— NT a a HR A
HON VL NS I
M X . nevunſpo DUL O ME
Aittwoch,
Eeraxtwarti. Mebaktenr HI, Xlausner in Heibelbers.
Fyjdeint täglig außer Nontag. Nbonnementäpreis mit beus
EBentl. Nuterdaliungsbiatt Heidelberg: monatlig 50 8
mu Wrägerlodn, barg bie Boft beiogen viertelj. 1 ® A
ahne Baſteliungigebuhr.
6. Zanuar.
vru unb Berlas von Wurm & Bfef fer in Heibelbert ˖
Iypebition Brunnengaffe M
Mngeigen: vie I-fpaltige Betitzeile ober deren Raum 5 A
fir Auswäris 10 &. Meclame 30 &. Bei meHrmaligem
erſcheinen Nadatt.
M 4,
— — —
MAbonnements-Cinladung.
Mit dem 1. Januar begann ein neues Abon-
nement auf das
Heidelberger Tageblatt
(General⸗Auzeiger)
zu welchem wir hiermit ganz erzebenſt einladen.
Der Preis iſt der billigfte aller täglich erſcheinen-
den Blatter, er betrãgt nur Mt. 1.65 frei in's Haus,
bei dem Poſtſchalter abgeholt nur Wl. 1,25- In
Heidelberg urd nächſter Umgebung monatlich
50 Vfg. einſchießlich Trägerlohn.
Beſtellungen nehmen alle Poſtanſtalten und
Landbriefträger, ſowie unſere auswärtigen Herren
Agenten und hier unſere Trägerinnen jederzeit enigegen.
ZIuſerate in dem „Heidelberger Tageblatt“ fichern
bei der ſehr großen Verbreitung den beſten Erfolg
und werden billigſt berechnet. Bei Wiederholungen
bedeutender Rabaͤtt.
Die Exyedition.
Deutſches Keich.
Berlin, 3. Jan. In wenigen Tagen beginnt
hier das parlamentariſche Leben wieder, und zwar
wird es fich alsbald in uͤberreicher Fuͤlle entfalten,
da neben dem Reichstag der preuͤßiſche Landtag
ſeine Thaͤtigleit beginnen wird. Dieſer zweite und
größere Theil der parlamentariſchen Arbeit wird
ohne Zweifel unter heftigen Kämpfen verlaufen.
Man braucht nur an das Branntweinmonopol, das
Soztaliſtengeſetz, die Vorlagen kolonialpolitiſchen In-
halts zu erinnern, auch wenn die Erneuerung des
Vilitarſeptenats einſtweilen noch zuruͤckgeſtellt wird.
Dað Sozialiſtengeſetz hat zwelfelhafte, das Brannt-
weinmonopol ſchlechte Ausſichten im Reichstag. Die
Legierungspreſſe hat mit Beſtimmtheit ertlärt, die
Aufloͤſung des Reichstags ſei auch für den Fall
großer paͤrlamentariſcher Niederlagen nicht in Aus-
ficht genommen, und wir haben keine Urſache, an
der Wahrheit dieſer Verkündigung zu zweifeln, zu-
mal die radikale Oppoſition Reuwaͤhlen unter dem
Zeichen des Branntweinmonopols offenbar herbeige-
ſehnt. Indeſſen, wenn auch die Regierung parla-
mentariſche Niederlagen ebenſo leicht nimint, wie
muß in den nächſten Wochen zur Entladung kom-
men. — Beim Ruͤckblick auf die Regierungsthäͤtig-
keit des Kaiſers Wilhelm aus Anlaß ſeines Jubi-
läums ſchreibt die „Frkf gtg!: „Seit den Tagen
des erſten Napoleon hat kein Herrſcher die Welt
mit dem Ruhme ſolcher Kriegsthaten erfuͤllt, wie
König Wilhelm, hat kein Heer fich unter genialen
Führern glänzender bewährt, als das preußiſche
und deutſche, keines im Kampf und Sieg durch
Muth, Ausdauer, Manneszucht und hohen Sinn die
Tuchtigkeit eines Vollsheers kraͤftiger bethaͤtigt, und
die Gerechtigkeit heiſcht es, zu belennen, daß König
Wilhelm als Kriegoͤherr in allen dieſen Eigenſchaften
dem Heere ein leuͤchtendes Vorbild geweſen iſt.“
— Es folgt ein beſonderer Hinblick auf den Krieg
von 1864 mit Dänemark und auf den Krieg von
1866. In Anknuͤpfung an die Ereigniſſe des letz-
teren Jahres heißt es dann weiter: „Nicht klagen
und anklagen wollen wir, denn zum Theil iſt ja
die Sühne geſchehen. Was der Krieg, der Preußen
zur erſten Macht Europas erhob, geſchieden hatte,
das führte vier Jahre ſpäter ein anderer Krieg
wieder zuſammen um es fuͤr alle Zeiten zu einigen.
