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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Lange, Otto: Kunstschutz für Textilerzeugnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0375

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Links: Muster VA: Musterursprung. Aufsteigendes Bandmotiv, das in einer Spirale endet. Das Blattmotiv ist hell und dunkel geteilt und ist an den
Abwinkelungen des Bandmotives angebracht; Ornament und Grundfläche werden durch ein die Bewegung betonendes Strichmotiv zusammengefaßt.
Zwischendurch ist als Motiv noch eine Linie mit hellen und gefüllten Kreisen angebracht. Kunstschutzfähig.

Mitte : Muster V B: Das Bandmotiv ist von VA übernommen. Verändert ist die Endigung desselben in einen Umschlag. An Stelle der an einer
Linie aufgereihten Kreise ist die Rosette getreten. Die Bewegung des Bandmotives ist durch ein strahlenförmiges lineares Motiv stark betont. Blatt-
motiv hell und dunkel wie bei VA. Der Musterausdruck von VB ist durch die kleinen Unterschiede gegen VA nicht wesentlich verändert und es
besteht hier Verwechslungsgefahr. Verbotene Nachbildung.

Rechts : Muster V C hat in der Idee Ähnlichkeit mit Muster V A, aber die eigenartige Anwendung der Motive zeigt einen ganz idividuellen Muster-
ausdruck. Das Entlehnte oder die künstlerische Anregung ist bei V C selbständig und eigentümlich verarbeitet worden. Erlaubte Anregung. Kunstschutzfähig.

Gesetz 1907. Die freie Benutzung eines Werkes ist zulässig,
wenn dadurch eine eigentümliche Schöpfung hervorgebracht
wird.

Verbotene Nachbildung ist es aber, wenn in derselben nur
andere räumliche Ausmessungen oder andere Farben an-
gewendet wurden, oder wenn sie sich vom Original nur durch
solche Abänderungen unterscheidet, welche nur bei Anwendung
besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können.
Verboten ist die Nachbildung auch, wenn sie zwar nicht nach
dem Original selbst, wohl aber nach einer Nachbildung des-
selben nachgebildet wurde. Nicht verboten ist die Anfertigung
einer Einzelnachbildung, die nicht gewerbsmäßig verbreitet
werden soll, sondern nur für den eigenen Gebrauch gedacht
ist. Grundsatz des Urheberrechts ist überall: Verboten ist die
Wiedergabe eines Werkes in den wesentlichen Zügen seiner
Erscheinung; erlaubt ist die Benutzung eines Werkes als An-
regung zu einer in der Hauptsache selbständigen Schöpfung.
Das Gesetz verlangt für die Zulässigkeit der Benutzung eines
Werkes, daß diese eine freie ist, und daß dadurch eine eigen-
tümliche Schöpfung hervorgebracht wird. Eine schöpferische
Tätigkeit, wie sie für die Urheberschaft bei Werken der bil-
denden Künste (Kunstgewerbe eingeschlossen) vorausgesetzt
werden muß, ist stets mit einem gewissen Grade von Origina-
lität notwendig verbunden. Dieser wird aber nicht ausgeschlos-
sen dadurch, daß der schaffende Künstler an vorhandene Werke
sich anlehnt, ihnen einzelne Motive, Gedanken, den Stil, die

.Manier usw. entnimmt, wenn er nur im übrigen seinem Werke
individuelle Züge aufzuprägen vermag. Auch die Benutzung
eines allgemein bekannten Motives braucht die Originalität
einer Schöpfung nicht zu beeinträchtigen, wenn nur in dieser
das Motiv individuell ausgestaltet ist. Dadurch wird aber das
Motiv nicht zugunsten des Urhebers mit Beschlag belegt. Jeder
andere kann es ebenso verwenden, nur darf er es nicht in
der eigentümlichen Form tun, in der es von jenem benutzt
worden ist. Es genügt also nicht eine Veränderung, welche im
Wesentlichen die Identität des Originales unberührt läßt, sollte
auch die Veränderung noch so umfassend und auf den ersten
Blick erkennbar sein. Es darf, wenn die Benutzung gestattet
sein soll, nicht eine Aneignung des Originales in seinem wesent-
lichen Bestände vorliegen, sondern nur eine freie Benutzung,
d. h. derjenige, der das Werk des anderen benutzt, muß sich
von dem Banne der Individualität dieses anderen Urhebers
freigemacht, sich auf eigene Füße gestellt, etwas Selbständiges,
wesentlich anderes geschaffen haben. Sein Werk muß im
ganzen, nicht nur in Einzelheiten, gegenüber dem anderen
Werke eine eigentümliche Schöpfung sein. Aus dem an-
geführten Gesetzeswortlaut und seinen Kommentaren ist klar
und eindeutig zu erkennen, daß es falsch ist, wenn Gesetzes-
gegner davon sprechen, daß das Kunstschutzgesetz in seiner
Auswirkung entwicklungsfeindlich sei. Das Gesetz schützt bei
aller Freiheit der Benutzung anderer Werke zur künstlerischen
Anregung jedem sein geistiges, schöpferisches, individuelles
Eigentum.

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