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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1886

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No. 280 - No. 289 (1. Dezember - 11. Dezember)
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Bu
Eutere und Expedition: Brunnengaſſe 24.


Buchdruckerei und Expedition: Brunnengaſſe 24-



18 289. Verantwortl. — Klausner
—— 3.

Berlin,

f





‚ Deutſches Reich.

8. Dez. Den Mitgliedern der Militärkom-
N des Reichstages find die Zahlenaufſtellungen über
———— —— der europäiſchen Staaten zugegangen; der
| den. hgi)fett wird dieſes Maͤterial nicht zugänglich wer-
juihl \ Stiege Sit Dören, daß damit die Anfhläffe, welde der
niey 09 1 — nach ſeiner Zuſage im Plenum der Kom-
4 * machen wollte, noch nicht erſchöpft ſind, weiteres
e Reht Vl noch zu erwarten ſei. Abheoͤrdnete, welche mit
24 8 rungskreiſen Fühlılng haben, derſichern, die Regie-
* Werde auch in der Kommiſſion die Verſuche fort-
Aehui 4 * die zweite Leſung der Vorlage noch vor den Weih-
— den f\enen___abbaiten zu laſſen und alles zu thun, wie
haft, JaNGR ] id)uff ommiſſionsarbeiten größtmöglichſte Zeit zu ver-
en StO® il en ei.

des Die Kommifjion für die Militär-
ähgege hielt heute unter zahlreicher Betheiligung von
Siba Tdneten und Mitgliedern des Bundesrathes ihre erſte
| die 8* ab. Nach kuͤrzer Geſchäftsordnungsdebatte über
Ni beimhaltung gewijjer Ziffern, welcher Richter wider-
— theilte wie wir einem Telegramm der „Fr. Ztg:“
Neii * der Kriegsminiſter mit, die Vorlage habe Eile,
Nom. °S Wobitmaͤchungsgeſetz am 1. April beginne.





2




E
*







— * Geſetz nicht bis 1. Januar zu Stande, ſo
ck t Nr 16 nothwendige Aenderung in der Mobilmachung
k e Agenommen werden. Ueber die auswärtige Lage
an per ? Alung zu machen, ſei nicht ſeine Sache, er wiſſe

eg nicht unmöglih. Er könne aber die Vorlage

cken / — Gründen vertreten und laſſe politiſche
ıd bunt. 8 ** Außer Acht. Der Kriegsminiſter machte hierauf
n unbed®” — Ag d‘äl)nt_tf)ei[ungen über öſterreichiſche und ruſſiſche
m Preis- %?tg“enmerf)dltnifie‚ die ſich zur Veröffentlichung nicht
4 Deutſchiand müſfe auf eigenen Füſſe ſtehen. Er
8 Wzuwei en, daß gegenüber Frankreich Verſtaͤrkungen
— ſeien. Die Nachrichten über gewiſſe Dislo-
8 Frtgee ſollten geheim bleiben. An dem Septennat
X Minijter feſtzuͤhalten.
Aus Süddentjdland, 9. Dez. In der letzten
5 4 ” — wenn auch nur zufällig verſchiedene Anzei-
lie in““!mengefuflen‚ die einen nicht gerade erfreulichen
die Zuͤkunft eroffnen. Im Reichstage zu Berlin
4 4 zwa ſehridiftinguirte Perſonlichkeiten: Feldmar-
de Oltfe und Kriegsminiſter Bronſart v. Schellendorff
Verathung des Kriegsbudgets ziemlich unfriedliche
die Erſtere Fraͤnkreich die Letztere Rußland
8 * und zwar in ſoͤlcher Weiſe, und zum Theil von
* Tiziellen Standpunkt aus, daß man die unerfreu-

| Au

/ e ket — ob der Reichskanzler über die — —
* ſchanzen Auskunft geben wolle. Jedenfalls ſei
*










Die







} Roman von Ed. Wagner.

autie. / In Al (Fortjegtung.) }

4 7 trat noch einmal an das Papierfenſter und
erlauft —— Nachdem fie ſich überzeugt hatte, daß
ck Mannel noch ſchliefen, kehrte ſie zu Gretchen

her, Herrel jſc







; und Wand \

_ — % éfii?‘m»“ ſagte fie, „jetzt können wir es wagen.“

ſcht —— nahm das Bündel mit den noch übrigen
/ N hieteln, mährend Alice ſchon an der Thür war und



‘ N} 'if"