Nicht mehr gegeneinander gerichtet zeigten ſich
die deutſchen Fahnen, ſondern zuſammen geſchaart
zur Abwehr gegen einen frebelhaften Angriff auf
unfere Exiſtenz und unſere nationale Ehre. Wie
Alldeutſchland den verblendeten Deſpoten nieder-
warf, wie es von Sieg zu Sieg ſchritt, auch die
aufgerufene Volkskraft deß verzweifelten Frankreichs
niederwerfend, wie es in des Felndes Hauptſtadt
einzog und im Schloſſe des 14. Ludwig des Be-
fiegten den Frieden diktirte; das Alles ſteht in ewig
leuͤchtenden Lettern im Buche der Geſchichte ver-
zeichnet. Und noch leuchtender der Gewinn, den
die Nation aus diefen denkwuͤrdigen Kämpfen heim-
brachte, die Erfüllung des Sehnens von Jahrhun-
derten, die Erlöſung aus der Zeriſſenheit, die na-
ionale Einheit, die in dem Wiederaufleben des
deutſchen Kaiſerthums und in einer Nationalver-
tretung ihren vollen Ausdruck fand. 15 Friedens-
jahre find ſeitdem gefolgt, Fruͤchte einer weiſen, be-
fonnenen Politik. Was anfänglich die Welt mit
Furcht und Mißtrauen erfuͤllt hatte, iſt gewichen
gemacht, daß Deutſchland nur den eigenen Beſitz
huͤten und ſchützen, aber keinen Fremden antaſten
1
1886.
will. In den Mittelpunkt der europäiſchen Politit
geſtellt, hat Deutſchland, das einſt von dem 3. Na-
poleon durch die That zur Lüge geſtempelte Wort,
daß das Kaiſerreich der Friede ſei, zu einer ſegens-
reichen Wahrheit gemacht und es bleibt nur zu
wuͤnſchen, daß es uns bald auch den Tag bringe, an
welchem Deutſchland mit den anderen Staaten die
ſchwere Macht des bewaffneten Friedens, die gleich-
mäßig Alle druͤckt, erleichtern wird. Dem Kaiſer
Wilhelm aber bleibt der Ruhm, wie als Criegs-
held, ſo auch als Friedensfuͤrſt die erſte Stelle ein-
genommen zu haben . . .
Berlin, 3. Jan. In politiſchen Kreiſen kurſirt
das Gerücht, daß der Kaiſer am heutigen Jubiläums-
tage das Dokument unterzeichnet habe, welches eine
allgemeine Amneſtie für politiſche Vergehen verkündet,
eine Kunde, die allerwärts, wohin die bisher unbe-
glaubigte Nachricht drang, die ſchon gehobene Feſtſtim-
mung ungemein erhöhte.
Rußland.
Petersburg, 4. Jan. Zur Feier des Re-
gierungsjubilaums des Kaiſers Wilhelm fanden
geſtern Feſtgottesdienſte in der deutſchen reformirten
Kirche und in der katholiſchen Katharinenkirche ſtatt.
Nachmittags hatte fich Großfuͤrſt Wladimir in preußi-
ſcher Galauniform mit dem Bande des Schwarzen
Adlerordens in die deutſche Botſchaft begeben und
den Botſchafter General v. Schweinitz erſucht, dem
deutſchen Kaiſer die Glückwünſche des ruſſiſchen
Kaiſers, ſowie ſeine eigenen, des Großfürſten, zu
ü bermitteln.
Spanien.
