende Standlampe, die auf dem
Tisch stehende Lampe und der Wandarm. Diese Zweckleuchten
sind heute schon so in ihren Formen vereinfacht, daß es kaum
noch große Varianten gibt, wenn nicht der Schirm, der die
Glühlampen verdeckt, Unterschiede hervorruft. Eine Preis-
bildung solcher Lampen ist aber über den Rekordpreis nach
oben, der für den Laien vorschriftsmäßig festliegt, nicht mehr
möglich.
Ganz überflüssig ist und wird in Zukunft die Nachttisch-
lampe, trotz ihres noch eben ungeheuren Absatzes. Nacht-
tischlampen sind ein ornamentaler Überfluß; sie werden licht-
technisch besser durch einen Wandarm über dem Bett ersetzt.
Eine große Anzahl von Firmen in der Beleuchiungsbranche,
die ihre Produktion haben einstellen müssen, sind an der Ent-
wicklung der Dinge, wie sie oben geschildert wurde und nicht
nur an der wirtschaftlichen Lage zugrunde gegangen. Die
Firmen, die ihren Betrieb noch aufrechterhalten, können es
nur, wenn sie bei raffiniertesten maschinellen Einrichtungen,
relativ guter Qualität und niedrigster Preisbildung einen Umsatz
erreichen, der es lohnt, den Geschäftsapparat zu unterhalten.
Man spricht zum Beispiel von ca. 600 Stück Nachttischlampen
für den Gesamtpreis von 1000 Mark. Hier lohnt es sich bald,
einen automatischen Verkauf einzuführen und es ist be-
zeichnend für diesen Zustand, daß Warenhäuser Artikel
zu so niedrigem Preise, aber mit kompliziertem Ver-
sand von der Lieferung ins Haus ausschließen und das
doch nur, weil die Transportkosten den Verdienst über-
steigen. Die Schaufenster eines unserer größten Be-
leuchtungsgeschäfte, die sich über eine ganze Hausfront er-
strecken, enthalten nach meiner Schätzung Waren in einer
Verkaufssumme von kaum ein paar hundert Mark. Ich habe
diese Zustände hier angeführt, weil sie den Lauf der Ent-
wicklung und den krankhaften Run um die Belieferung des
Marktes, der nicht mehr und nicht nur eine Geschmacksfrage
ist, erklären.
Die Glühlampe läßt es sich nicht mehr gefallen, daß man
ihre Vorzüge in ein Gewand steckt, worin sie als Nebenzweck
erscheint. Sie will sich zeigen und läßt höchstens eine Um-
kleidung zu, die ihrer sachlichen Form angemessen ist. Es soll
zugegeben werden, daß es eine lichttechnisch gute und zu-
gleich in der Form schöne Lösung dieser Frage bisher noch
nicht gibt; das scheint mir daran zu liegen, daß der Licht-
techniker seine Konstruktion in bezug auf die Leistung seiner
Erzeugnisse überschätzt und die formale Ausbildung unter-
schätzt.
So wie die Dinge sich in der Beleuchtungsbranche entwickeln,
so geht es mit allen Dingen, die dazu bestimmt sind, den
Menschen in ihrer Lebensführung zu dienen. Alles geht einer
Vereinfachung entgegen; das bedeutet nicht, daß diese Dinge
in ihrer Zweckmäßigkeit häßlich zu sein brauchen; sie sind
es eigentlich nur dadurch, daß sie sich nicht gänzlich von ihrer
falschen Ornamentierung gelöst haben, die ihrem Wesen fremd
ist; sie müssen aus sich selbst heraus formal schöne Gegen-
stände werden, dann werden sie in unserer täglichen Umgebung
auch ein Schmuck sein. Will man zum Beispiel diese Eigen-
schaft einem Auto heute absprechen? Um aber noch ein
Gegenbeispiel zu nennen: Wie wenig schön sind die Radio-
apparate durch die schlechte Gestaltung ihrer Gehäuse, in
denen sich das technisch feinempfindliche, wunderbar rätsel-
hafte Aggregat befindet. Die Abneigung ästhetisch empfin-
dender Menschen gegen das Radio wird durch diese häßlichen
Kästen nicht überwunden, eher verstärkt.
Wenn ich die obigen Beispiele anführe, so sind sie nur ein
Beweis dafür, daß die Entwicklung auch in den beleuchtungs-
technischen Dingen zu einer dem ästhetisch empfindenden
Verbraucher befriedigenden Lösung führen müssen. Die be-
leuchtungstechnische Branche würde einen vollen Erfolg
deutscher Leistungen zu erwarten haben, wenn sie neben der
lichttechnischen Konstruktion mehr Wert auf eine schöne Form-
gestaltung durch Heranziehung künstlerisch begabter Bildner
legen würde.
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Der Formenrand der großen Glasschale tritt an der Decke so zurück, daß
er dem Beschauer nicht wahrnehmbar wird.
Richard L. F. Schulz, Berlin.
Der Fassungsring aus Metall tritt vollständig zurück; es wirkt nur die
durch das Glas abgeblendete, schattenlose Lichtquelle.
die Glühlampe, ihre Größe, Form und Leuchtkraft der Punkt,
um den sich alles dreht. Eine Glühlampe an der Decke, in
höheren Räumen an einer Schnur, genügt vollkommen für die
Beleuchtung; um Blendung zu verhindern, ist nur eine einfache
Umhüllung aus einem lichtdurchlässigen Material notwendig.