S’W “iärte&ein ?Ofgriegel an der Thür — Die *
M en Angeln, als fie langjam geöffnet wurde.
* vfel —— fedie den 4 7* —
— N Qr Dliefen noch. fhlüpfte hinaus in’8 Freie
ieſchirr 8 C Aten 7° Folgte, Sie zogen die Thlir wieder an und
jen. Räher? — %, '° 3, damit, menn einer dex Männer erwachen
— — Dffen ſtehende Thüre ſie nicht verrathen ſollte.

en, Zciſ⸗ *





%9 Cilten ſie ſo ſchrell wie möglich zu den Pferden,

d Stiefel X- 1;;6' l 4 in dem **— Graſe lagen. —— nahm die
erkauft, UM 8 ließ das eine Pferd aufſtehen. Gretchen that
— — beide auf, nahmen die Zügel der beiden
C e {a “ ere in die Hand und machten ſich davon, erſt
g?ffnfgshn %({gum ſo wenig * möglich Geräuſch zu machen.
* Abonneme * Bony, welches Gretchen am Tage vorher gerit-
CILe aber nicht vorwäxts, es war vollſtändig
C08 ſie nur am ſchnellen Fortkommen gehin-
yalp 7 MOtugp | * mig DEShalb fie es zurückließen. Es legie ſich



de hato 10 N Da T 8 Gra8; —
508 ‘\;)eibcibe.g,fl Iyr“ü)e Dimmel fei Dank für dies zweite Entrinnen!“
r 4 AlS ſie eine gute Strecke Wegs zurüdge-

igebl att 2 — Str| . }
ihr angenon! 8 K ir ſind befreit, Fräulein Alice! Sie haben
— erfolgung nur das lahme Pony, und mit
A * e uns nicht einholen.“

, ebent die Pferde wieder an und im Trab ging








zauptftraß?
larkt 2,

g 8 Darmfi- 9









Sauistag, 11. Dezember



liche Perſpective nicht allein auf die Abſicht, die geplante
Armeevermehrung aufrecht zu erhalten, zurückführen kann.
Hiezu kommt der ſchon früher in verſchiedenen Blättern
berichtete unfreundliche Empfang des öſterreichiſchen Erz-
herzogs Carl Ludwig bei dem Kaiſer von Rußland, was
auf Alles eher, als auf das Fortbeſtehen einer „entente
cordiale“ mit dem Wiener Hofe ſchließen läßt; die neuer-
dings wieder auftauchende Senſationsgerüchte im Bezug
auf Bulgarien, endlich der Rücktritt des franzöſiſchen Mi-
niſterpräſidenten Freyeinet. Die vorgeſchützte Urſache
eines gewiſſen nicht bewilligten Budgetpoſtens iſt ſo uner-
herblich, daß man dieſe nur als einen Vorwand gelten
laſſe, in der That aber annehmen muß, daß Freyeinet der
bei der jetzigen Unſicherheit der Dinge auf ſeinem Amte
laſtenden ſchweren Verantwortlichkeit aus dem Wege gehen
wollte. Gerüchtweiſe wurde ſchon berichtet, daß der be-
kannte, nichtsweniger als friedlich geſinnte Kriegsminiſter
Boulanger Miniſterpräſident werden würde, vorderhand iſt
dieſe Nachricht noch ſehr zweifelhaft; ihre Beſtätigung
würde aber gerade dazu dienen, die vorhandene unſichere
und unerquickliche Lage der Dinge in der Politik zum
förmlichen Bruche zu treiben.
Trankreich.

Paris, 9. Dez. Dem Vernehmen nach würden in
dem Kabinet Goblet nur die Miniſterpoſten des Innern,
der Finanzen, der Juſtiz und des Auswärtigen neu beſetzt,
während die übrigen Portefeuilles in den Händen der bis-
herigen Inhaber blieben. Den Poſten des Finanzminiſters
foll Dauphin angenommen haben. — Die Fouragemagazine
und die Reitbahn der Kavalleriereitſchule in Saumur ſind
niedergebrannt. Der Schaden wird als beträchtlich geſchildert.

Paris, 9. Dez. Der Temps meldet, Goblet lehnte
beſtimmt die ihm angebotene Miniſterpräſidentſchaft ab und
erklärte, er würde keine andere Politik befolgen können,
als Freyeinet. — Dem Temps zufolge liefen die Ver-
handlungen wegen Aeghptens darauf hinaus, daß England
an Frankreich die Theilnahme an der ägyptiſchen Finanz-
verwaltung einräumen ſolle und Frankreich alsdann nicht
darauf beſtehen würde, das Datum für Räumung Agyp-
tens zu verlangen.