Madrid, 2. Jan. Die republikaniſchen Abge-
ordneten hatten heute eine Unterredung mit Sagaſta,
welcher ihnen erklärte, daß die Regierung ſich jeder
ihrer Interpellationen widerſetzen werde. Da die
Republikaner nicht genug Leute haben, wandten fie
ſich um Unterſtützung ihrer Anträge an andere
Gruppen, erhielten aber überall Körbe. Nur General
Lopez Dominguez ſchien Ntigung zu haben. Die
Republikaner wollen namentlich ihr Muͤtchen an der
Karolinenfrage gelegentlich der Berathung KMihlen,
welcher die Verlaͤngerung des ſpaniſch⸗deutſchen
Handelsvertrages unterworfen ſein wird. „El
Miberal“ meldet, daß Don Carlos eine Verſammlung
der Notabeln ſeiner Partei einberufen wolle, um
Ein Spiel des 3ufalls.
Roman von Ewald Auguſt König.
(79. Fortſetzung.)
14. Rapitel.
Abgewieſen.
Dora hatte ſich in der Vermuthung, daß Sonnen-
berg die entſcheidende Frage ſchon bald an fie rich-
ten werde, nicht getäuſcht.
Sie las den Entſchluß in ſeiner Miene, als er
kurz vor Mittag bei ihr eintrat; ſie ſah den ver-
ſtohlenen, bedeutungsvollen Blid, den er ihrer Ge-
ſellſchafterin zuwarf, und ihr Groll gegen dieſen
Gluͤcksritter erwachte wieder in ſeiner ganzen Fuͤlle
in ihrer Seele.
Seitdem ſie wußte, was der Criminalbeamte in
London uͤber dieſen Mann erfahren hatte, haßte fie
ihn; fie wuͤrde viel darum gegeben haben, hätte fie
ihm in dieſem Augenblick die furchtbare Anklage,
daß er ein Moörder ſei, in's Geſicht ſchleudern
durfen.
In ſeiner gewohnten liebenswürdigen Weiſe
hatte er ihre Haͤnd an ſeine Lippen gezogen und
ihr gegenüber Platz genommen.
Ich darf wohl hoffen, daß es in Ihrem Innern
nun ruhiger geworden iſt,“ fagte er, und ſein Blick
ſtreifte dabei lauernd ihr ſchönes Geficht Sie
werden fich mit der unabänderlichen Thatſache ab-
gefunden und ſicherlich den verſtändigen Vorſatz ge-
faßt haben, den Unwuͤrdigen zu vergeſſen.“
„Die Vorausſetzung könnte falſch ſein,“ erwiderte
Dora mit erzwungener Ruhe.
„Ich glaube das nicht, ſchon deßhalb nicht,
weil Sie der Ruͤckfichten eingedenk ſein müſſen, die
Sie Ihrer Ehre und Ihrer Stellung in der Ge-
ſellſchaft ſchulden. Sie müffen mir geſtatten, daß
ich noch einmal auf das Thema zurückkomme, das
Madame Henning vor einigen Tagen zur Sprache
brachte. Ich muß es Ihretwegen thun, gnädige
Frau; die böſen Zungen werden immer unverx-
ſchämier, und wenn ich das nicht dulden will, ſo
fragt man mich höhniſch, was mich berechtige für
Sie in die Schranken zu treten.“
„Das klingt ja ſehr beunruhigend, ſagte Dora
in einem Tone der halb ärgerlich, halb ſpöttiſch
klang. „Was habe ich denn ſo Schlimmes ver-
brochen?⸗
Nichts weiter, als daß ſie ſich nicht öffentlich
von dem Verbrecher losgeſagt haben,“ antwortete
Sonnenberg, und wieder träf aus ſeinen leiden-
ſchaftlich glühenden Augen ein bedeutungsvoller
Blick die Geſellſchafterin, die geraͤuſchlos das Zim-
mer verließ.
„Muß ſich denn nicht Jeder ſagen, daß von einem
Foribeſtehen dieſer Verlobung nicht mehr die Rede
fein könne?“
„Gewiß, aber trotzdem hält man an dem Glau-
ben feſt, daß Sie auch jetzt noch mit ihm verlobt
ſeien!“
„Und wie kann ich Sie vom Gegentheil uͤber-
zeugen 2“
„Nichts leichter als das!“ ſagte er in leiden-
ſchaftlicher Erregung, indem er ihre Hand erfaßte,
die fie ihm haſtig wieder entzog. Dora, Sie
wiffen, wie ſehr ich Sie liebe, Siẽ müfjen es längft
entdeckt haben, machen Sie mich gluͤcklich, indem
Sie mir die Rechte eines Verlobten einräumen.
