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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Weech, Sigmund von: Handwerk und Maschine in der Weberei
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0086

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Schwerer handgewebter Trennungsvorhang
zwischen 2 Räumen. Rot in Rot.
Entwurf: Prof. S. von Weech. Ausführung:
Handweberei S. v. Weech, Schaftlach, Obb.

Stellung von Bezügen für Stühle und große Sitzmöbel, die mit
gewollter Musterung nach Maß und Form der Polster ge-
webt sind.

Harmonisch dazu abgestimmt: Vorhänge mit großzügiger
Aufteilung, Vorhänge ohne Musterwiederholung in der Zimmer-
höhe; Wandspannstoffe, nicht Meterware, sondern bewußt ge-
webt für die Ausstattung eines Raumes, mit eingewebtem Sockel,
großer Aufteilung oder frei eingewebten Motiven.

Herstellung von Teppichen auf dem Flachwebstuhl, teils
doppelseitige Ware, teils auf Jute - Untergewebe nach dem
Prinzip des Axminsterteppichs, jedoch in neuer Qualität und
neuzeitlicher Musterung. Durch das Zusammensetzen von
hierfür entworfenen Läuferbahnen können besonders hübsch
wirkende Teppiche hergestellt werden. Es ist durchaus nicht
notwendig, daß diese handgewebten Teppiche in der be-
kannten billigen und nicht sehr haltbaren Qualität der
sogenannten Flickenteppiche hergestellt werden. Man kann
starke Wollgarne aus den billigsten, heimatlichen Wollen mit
den verschiedensten Zwirn-, Flecht- und Strickeffekten dazu
als Schuß verwenden, so daß hochwertige, gutliegende Woll-
teppiche entstehen.

Außerordentlich dankbare Aufgaben für die Handweberei
sind große dekorative Vorhänge, Bühnen-, Kino-, Hallen-
vorhänge, einseitig und doppelseitig aus vielen Bahnen an-
einandergesetzt, die bewußt auf eine gute Zusammenwirkung
im Gesamtentwurf gewebt sind. Auf dieselbe Weise lassen
sich Riesenfahnen herstellen, die den großen Vorzug besitzen,
doppelseitig zu sein, d. h. daß das Bild beiderseits dasselbe
ist, obwohl die Fahne durchgehend nur aus einfachem Stoff
besteht und nirgends mehrere Stofflagen übereinander auf-
treten.

Außer den bisher aufgeführten Dekorationsstoffmöglich-
keiten hat die Handweberei eine ganz große Aufgabe in der
Herstellung hochwertiger, modischer, eleganter Damenbeklei-

dungsstoffe, deren Musterung von der Verarbeitungsart des
Kleidungsstückes abhängt. Hier muß allerdings der Hand-
weber in allerengster Zusammenarbeit mit einem modeschöpfe-
rischen Schneideratelier seine Musterung durchführen. Für
einen bestimmten Schnitt, für eine gewollte Flächen- oder
Streifenaufteilung im Kleid, für eine eingewebte Bordüre, für
Karos und Flecken, Musterungen, die modisch eben an einer
ganz bestimmten Stelle sitzen müssen, kann nur der Handstuhl
arbeiten. Sehr elegante Damenkleider, Kostüme, Blusen,
Mäntel können auf diese Weise entstehen.

Es ist sehr erstaunlich, daß gerade auf diesem Gebiet, ob-
wohl die Mode den handgewebten Stoffen sehr wohlwollend
gegenübersteht, so wenig wirklich Gutes geschaffen wurde.

Die bisher aufgeführten Gebiete der Weberei stellen indivi-
duelle, textile Einzelaufgaben dar, die restlos dem Handwerk
vorbehalten sind.

2. Es wird häufig vorkommen, daß aus einer der oben er-
wähnten textilen Einzelaufgabe allmählich eine allgemeine
Nachfrage wird.

Beispiel: Bademantel. Zunächst wird er als elegantes hoch-
wertiges Einzelmodell in relativ kleiner Auflage nur auf dem
Handstuhl herstellbar sein, da der Schußrapport über 3 m
beträgt. Erst wenn dieses Modell sich so eingeführt hat, daß
ein großer Absatz garantiert ist, kann die Industrie den Artikel
auf die Maschine legen, da nur dann sich die riesige Wechsel-
karte rentiert. Aehnlich bei Bezugstoffen, die speziell für eine
Polsterform gewebt sind. Obwohl dem Handwebereibetrieb
eigentlich ganz andere Aufgaben zufallen wie der Textil-
industrie, werden doch sehr häufig gute Handwebereien Neu-
heiten herausbringen, deren rationelle Herstellung zweifels-
ohne Aufgabe der Industrie ist. Die Ursache hierfür ist darin
zu suchen, daß der Handweber zunächst einmal seinen Stuhl
leicht für die verschiedenartigsten Gewebe umstellen kann,
daß er viel weniger riskiert mit einem neuen Muster als die

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