Aulgarieu.

Sofia, 8. Dez. Heuie urtheilte das Kriegsgericht
über die in den Aufſtand verwickelten Perſonen ab, welche
gleichzeitig mit der Burgasaffaire den Verſuch machten,
die wegen des Attentats vom 21. Auguſt entlaſſenen Of-
fiziere Below und Packow mit einer gedungenen Bande
zum Aufruhr anzuſtiften. Der Regimentskommandeur Be-
low, ein Bruder des anderen Below, welcher die Unter-
drückung des Aufſtandes ſeinen Offizieren überließ, per-
ſönlich aber unthäͤtig blieb, wurde zu lebenslänglicher



Druck und Verlag von Wurm & Pfeffer ®
in Heidelberg. 1886.






zwei Lieutenants, die ohne Proteſt einer aufrühreriſchen
Verſammlung angewohnt hatten, erhielten jeder 5 Jahre
Zwaͤngsarbeit unter Ausſtoßung aus dem Militär und 5
Civiliſten ebenfalls fünf Jahre Zwangsarbeit.

Aus Nah und Fern.

Karlsruhe, 8. Dez. Die geſtern zur Subſkription
gebrachten Aktien der Sinner'ſchen Brauerei fanden die
beſte Aufnahme, und es mußte die Subſkription wegen
vielfacher Ueberzeichnung ſchon in den Vormittagsſtunden
geſchloſſen werden.

»Karlsrnhe, 7. Dez. Die Geſchäftswelt klagt, wie
ſie ſeit Jahren gewohnt iſt, über das Weihuachtsgeſchäft;
es fehlt die Kälte, die zum Einkauf von Winterſachen
erwärmt. Einen eigenthümlichen, keineswegs angenehmen
Eindruck machen die vielen Plakate „Ausverkauf“ mit
denen die Schaufenſter maſſenhaft verunziert find. Als
Kurioſum ſei mitgetheilt, daß ein Geſchäft, das vor wenigen
Tagen in den Blättern ſeine Eröffnung anzeigte, bereits
auch mit ſolchem öffentlichen Wunſchausdruck, alle Waaren
los zu werden, paradiert. Die ſoliden Geſchäfte machen
den Schwindel zwar nicht mit, aber ſie leiden darunter.
Das „mundus vult deciqi“ hat eben auch hier ſeine
volle Berechtigung. Ein Geſchäft floriert, das iſt die
Lorenz'ſche Metallpatronenfabrit, die ihre verderbenbringenden
Produkte bis nach Japan und China millionenweiſe ver-
ſendet, ſo daß Tag und Nacht gearbeitet werden muß. —
Die Stadt hat ein neues Etabliſſement, ein neues Schlacht-
haus, im großartigen Maaßſtabe eröffnet. Lein Stück
Vieh, abgeſehen von Federvieh, Fiſchen und Haſen, darf
mehr in der Stadt geſchlachtet werden; keine Nachbarſchaft
wird mehr von Todesſeufzern und Röcheln unſchuldig
gemordeter Ochſen und Schweine, Kühe und Kälber be-
läſtigt werden.

Manunheim, 9. Dez. Geſtern Nachmittag 4 Uhr
erhob ſich plötzlich ein ſtarker Weſtſturm, welcher an
Daͤchern, Schornſteinen, Fenſtern, Telephonleitungen 2C.
beträchtlichen Schaden anrichtete; im Schloßgarten wurden
Bänme umgeriſſen. Von auswärts ſind bereits tele-
graphiſche Nachrichten eingetroffen, welchr von den ver-
heerenden Wirkungen des Sturmes berichten!

S Maunheini, 10. Dez. Vor der I. Strafkammer
des hieſigen Landgerichts, kam geſtern die Klageſuche des
Herrn Stadtdirektox Siegel dahier, gegen die drei Sozial-
demokraten Wirth Jakob Willig und die Stadträthe Franz
Könighauſen u. Aug Dreesbach zur Verhandlung. Dieſelben
waren bezichtigt, wider beſſeres Wiſſen u. theilweiſe öffentlich
den Großh. Stadtdirektor Siegel beſchuldigt zu haben, derſelbe
habe anläßlich ſeiner Vernehmung als Zeuge bei der jüngſt

















waren ſie in einen gefährlichen und ſchmalen Gebirgspaß
gekommen. Gretchen war ſchwer und ihr ermüdetes Thier
zeigte Spuren großer Erſchöpfung. Ob es einen Fehl-
tritt that oder auf einem runden Stein ausglitt, wußte
Gretchen nicht, aber plötzlich machte es einen Sprung und
gerieth an den Rand des Abgrundes. Gretchen ſprang
mit einem lauten Schrei ab, noch rechtzeitig genug, um
ihr Leben zu retten, während das Pony in die finſtere
Schlucht hinabſtürzte.