Dann wird Niemand mehr wagen, Sie anzugreifen
oder Ihren Namen mit dem eines Verbrechers in
irgend welche Verbindung zu bringen.“
Sie ſenkte für einen Moment die Wimpern, er
ſollte in ihren Augen nicht leſen, wie jäh der Zorn
in ihrem Innern aufloderte.
Die Röthe auf ihren Wangen deutete er zu
ſeinen Gunſten, er ſah nicht den herben trotzigen Zug,
der um ihre Mundwinkel lag.
„Ich brauche Ihnen wohl nicht zu ſagen, daß
ich Sie auf meinen Haͤnden durch'ss Leben tragen
werde,“ fuhr er fort, „ich weiß, Sie geben auf dieſe
Redensarten nichts, und ich finde auch keine Worte,
um die Gefühle, die ich fuͤr Sie hege, ſo zu ſchil-
dern, wie ich es gern möchte. Ich kann Sie nur
bitten, vertrauen Sie Ihr Geſchick und Ihre Zu-
kunft vertrauensvoll mir an, und mein einziges
Streben ſoll dahin gerichtet ſein, Sie gluͤcklich zu
machen! Ueber meine Verhaͤltniſſe, meine Ausſichten
für die Zukunft und die Eigenſchaft meines Charatters
werden ſie unterrichtet ſein, es iſt in Alledem nichts,
was Sie beunruhigen oder Ihnen Mißtrauen ein-
flößen könnte.“
„Nichts?“ unterbrach Dora ihn, unfähig ihrer
Entruͤſtung ſiber dieſes herausfordernde Elgenlob
zu gebieten. „So ficher möchte ich das doch nicht
behaupten.“
„Und worauf gründen Sie Ihre Zweifel?“
fragte er betroffen.
„Ich habe manche Gründe dafuͤr.“
„Die Sie mir nennen müſſen, damit ich fie
widerlegen kann.“
HON VL NS I
M X . nevunſpo DUL O ME
Aittwoch,
Eeraxtwarti. Mebaktenr HI, Xlausner in Heibelbers.
Fyjdeint täglig außer Nontag. Nbonnementäpreis mit beus
EBentl. Nuterdaliungsbiatt Heidelberg: monatlig 50 8
mu Wrägerlodn, barg bie Boft beiogen viertelj. 1 ® A
ahne Baſteliungigebuhr.
6. Zanuar.
vru unb Berlas von Wurm & Bfef fer in Heibelbert ˖
Iypebition Brunnengaffe M
Mngeigen: vie I-fpaltige Betitzeile ober deren Raum 5 A
fir Auswäris 10 &. Meclame 30 &. Bei meHrmaligem
erſcheinen Nadatt.
M 4,
— — —
MAbonnements-Cinladung.
Mit dem 1. Januar begann ein neues Abon-
nement auf das
Heidelberger Tageblatt
(General⸗Auzeiger)
zu welchem wir hiermit ganz erzebenſt einladen.
Der Preis iſt der billigfte aller täglich erſcheinen-
den Blatter, er betrãgt nur Mt. 1.65 frei in's Haus,
bei dem Poſtſchalter abgeholt nur Wl. 1,25- In
Heidelberg urd nächſter Umgebung monatlich
50 Vfg. einſchießlich Trägerlohn.
Beſtellungen nehmen alle Poſtanſtalten und
Landbriefträger, ſowie unſere auswärtigen Herren
Agenten und hier unſere Trägerinnen jederzeit enigegen.
ZIuſerate in dem „Heidelberger Tageblatt“ fichern
bei der ſehr großen Verbreitung den beſten Erfolg
und werden billigſt berechnet. Bei Wiederholungen
bedeutender Rabaͤtt.
Die Exyedition.
Deutſches Keich.
Berlin, 3. Jan. In wenigen Tagen beginnt
hier das parlamentariſche Leben wieder, und zwar
wird es fich alsbald in uͤberreicher Fuͤlle entfalten,
da neben dem Reichstag der preuͤßiſche Landtag
ſeine Thaͤtigleit beginnen wird. Dieſer zweite und
größere Theil der parlamentariſchen Arbeit wird
ohne Zweifel unter heftigen Kämpfen verlaufen.
