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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Kersting, Walter Maria: Abwehr oder Aufbau?
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0294

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Alle Außenreklame wird verboten, Geschäftsbezeichnung ist
gestattet, aber genehmigungspflichtig.

Geschäftsbezeichnung? Die Geschäftsbezeichnung ist Kennt-
lichmachung eines Geschäftsbetriebes. Sie ist an den Sitz
des Geschäftes gebunden. Natürlich ist die kürzeste Form zu
wählen. Die Schrift soll sich organisch in die Architektur ein-
fügen; zur Ausführung werden freie Künstler und Handwerker
herangezogen, über die Größe der Beschriftung und die Art
entscheidet ein amtlicher Berater. Es ist nötig, Kenner und
Kulturträger (nicht Polizei) als Berater einzusetzen mit weit-
gehenden Vollmachten und voller Verantwortung. Letzte Re-
klamationen gegen dessen Entscheid sind an eine Staatsstelle,
die hierfür zu schaffen ist, zu richten.

Alle Einzelfragen werden durch Richtlinien geregelt, um neue
Verunstaltungen durch fixe Unternehmer zu verhindern.

Außenreklame ist verboten. — Aber auch Innenreklame in
amtlichen Gebäuden, in Eisenbahnen und Straßenbahnen sowie
rahrzeugreklame jeder Art ist verboten. (Lediglich Geschäfts-
bezeichnung ist auch an Fahrzeugen sinngemäß erlaubt.)

Nur ein Ventil wird gelassen: Amtliche oder öffentliche An-
schlagflächen oder Säulen sind begrenzt zugelassen. Sehr
begrenzt.

In Schaufenstern, Läden, Wirtschaften und umbauten Ge-
schäftsräumen bleibt die Reklame frei. Um Schaufenster herum
darf keine Reklame aufgehängt werden.

Württembergisches Kunstgewerbe. Puppen von Anna Fehrle, Schwöb.-Gmünd.

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Messefahnen und Volksfestreklame werden amtlich von Fall
zu Fall zugelassen.

Hinweisschilder für Tankstellen sind verboten. Es besteht die
Möglichkeit, Tankstellen an Ortseingänge zu legen oder vor
größeren Ortschaften Auskunftsstellen einzurichten. Prinzip:
Menschen einschalten, automatische Blechreklame ausschalten!

Wenn der Volkswille auf dieses große Ziel der Erneuerung
eingestellt ist, finden sich viele neue Wege und Ideen. Ein
unerhörter Ausblick auf neue Kultur ergibt sich, ein Ausblick
auf Belebung der handwerklichen und künstlerischen Berufe.
Die Industrien allerdings, die bisher Deutschland am laufenden
Band aus Profitgier verschandelten, die Schilderfabriken,
werden sich umstellen müssen. Sie tun gut daran, ganz still
zu sein und schweigend ihren Kopf anzustrengen, was sie
Besseres unternehmen wollen. Mögen sie sich auf die künftige
anständige Neubeschriftung umstellen, oder sonst etwas anderes
fabrizieren. Einordnen werden sie sich müssen. Hier gilt ein
ganz hartes „Müssen"!

Die klare Voraussetzung: Außenreklame ist verboten —
Geschäftsbezeichnung wird kontrolliert — muß die Grundlage
zu einem Reklamegesetz bilden. Alle Einwände sind von dieser
Einstellung her glatt zu widerlegen. Und nur diese Einstellung
entspricht den neuen großen Zielen der Architektur, der Volks-
kunst, der Heimatliebe, nur diese Einstellung verspricht Erfolg!
Wer an den Erscheinungsformen einer Pest herumdoktert und
nicht den Erreger sieht, doktert vergeblich!
 
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