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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1886

DOI chapter:
No. 1 - No. 26 (1. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43926#0069

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21. Zanuar.

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M17. |

Beſtellungen für die Monate

Februar und Mürz

auf das „Heidelberger Tageblatt“ werden
fortwährend von ſammtlichen Poftanftalten, Brief-
trägern und unſeren bekannten Agenturen zum Preiſe
von M, 1.10 frei in's Haus, fowie voͤn unferen
hiefigen und den Trägern und Traͤgerinnen der
naͤchſten Umgebung zum Preiſe von 50 Pf. monat-
lich entgegengenonimen. Die Expedition.

Deutſches Keich.

Karlsruhe, 19. Jan. Wider Erwarten führte
in der Zweiten Kammer die Berathung des Juſtiz-
etats zu einer längeren allgemeinen Debatie, in
velchex die unvermeidlichen Fragen der Beendigung
des deutſchen buͤrgerlichen Gefetzbuches der Bel
rufung in Strafſachen, der Prozeß⸗ und Anwalts-




wie in fruͤheren Jahren weitlaͤufig, aber iheilweiſe
in intereſſanter Behaͤndlung wieder berührt wurden.
Praͤfident Nolk ſchloß aus dem Gange der bis-
herigen Arbeiten, das buͤrgerliche Geſeßbuch werde
bis Ende nächſten Jahres in erſter Leſung fertig
vorliegen, immerhin aber werde die Vollendung
einſchließlich der Grundbuchordnung, noch mehrere
Jahre auf fich warten laſſen. In der Berufungs-
hrage ſtanden ſich wie fruͤher die Juriſten gegenliber;
Kiefer und Fieſer erhoffen nichts von einer folchen
für die Guͤte der Rechtoͤpflege; hier wiege die Neu-
geſtaltung der Vorunterſuchung viel ſchwerer. Ganz
unmöglich ſei die Concentrirung aller Berufungen
bei dem Oberlandesgericht. Sie belegen dieſe Be-
hauptung mit juriſtiſchen und geldlichen Gruͤnden.
Praͤfident Nokk erwähnt, daß die badiſche Regierung
bieher noch nicht für die Berufung fich entſchieden
hat Abg. v. Feder ſtrelfte noch ſcharf die aus der
Ueberproduction junger Juriſten im Richterſtande
und in der Anwaltſchaft fich ergebenden Mißſtaͤnde.
Man belohnte ihn mit einem Hinweis auf die Un-
erſchwinglichleit der anwaltſchaͤftlichen Reiſeloſten.
Die Regieruͤng wird verſuchen, gewiſſe Mißſtaͤnde
bei der Pfandbuchfuhrung und beſonders bei der
Faftbarleit der Gemeindehehörden zu beſeitigen
Bezaͤglich des Ertrags der Gerichtskoffen ergibt fich
die unerwartete Thatfache, daß dieſelben ſchon um
140,000 Mark hinter das Jahr i879, aiſo vor
Einführung der Juſttzgefetze zuͤruͤckgegaͤngen find.


Gluͤcklicherweiſe verhaͤlt es ſich ebenſo mit den
Meineiden und mit den Vollſtreckungen; Abnahme
53,1 Prozent gegen 1881. Staatsanwalt Fieſer
findet die Zahl der Meineidsprozeſſe ſogar gering,
wenn man die unglaubliche Vermehrung der zu
leiſtenden Eide ins Auge faſſe; dagegen muͤſſe an-
gekämpft werden.

Berlin, 19. Jan. (Reichstag, Fortſetzung der
Berathung des Poſtetats.) Die erſten Bautaten für
neue Poftgebäude in Ludwigsluſt, Allenſtein, Brieg,
Landsberg wurden abgelehnt. Bewilligt wurden
dagegen, dem Kommiſfionsantrage entgegen, die
erſten Bauraten für ein neues Poſtgebäude in Wer-
dau, Sondershauſen Ebenſo genehmigte der Reichs-
tag den Reſt des Poſtetats, ſowie den Etat der
Reichsdruͤckerei unveraͤndert. Auch der Handelsver-
trag mit Domingo paſſirte die erſte und zweite
Leſung debattelos Der Reichstag nahm das or-
dentliche Budget des Auswärtigen Amtes an. Bei
der Forderung von 300,000 Mt. für Kamerun,
Togo und Angra⸗Pequena erklärt Windthorſt, Falls
bei dritter Lefung keine beruhigende Erklärung Be-
treffs Zulaſſung katholiſcher Miſfionen abgegeben
werde, werde er beantragen, auszuſprechen, daß die
in der Kongoakte ſtipulirte Toleranz gegen alle
Arten Miffionen auch gegenliber katholiſchen ausge-
übt werde. Woermann betont, daß die Hauptaus-
fuhr nach Kamerun nicht etwa in Spirituoſen,
vielmehr in etwa 50 Proz. Baumwollwaaren, 38
bis 40 Proz verſchiedenen Waaren, 10 bis 12
Proz. Spirituoſen beſtehe. Dort beſonders bethei-
ligte Handelsfirmen wurden am beſten durch Ein-
fuhrzölle zu den Koſten herangezogen. Er hoffe,
daß der Verſuch Plantagen aͤnzulegen, gelingen
werde. Staatsſekretär Boͤtticher glaͤubt, die Re-
gierung ſei berechtigt, wenn der deantragte Fond
bewilligt, 1886 aber nicht verwendet werde, denſel-
ben auf 1887 zu übertragen. Windthorſt hält den
Nutzen der Koloniſattonskoͤſten für ſehr zweifelhaft
und hält an der Meinung feſt, daß die Colonifirung
durch nothwendiges Anwaͤchſen der Flotte und der
Landarmee ſchädige. Richter hält die Auslegung
des Staotsſekretaͤrs bezuglich Uebertragung der Be-
willigung auf 1887 für unzutreffend und beantragt,
den Titel an die Kommiſſion zurückzuweiſen. Bun-
deskommiſſär Aſchenborn gibt zu, daß die Frage der
Uebertragbarkeit der Pofition ſtreitig ſei.