Man braucht nur an das Branntweinmonopol, das
Soztaliſtengeſetz, die Vorlagen kolonialpolitiſchen In-
halts zu erinnern, auch wenn die Erneuerung des
Vilitarſeptenats einſtweilen noch zuruͤckgeſtellt wird.
Dað Sozialiſtengeſetz hat zwelfelhafte, das Brannt-
weinmonopol ſchlechte Ausſichten im Reichstag. Die
Legierungspreſſe hat mit Beſtimmtheit ertlärt, die
Aufloͤſung des Reichstags ſei auch für den Fall
großer paͤrlamentariſcher Niederlagen nicht in Aus-
ficht genommen, und wir haben keine Urſache, an
der Wahrheit dieſer Verkündigung zu zweifeln, zu-
mal die radikale Oppoſition Reuwaͤhlen unter dem
Zeichen des Branntweinmonopols offenbar herbeige-
ſehnt. Indeſſen, wenn auch die Regierung parla-
mentariſche Niederlagen ebenſo leicht nimint, wie
muß in den nächſten Wochen zur Entladung kom-
men. — Beim Ruͤckblick auf die Regierungsthäͤtig-
keit des Kaiſers Wilhelm aus Anlaß ſeines Jubi-
läums ſchreibt die „Frkf gtg!: „Seit den Tagen
des erſten Napoleon hat kein Herrſcher die Welt
mit dem Ruhme ſolcher Kriegsthaten erfuͤllt, wie
König Wilhelm, hat kein Heer fich unter genialen
Führern glänzender bewährt, als das preußiſche
und deutſche, keines im Kampf und Sieg durch
Muth, Ausdauer, Manneszucht und hohen Sinn die
Tuchtigkeit eines Vollsheers kraͤftiger bethaͤtigt, und
die Gerechtigkeit heiſcht es, zu belennen, daß König
Wilhelm als Kriegoͤherr in allen dieſen Eigenſchaften
dem Heere ein leuͤchtendes Vorbild geweſen iſt.“
— Es folgt ein beſonderer Hinblick auf den Krieg
von 1864 mit Dänemark und auf den Krieg von
1866. In Anknuͤpfung an die Ereigniſſe des letz-
teren Jahres heißt es dann weiter: „Nicht klagen
und anklagen wollen wir, denn zum Theil iſt ja
die Sühne geſchehen. Was der Krieg, der Preußen
zur erſten Macht Europas erhob, geſchieden hatte,
das führte vier Jahre ſpäter ein anderer Krieg
wieder zuſammen um es fuͤr alle Zeiten zu einigen.
Nicht mehr gegeneinander gerichtet zeigten ſich
die deutſchen Fahnen, ſondern zuſammen geſchaart
zur Abwehr gegen einen frebelhaften Angriff auf
unfere Exiſtenz und unſere nationale Ehre. Wie
Alldeutſchland den verblendeten Deſpoten nieder-
warf, wie es von Sieg zu Sieg ſchritt, auch die
aufgerufene Volkskraft deß verzweifelten Frankreichs
niederwerfend, wie es in des Felndes Hauptſtadt
einzog und im Schloſſe des 14. Ludwig des Be-
fiegten den Frieden diktirte; das Alles ſteht in ewig
leuͤchtenden Lettern im Buche der Geſchichte ver-
zeichnet. Und noch leuchtender der Gewinn, den
die Nation aus diefen denkwuͤrdigen Kämpfen heim-
brachte, die Erfüllung des Sehnens von Jahrhun-
derten, die Erlöſung aus der Zeriſſenheit, die na-
ionale Einheit, die in dem Wiederaufleben des
deutſchen Kaiſerthums und in einer Nationalver-
tretung ihren vollen Ausdruck fand. 15 Friedens-
jahre find ſeitdem gefolgt, Fruͤchte einer weiſen, be-
fonnenen Politik. Was anfänglich die Welt mit
Furcht und Mißtrauen erfuͤllt hatte, iſt gewichen
gemacht, daß Deutſchland nur den eigenen Beſitz
huͤten und ſchützen, aber keinen Fremden antaſten
1
1886.