Alice, welche auf dem von ihr geführten Pony vor-
anritt, hielt bei dem erſten Zeichen des Unfalls erſchrocken
an, ſprang ab und eilte in demſelben Augenblicke an Gret-
chen's Seite, als dieſe auf die Erde fiel und das Pony
in der Tiefe verſchwand.

„Biſt Du verletzt?“ fragte ſie ängſtlich. „Sprich,
Gretchen.“

Die alte Dienerin ſtöhnte entſetzlich.

„Ich bin nicht verletzt, Fräulein Alice,“ antwortete
ſie, „aber ich bin bis zum Tode erſchreckt!“

„Stehe auf!“ rief Alice, zitternd vor Angſt. Viel-
leicht haſt Du gar ein Bein gebrochen? O, Gretchen,
mein armes, gutes Gretchen —“

„Ich habe beide Beine und beide Arme gebrochen
— fürchte ich,“ klagte Gretchen. faſt faſſungslos vor
Schreck und überwältigt von dem Wunder ihrer Rettung
und von der Theilnahme ihrer jungen Herrin. „Und
mein Rücken — iſt wie zerknickt. Das Pony iſt in den
Abgrund geſtürzt, und es iſt ein wahres Wunder, daß
ich gerettet bin! O, Fräulein Alice, ich kann mich nicht
erheben!“

„Unſinn!“ — rief Alice mit freundlicher Autorität,
da ſie ſah, daß die alte Frau weniger Theilnahme be-
durfte. „Komm auf, Gretchen! Komm, ich werde Dir
aufhelfen!“

Sie ſchlang ihren Arm um die alte Frau und unter-
ſtützte ſie im Aufſtehen. Als dieſe einmal auf den Füßen

»



war, fand ſie, daß ſie durchaus nichts gebrochen habe, und
betete zu Gott für ihre wunderbare Rettung.

„Du mußt nun das andere Pony beſteigen,“ ſagte
Alice. „Es iſt ein Glück, daß wir noch zwei Thiere
haben.“

Sie ſchlang ihren Arm um Gretchen und führte ſie
zu dem Pony.

All' meine Glieder ſind zerſchlagen,“ ſtöhnte dieſe.
„Ich kann kaum auftreten; viel weniger kann ich reiten
ohne Sattel!“

„Verſuche es mir zu Liebe, Gretchen. Wir ſind
unſeren Feinden noch zu nahe, um verweilen zu können.“

Alice half Gretchen auf das Pony, beſtieg dann ſelbſt
das andere und ſie ſetzten ihre Reiſe fort. Der Schreck,
den der Unfall Gretchen verurſacht hatte, machte ſie, ner-
vös. Sie ſtöhnte fortwährend und klagte über ihren
Rücken, daß Alice zu fürchten begann, ſie möchte eine
ernſtliche Verletzung erhalten haben.

„Wenn Dır das Reiten nicht aushalten kannſt, Gret-
chen, wollen wir halten,“ ſagte ſie freundlich.

„Nein, nein, erwiederte dieſe haſtig. „Lieber will ich
auf der Flucht ſterben.“

Sie ritten weiter, und als die erſten Schimmer des
anbrechenden Tages ſich zeigten, kamen ſie in ein ſchönes
Thal, durch welches ein breiter Fluß ſtroͤmte. Die Ponys
ſtrauchelten bei jedem Schritte und ſo hielt es Alice fürs
Beſte, hier Halt zu machen. Sie ſtiegen ab, führten die
Pferde an das Ufer und ließen ihnen die Feiheit.

Stöhnend ſank Gretchen in das kalte, feuchte Gras.
Alice zog ihren Mantel aus, rollte ihn zuſammen und
ſchob ihu ihrer alten Dienerin unter den Kopf, dann ging
ſie hin und her, um ihr Blut in Cireulation zu bringen.

Die Luft war kalt und über dem Thale ſchwebte ein
dichter Nebel, welcher jedoch verſchwand, als nach etwa
einer Stunde die Sonne über die Berge ſtieg und eine
wohlthuende Wärme verbreitete.

Fortſetzung folgt.)


 
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