1886.

Budgetkommiſfion könne aber hierfur feſter Boden
nicht gewonnen werden. Windthorſt befürwortet
die Ueberweiſung an die Kommiſfion, welche nach
weiterer unweſentlicher Debatte angenommen wurde.
Der Reſt des Etats wird debattelos genehmigt.

Berſin, 18 Jan. Der Kreuzzeltung wird aus
Rom beſtaͤtigt, daß eine Vereinbarung aͤber die Be-
ſetzung des Poſener Erzbisthums getroffen ſei, ſowie
daß Unterhandlungen wegen definitiver Beilegung
des Culturkampfes im Zuge ſeien. — Die polniſche
Fraction des Abgeordnetenhauſes will ſofort eine
Interpellation wegen der Auswelſungen im Abges
ordnetenhauſe einbringen. — Die konſervative Pariei
des Abgeordnetenhaufes bereitet den Antrag vor, den
offentlichen Feuerſocietäten ein Zwangsrecht auf den
Beitritt ſämmtlicher Immobilien zu geben. Die Partet
bewirbt fich um die Unterſtützung des Centrums, da-
mit dem Antrag gleich die Majorität geſichert iſt.

Berlin, 19. Jan. Griechenland und Serbien
haben nun auf die Abrüſtungsvorſchläge der Nächte
geantwortet, und zwar ablehnend. Die bulgariſche
Antwort ſteht noch aus. Dieſer Mangel an Ge-
fügigkeit der kleinen Balkanſtaaten gegenüber den
weiſen Wuͤnſchen der Großmaͤchte iſt nur geeignet,
die Sympathieen für jene Völkerſchaften, die an
einer Art politiſchen Größenwahns zu leiden ſcheinen
noch zu verringern. Ueber die Aufnahme, welche
die grichiſche und die ſerbiſche Antwort bei den
Mächten findet, verlautet noch nichts Beſtlmmtes.

Fraukreich.

Paris, 19. Jan Heute Nachmittag 2 Uhr
machte der geſtern eingetroffene neue ſpan. Botſchafter
Albaredo, Beſuch bei dem Miniſterpraͤfidenten Frey-
einet. Wie es heißt, ſei Freyeinet entſchloſſen, gleich
nach erfolgter Ueberreichung des Beglaubigungs-
ſchreibens des ſpaniſchen Botſchafters von diefem
Aufklan ung zu erbitten uber die Sprache der offie-
iöſen Preſſe Spaniens, welche Frankreich beſchuldigt,
der republikantſchen Bewegung in Spanien Vorſchuͤb
zu leiſten. Der Wortlaut des Vertrages mit Mada-
gaskar wird nächſte Woche durch ein Gelbbuch ver-
öffentlicht werden. — Louiſe Michel hat auf morgen
Abend eine große Verſammlung nach dem Saal
Rivolt einberufen, deren Tagesordnung Begnadi-
gungen und Amneſtie ſein wird. Außer Loutfe
Michel werden Rochefort und mehrere fozialiſtiſche
Parteifuͤhrer Reden halten; wahrſcheinlich auch Fürft





Ein Spiel de8 Zufalls.

Roman von Ewald Auguft König.



(93. Fortſetzung.)