will. In den Mittelpunkt der europäiſchen Politit
geſtellt, hat Deutſchland, das einſt von dem 3. Na-
poleon durch die That zur Lüge geſtempelte Wort,
daß das Kaiſerreich der Friede ſei, zu einer ſegens-
reichen Wahrheit gemacht und es bleibt nur zu
wuͤnſchen, daß es uns bald auch den Tag bringe, an
welchem Deutſchland mit den anderen Staaten die
ſchwere Macht des bewaffneten Friedens, die gleich-
mäßig Alle druͤckt, erleichtern wird. Dem Kaiſer
Wilhelm aber bleibt der Ruhm, wie als Criegs-
held, ſo auch als Friedensfuͤrſt die erſte Stelle ein-
genommen zu haben . . .
Berlin, 3. Jan. In politiſchen Kreiſen kurſirt
das Gerücht, daß der Kaiſer am heutigen Jubiläums-
tage das Dokument unterzeichnet habe, welches eine
allgemeine Amneſtie für politiſche Vergehen verkündet,
eine Kunde, die allerwärts, wohin die bisher unbe-
glaubigte Nachricht drang, die ſchon gehobene Feſtſtim-
mung ungemein erhöhte.
Rußland.
Petersburg, 4. Jan. Zur Feier des Re-
gierungsjubilaums des Kaiſers Wilhelm fanden
geſtern Feſtgottesdienſte in der deutſchen reformirten
Kirche und in der katholiſchen Katharinenkirche ſtatt.
Nachmittags hatte fich Großfuͤrſt Wladimir in preußi-
ſcher Galauniform mit dem Bande des Schwarzen
Adlerordens in die deutſche Botſchaft begeben und
den Botſchafter General v. Schweinitz erſucht, dem
deutſchen Kaiſer die Glückwünſche des ruſſiſchen
Kaiſers, ſowie ſeine eigenen, des Großfürſten, zu
ü bermitteln.
Spanien.
Madrid, 2. Jan. Die republikaniſchen Abge-
ordneten hatten heute eine Unterredung mit Sagaſta,
welcher ihnen erklärte, daß die Regierung ſich jeder
ihrer Interpellationen widerſetzen werde. Da die
Republikaner nicht genug Leute haben, wandten fie
ſich um Unterſtützung ihrer Anträge an andere
Gruppen, erhielten aber überall Körbe. Nur General
Lopez Dominguez ſchien Ntigung zu haben. Die
Republikaner wollen namentlich ihr Muͤtchen an der
Karolinenfrage gelegentlich der Berathung KMihlen,
welcher die Verlaͤngerung des ſpaniſch⸗deutſchen
Handelsvertrages unterworfen ſein wird. „El
Miberal“ meldet, daß Don Carlos eine Verſammlung
der Notabeln ſeiner Partei einberufen wolle, um
Ein Spiel des 3ufalls.
Roman von Ewald Auguſt König.
(79. Fortſetzung.)
14. Rapitel.
Abgewieſen.
Dora hatte ſich in der Vermuthung, daß Sonnen-
berg die entſcheidende Frage ſchon bald an fie rich-
ten werde, nicht getäuſcht.
Sie las den Entſchluß in ſeiner Miene, als er
kurz vor Mittag bei ihr eintrat; ſie ſah den ver-
ſtohlenen, bedeutungsvollen Blid, den er ihrer Ge-
ſellſchafterin zuwarf, und ihr Groll gegen dieſen
Gluͤcksritter erwachte wieder in ſeiner ganzen Fuͤlle
in ihrer Seele.
Seitdem ſie wußte, was der Criminalbeamte in
London uͤber dieſen Mann erfahren hatte, haßte fie
ihn; fie wuͤrde viel darum gegeben haben, hätte fie
ihm in dieſem Augenblick die furchtbare Anklage,
daß er ein Moörder ſei, in's Geſicht ſchleudern
durfen.
In ſeiner gewohnten liebenswürdigen Weiſe
hatte er ihre Haͤnd an ſeine Lippen gezogen und
ihr gegenüber Platz genommen.
