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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Schwab, Alexander: Kleidung als Wirtschaftsfaktor
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0104

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Kleidung als Wirtschaftsfaktor

A. SCHWAB, BERLIN

Umriß und Größenordnungen

In den großen Sammelwerken der deutschen amtlichen
Statistik stehen so viele interessante Dinge, die eigentlich
jedermann zu jeder Zeit nachschlagen könnte, wenn er gerade
mal dies oder jenes wissen möchte. Aber sie werden meistens
nicht nachschlagen. Die Leute, denen das Lesen von Zahlen-
tabellen ausgesprochenen Genuß gewährt, sind seltene Käuze.
Wenn ein Thema zur Debatte steht, und man sollte dazu
wenigstens ein paar Größenordnungen kennen, so muß das
Nachschlagen meist von einem für alle besorgt werden.

Uebrigens sind gerade von Textilien und Bekleidung, denen
dieses Heft gewidmet ist, die wirtschaftlichen Größenordnungen
in weitesten Kreisen unbekannt. Dabei ist über ein Fünftel der
deutschen Industriearbeiter in diesen Wirtschaftszweigen be-
schäftigt, nämlich etwa 2,6 Millionen, und damit steht die
Gesamtheit der Gewerbezweige, die Spinnstoffe und Beklei-
dungsgegenstände erzeugen, unter den großen Produktions-
zweigen an zweiter Stelle hinter den Gewerben der Metall-
verarbeitung. Das Wort „beschäftigt" ist allerdings mit einer
Einschränkung zu verstehen, denn die zur Zeit Arbeitslosen,
Mitte März d. J. 424 000, sind mit eingerechnet.

Die Ware

Eine solche runde Gesamtzahl gibt natürlich noch kein
lebendiges Bild; man muß sie aufgliedern und zu anderen
Zahlen in Beziehung setzen. Fragen wir einmal von der Ver-
braucherseite her, indem wir uns auf Gewebe beschränken,
da ja die Produkte der Spinnereien zum größten Teil wieder
Rohstoff für die Webereien sind: was verbraucht das deutsche
Volk jährlich an Geweben? Die letzten Zahlen hierüber, die
veröffentlicht sind, sind die für das Jahr 1928, also das letzte
Jahr der Konjunktur; inzwischen wird das alles etwas weniger
geworden sein. Im Jahre 1928 also wurden in deutschen
Webereien insgesamt für 3,867 Millionen Mark Gewebe her-
gestellt, d. h. also, auf eine 65 - Millionenbevölkerung
verteilt, für etwa 59 bis 60 Mark je Kopf. Nur ein Teil
davon war zum Anziehen als Kleidung oder als Wäsche
bestimmt. Zunächst ist eine Teppichproduktion im Werte von
mehr als 166 Millionen Mark abzusetzen. Sodann die Jute-
weberei mit 148 Millionen Mark, die ein hübsches Quantum
Kartoffelsäcke u. dgl. darstellen. Ferner haben die Möbel-
stoffwebereien einen Produktionswert von reichlich 143 Mil-
lionen Mark zu präsentieren. Von diesen drei Posten kommen
der erste und der dritte mit zusammen rd. 310 Millionen Mark
als Gegenstand formgebenden Einflusses in Frage; sie mögen
jedoch hier beiseite bleiben, da sie nicht zum Bekleidungsbedarf
gehören. Wir setzen also die genannten drei Einzelposten mit
etwa 455 Millionen von dem Gesamtwert ab; in den mehr als
3,4 Milliarden, die dann übrig bleiben, werden noch einige
Millionen für Gewebe zu technischen Zwecken enthalten sein
(Luftfahrzeuge, Bereifungsindustrie u. a.), aber im groben kann
man annehmen, daß diese Gewebemengen zur Bekleidung oder
zum Gebrauch als Bett- und Tischwäsche bestimmt sind.

Von dieser Produktion wurden nun aber Teile ins Ausland
ausgeführt, und andererseits wurden auch Gewebe aus dem
Ausland nach Deutschland gebracht. Im gleichen Jahre 1928
hatte die Ausfuhr einen Wert von 1035 Millionen Mark, und
wenn man — ähnlich wie bei der Produktion — die Gewebe
für technische Zwecke und die Teppiche und Möbelstoffe
absetzt, so werden etwa 950 Millionen Mark auf ausgeführte
Gewebe für Bekleidung und Wäsche entfallen. Dem stand
eine Einfuhr bei den entsprechenden Posten von etwa 300 Mil-
lionen Mark gegenüber. Der Unterschied in Höhe von
rd. 650 Millionen Mark ist also wiederum von 3400 Millionen
einheimischer Erzeugung abzusetzen, wenn man den Wert des
einheimsichen Gewebeverbrauchs errechnen will. Man kommt
damit auf einen Betrag von etwa 2750 Millionen Mark, d. h.
etwa 42,30 Mark jährlich pro Kopf der Bevölkerung.

Doch dürfen wir uns damit nicht zufrieden geben. Denn
die Technik spielt uns einen Streich: sie hat, aufbauend auf
alten handwerklichen Grundlagen, jene Maschinen erfunden,
die mit den Methoden des Wirkens und Strickens Bekleidungs-
gegenstände erzeugen, bei denen der Umweg über den
gewebten Stoff ausgeschaltet ist, und die daher statistisch
gesondert erfaßt werden müssen. In dem respektablen Ge-
samtwert von fast 1364 Millionen Mark (wiederum 1928) der
Erzeugung stecken für über 80 Millionen gewirkte und
gestrickte Stoffe, das übrige sind Strümpfe, Socken, Hand-
schuhe, Unterkleider usw. Der Wert des Absatzes, der höher
war als der der Erzeugung, belief sich auf rd. 1620 Millionen,
wovon rd. 1336 Millionen im Inland verblieben. Auf den Kopf
der Bevölkerung entfielen hiervon Produkte im Wert von etwa
20 Mark und 55 Pfennig im Jahr, also fast noch einmal halb
so viel wie Gewebe. Diese Zahl mag manchen überraschen;
sie ist zum Teil ein Ausdruck der rasch gestiegenen und noch
keineswegs abflauenden Neigung zu billigen und dennoch
warmen Stricksachen, deren Anteil am Bekleidungsbedarf heute
sicher erheblich höher ist als vor 10 oder 20 Jahren.

Der Verbrauch

Leider läßt uns, wie so häufig, die Statistik da einiger-
maßen im Stiche, wo wir als naive Menschen geneigt
wären, mit unseren Fragen zu beginnen. Die scheinbar so
einfache Frage: wieviel gibt der Deutsche durchschnitt-
lich im Jahr für Bekleidung aus? läßt sich nicht klar
beantworten. Amtlich wird der Absatz der deutschen Be-
kleidungsindustrie für 1928 auf etwa 2 Milliarden Mark an-
gegeben; davon entfallen nach Abzug von Schuhen und
andern (hier auch sonst nicht berücksichtigten) Artikeln auf
Bekleidung nicht ganz 1800 Millionen. Da hierin die Wirk-
und Strickwaren nicht enthalten sind, müßte man diese Zahl
allein der im Inland verbliebenen Produktion der Webereien in
Höhe von 2750 Millionen gegenüberstellen — und siehe da,
es ergibt sich ein Fehlbetrag von 950 Millionen Mark. Er
dürfte sich in der Hauptsache daraus erklären, daß eben nur
ein Teil — schätzungsweise, wie sich zeigt, zwei Drittel —

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