_ . Dora hatte das Zimmer einigemal mit großen
— — — 7 blieb fie ſtehen, Ent-
ung prach aus jedem Zuge ihres önen,
bleichen Geſichis.
„Es war gefäͤhrlich, gnaͤdige Frau“, erwiderte
Lathrine, während fie die Baͤnder ihrer Kuͤchen-
ſchürze auf⸗ und wieder zukröpfte. „Ich glaube,
e8 wäre mir ars Leben gegangen, wenn fie mi
in meinem Verſteck entdect hätten. Es war mir
gleih fonderbar, als ich geftern Abend mit Ihnen
zugleich ausgehen follte; ich dachte ſofort, Madame
SHennig warle da wieder auf Sonnenberg, fie Lonn-
en dies ja geſtern Morgen verabredet haben. Und
modten Sie auch noch fo böſe werden, weil ich
Ihren Befehl nicht ausführte, ich wollte die Woh-
hung nicht verlaffen. Madame GHGennig mochte das
meinetwegen entdecken, an ihrem Zorne lag mir
nichts. Ich that alfo, als ol ich hinausginge, und
Ichlih mig auf den Strümpfen in or Schlaf:
zimmer. Fand die Zuſammenkunft {m Boudoir
Ratt, ſo war ich ganz in der Nähe, weil das
Boudoir daneben liegt geſchah fie im Salon, ſo
lonnte ich mich ins Boudoir ſchleichen und dort
hinter der Portiere horchen. Ich brauchte nicht
lange zu warten, bis ich die Schele körte. Gleich
darauf kamen die Beiden ins Boudolt und ſetzten

ich mir ſo nahe, daß ich jedes Wort verſtehen
konnte





„Und Madame Hennig hat davon nichts ge-


„Sie hat keine Ahnung, daß ich Alles weiß.“

Dora war ans Fenſter getreten, fie blickte
finnend hinaus.

„Ich kann dieſe Frechheit nicht begreifen“, ſagte
fie; ſie müſſen doch vorausſehen, daß der erſte Ver-
dacht auf fie fallen wird.“

„Deshalb ſorgen fie ja, daß ihnen nichts be-
wieſen werden kann! Sonnenberg will morgen ab-
reiſen. Madame Sennig ſoll ihm nach eintgen
Tagen folgen, in Paris wollen ſie herrlich in Freu-
den leben.“

„Dieſer ſchöne Vorſatz dürfte ihnen nun doch in
die Brüche gehen“, ſpottete Dora, „aber wie fange
ich's nur an? Wenn ich Erneſtine in's Geſicht ſagie,
was du mir mitgetheilt haſt —“

„Dann wuͤrde fie antwoͤrten, es ſei Alles ge-
logen, gnädige Frau. Ich ſage Ihnen, ſo ſchlau
wie die iſt, giebi's keine Frau mehr, fie wuͤrde Alles
leugnen und mich eine boshafte Verlaͤumderin nennen.
Und beweiſen könnten wir nichts.“

„Aber beweiſen müſſen wir!“ ſagte Dora in
entſchloſſenem Tone, und ein Zornesblit zuckte dabei
aus ihren Augen. „Beriethen ſie nur uͤber den
Einbruch? Sprachen ſie nicht von Herrn Dorn-
berg??

„Doch — auch von der grauen Dame.“

„Und was ſagte Sonnenberg?“ fragte Dora
voll ungeduldiger Erwartung.

„Die graue Dame will er nicht gekannt haben.“

„Und Guſtav?“

„Wenn er reden wollte, wunde Herr Dornberg
ſogleich aus dem Gefaͤngniß entlaſſen werden.“



„Das ſagte er?“ rief Dora in leidenſchaftlicher
Erregung.

„Er oder Madame Hennig, es waren dieſelben
Worte. Er ſagte auch, er wuͤnſchte, daß er ſelbſt
das Geld geſtohlen hätte, dann wäre jetzt ſeine
Kaſſe nicht leer.“

„Oh, das genügt,” ſagte Dora tief aufathmend.
„Das Gericht wird ihn wohl zwingen können, den
Namen des Diebes zu nennen. Nun iſt vor allen
Dingen nothwendig, daß wir ihm das Verbrechen
beweiſen, um uns ſeiner Perſon zu verſichern. Du
wirſt ſchweigen, hörſt Du? Wenn Erneſtine vor
mir heimkommen ſollte, wirſt Du ihr ſagen, ich
mache bei Fraͤulein Dornberg einen Beſuch, ver-
rathe Dein Geheimniß weder durch ein Wort, noch
durch einen Blick.“

„Ich ſpreche ja überhaupt nicht mehr mit ihr.“

„Sei auch nicht allzu unfreundlich, das könnte
ebenfalls ihren Argwohn wecken. In der etgenen
Schlinge müſſen wir fie fangen, ich weiß jetzt noch
nicht, wie es geſchehen ſoll, aber bei meiner Heim-
kehr werde ich es wiſſen, und dann finde ich wohl
einen Augenblick um mich mit Dir zu verſtändigen.“

Die alte Magd nickte zuſtimmend, ein Laͤcheln
glitt über ihr ſonſt ſo verdroſſenes Geſicht.

„Ich thue Alles,“ ſagte ſie, „ich ſtürze mich
in's Feuer hinein, wenn wir den armen, braven
Herrn Dornberg befreien können. Ich hab's ja
immer geſagt, daß dieſe Frau Hennig eine falſche
Schlange fet —“

„It ſie die Frau Sonnenbergs?“

„Vermuthen Sie das?“

„Wie ſoll ich mir anders dieſes {rtime Ver-
haͤltniß erklären?“


 
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