Ich darf wohl hoffen, daß es in Ihrem Innern
nun ruhiger geworden iſt,“ fagte er, und ſein Blick
ſtreifte dabei lauernd ihr ſchönes Geficht Sie
werden fich mit der unabänderlichen Thatſache ab-
gefunden und ſicherlich den verſtändigen Vorſatz ge-
faßt haben, den Unwuͤrdigen zu vergeſſen.“
„Die Vorausſetzung könnte falſch ſein,“ erwiderte
Dora mit erzwungener Ruhe.
„Ich glaube das nicht, ſchon deßhalb nicht,
weil Sie der Ruͤckfichten eingedenk ſein müſſen, die
Sie Ihrer Ehre und Ihrer Stellung in der Ge-
ſellſchaft ſchulden. Sie müffen mir geſtatten, daß
ich noch einmal auf das Thema zurückkomme, das
Madame Henning vor einigen Tagen zur Sprache
brachte. Ich muß es Ihretwegen thun, gnädige
Frau; die böſen Zungen werden immer unverx-
ſchämier, und wenn ich das nicht dulden will, ſo
fragt man mich höhniſch, was mich berechtige für
Sie in die Schranken zu treten.“
„Das klingt ja ſehr beunruhigend, ſagte Dora
in einem Tone der halb ärgerlich, halb ſpöttiſch
klang. „Was habe ich denn ſo Schlimmes ver-
brochen?⸗
Nichts weiter, als daß ſie ſich nicht öffentlich
von dem Verbrecher losgeſagt haben,“ antwortete
Sonnenberg, und wieder träf aus ſeinen leiden-
ſchaftlich glühenden Augen ein bedeutungsvoller
Blick die Geſellſchafterin, die geraͤuſchlos das Zim-
mer verließ.
„Muß ſich denn nicht Jeder ſagen, daß von einem
Foribeſtehen dieſer Verlobung nicht mehr die Rede
fein könne?“
„Gewiß, aber trotzdem hält man an dem Glau-
ben feſt, daß Sie auch jetzt noch mit ihm verlobt
ſeien!“
„Und wie kann ich Sie vom Gegentheil uͤber-
zeugen 2“
„Nichts leichter als das!“ ſagte er in leiden-
ſchaftlicher Erregung, indem er ihre Hand erfaßte,
die fie ihm haſtig wieder entzog. Dora, Sie
wiffen, wie ſehr ich Sie liebe, Siẽ müfjen es längft
entdeckt haben, machen Sie mich gluͤcklich, indem
Sie mir die Rechte eines Verlobten einräumen.
Dann wird Niemand mehr wagen, Sie anzugreifen
oder Ihren Namen mit dem eines Verbrechers in
irgend welche Verbindung zu bringen.“
Sie ſenkte für einen Moment die Wimpern, er
ſollte in ihren Augen nicht leſen, wie jäh der Zorn
in ihrem Innern aufloderte.
Die Röthe auf ihren Wangen deutete er zu
ſeinen Gunſten, er ſah nicht den herben trotzigen Zug,
der um ihre Mundwinkel lag.
„Ich brauche Ihnen wohl nicht zu ſagen, daß
ich Sie auf meinen Haͤnden durch'ss Leben tragen
werde,“ fuhr er fort, „ich weiß, Sie geben auf dieſe
Redensarten nichts, und ich finde auch keine Worte,
um die Gefühle, die ich fuͤr Sie hege, ſo zu ſchil-
dern, wie ich es gern möchte. Ich kann Sie nur
bitten, vertrauen Sie Ihr Geſchick und Ihre Zu-
kunft vertrauensvoll mir an, und mein einziges
Streben ſoll dahin gerichtet ſein, Sie gluͤcklich zu
machen! Ueber meine Verhaͤltniſſe, meine Ausſichten
für die Zukunft und die Eigenſchaft meines Charatters
werden ſie unterrichtet ſein, es iſt in Alledem nichts,
was Sie beunruhigen oder Ihnen Mißtrauen ein-
flößen könnte.“
„Nichts?“ unterbrach Dora ihn, unfähig ihrer
Entruͤſtung ſiber dieſes herausfordernde Elgenlob
zu gebieten. „So ficher möchte ich das doch nicht
behaupten.“
„Und worauf gründen Sie Ihre Zweifel?“
fragte er betroffen.
„Ich habe manche Gründe dafuͤr.“
„Die Sie mir nennen müſſen, damit ich fie
widerlegen kann.“