Wer die Entwicklung in der formalen Gestaltung unserer Be-
leuchtungskörper verfolgt, wird beobachten können, daß wir
immer mehr einer absolut nüchternen Gestaltung des Licht-
trägers, selbst bei den ornamentalen, zustreben. Stilkronen
oder massive Mittelkörper mit schweren Armen als Lichtträgern
und nachgeahmten Kerzenlampen verlieren immer mehr ihre
Bedeutung und bleiben das Reservat des vom Leben ab-
gekehrten konservativen Bürgers. Diese Erkenntnis macht sich
in der Beleuchtungsbranche sehr fühlbar und selbst in Frank-
reich, dem Lande alter Stiltraditionen, merkt man den Rückgang
dieser einst den Markt beherrschenden Erzeugnisse. Besonders
fühlbar wird die Abkehr von der Verwendung dieser eigen-
willigen und kompliziert gestalteten Beleuchtungskörper für die
öffentlichen Gebäude, wie Schulen, Kirchen, Behörden und
Geschäftshäuser.
Zur Herstellung von besonderen Beleuchtungskörpern bleiben
nun übrig die am Boden stehende Standlampe, die auf dem
Tisch stehende Lampe und der Wandarm. Diese Zweckleuchten
sind heute schon so in ihren Formen vereinfacht, daß es kaum
noch große Varianten gibt, wenn nicht der Schirm, der die
Glühlampen verdeckt, Unterschiede hervorruft. Eine Preis-
bildung solcher Lampen ist aber über den Rekordpreis nach
oben, der für den Laien vorschriftsmäßig festliegt, nicht mehr
möglich.
Ganz überflüssig ist und wird in Zukunft die Nachttisch-
lampe, trotz ihres noch eben ungeheuren Absatzes. Nacht-
tischlampen sind ein ornamentaler Überfluß; sie werden licht-
technisch besser durch einen Wandarm über dem Bett ersetzt.
Eine große Anzahl von Firmen in der Beleuchiungsbranche,
die ihre Produktion haben einstellen müssen, sind an der Ent-
wicklung der Dinge, wie sie oben geschildert wurde und nicht
nur an der wirtschaftlichen Lage zugrunde gegangen. Die
Firmen, die ihren Betrieb noch aufrechterhalten, können es
nur, wenn sie bei raffiniertesten maschinellen Einrichtungen,
relativ guter Qualität und niedrigster Preisbildung einen Umsatz
erreichen, der es lohnt, den Geschäftsapparat zu unterhalten.
Man spricht zum Beispiel von ca. 600 Stück Nachttischlampen
für den Gesamtpreis von 1000 Mark. Hier lohnt es sich bald,
einen automatischen Verkauf einzuführen und es ist be-
zeichnend für diesen Zustand, daß Warenhäuser Artikel
zu so niedrigem Preise, aber mit kompliziertem Ver-
sand von der Lieferung ins Haus ausschließen und das
doch nur, weil die Transportkosten den Verdienst über-
steigen. Die Schaufenster eines unserer größten Be-
leuchtungsgeschäfte, die sich über eine ganze Hausfront er-
strecken, enthalten nach meiner Schätzung Waren in einer
Verkaufssumme von kaum ein paar hundert Mark. Ich habe
diese Zustände hier angeführt, weil sie den Lauf der Ent-
wicklung und den krankhaften Run um die Belieferung des
Marktes, der nicht mehr und nicht nur eine Geschmacksfrage
ist, erklären.
Die Glühlampe läßt es sich nicht mehr gefallen, daß man
ihre Vorzüge in ein Gewand steckt, worin sie als Nebenzweck
erscheint. Sie will sich zeigen und läßt höchstens eine Um-
kleidung zu, die ihrer sachlichen Form angemessen ist. Es soll
zugegeben werden, daß es eine lichttechnisch gute und zu-
gleich in der Form schöne Lösung dieser Frage bisher noch
nicht gibt; das scheint mir daran zu liegen, daß der Licht-
techniker seine Konstruktion in bezug auf die Leistung seiner
Erzeugnisse überschätzt und die formale Ausbildung unter-
schätzt.
So wie die Dinge sich in der Beleuchtungsbranche entwickeln,
so geht es mit allen Dingen, die dazu bestimmt sind, den
Menschen in ihrer Lebensführung zu dienen. Alles geht einer
Vereinfachung entgegen; das bedeutet nicht, daß diese Dinge
in ihrer Zweckmäßigkeit häßlich zu sein brauchen; sie sind
es eigentlich nur dadurch, daß sie sich nicht gänzlich von ihrer
falschen Ornamentierung gelöst haben, die ihrem Wesen fremd
ist; sie müssen aus sich selbst heraus formal schöne Gegen-
stände werden, dann werden sie in unserer täglichen Umgebung
auch ein Schmuck sein. Will man zum Beispiel diese Eigen-
schaft einem Auto heute absprechen? Um aber noch ein
Gegenbeispiel zu nennen: Wie wenig schön sind die Radio-
apparate durch die schlechte Gestaltung ihrer Gehäuse, in
denen sich das technisch feinempfindliche, wunderbar rätsel-
hafte Aggregat befindet. Die Abneigung ästhetisch empfin-
dender Menschen gegen das Radio wird durch diese häßlichen
Kästen nicht überwunden, eher verstärkt.
Wenn ich die obigen Beispiele anführe, so sind sie nur ein
Beweis dafür, daß die Entwicklung auch in den beleuchtungs-
technischen Dingen zu einer dem ästhetisch empfindenden
Verbraucher befriedigenden Lösung führen müssen. Die be-
leuchtungstechnische Branche würde einen vollen Erfolg
deutscher Leistungen zu erwarten haben, wenn sie neben der
lichttechnischen Konstruktion mehr Wert auf eine schöne Form-
gestaltung durch Heranziehung künstlerisch begabter Bildner
legen würde.
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