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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Widmer, Karl: Über das Gastzimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0270

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254

INNEN-DEKORATION

Auf diese Weise bekommt das Gastzimmer halb und
halb den Charakter eines Wohnzimmers. Je mehr dieses
Wohnzimmermäßige betont werden kann, desto besser.
Wo es der Raum erlaubt, kann das Bett mit dem Zu-
behör auch durch einen
Vorhang abgesondert wer-
den. InvollkommenerWeise
aber läßt sich dieser Dop-
pelcharakter des Gastzim-
mers erst da durchbilden,
wo schon der Architekt bei
der Anlage des Raums nicht
auf die Vermietbarkeit der
Wohnung Rücksicht neh-
men muß, sondern jedes
Zimmer nach seinem be-
sondern Zweck selbständig
behandeln kann : also beim
Eigenhaus. — Hier, im vor-
nehmen Einfamilienhaus ist
ja auch die Stätte, wo der
eigentliche Luxus der Gast-
freundschaft beginnt und
zu den Bedürfnissen einer
reichen Lebensführung ge-
hört. Zumal im Landhaus
als Sommersitz muß diese
Form der Geselligkeit auch
einen Teil des großstäd-
tischen Gesellschaftslebens
ersetzen. Die Gäste wer-
den hier auch aus dem grö-
ßeren Kreis der Bekannten
oft zu wochenlangem Auf-
enthalt eingeladen. Das ist
die moderne Form der Gast-
freundschaft, die sich heute
schon in weiten Kreisen
eingebürgert hat. Damit
haben sich auch die An-
schauungen über die Pflich-
ten gegen den Gast gewan-

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IN HOLZ AUSGEFÜHRT VON A. BEMBE G. M. B. H.—MAINZ

delt. Jenes wohlgemeinte Übermaß von Aufmerksamkeit,
bei dem man den Besuch keine Stunde des Tages zu sich
selbst kommen läßt, gilt heute für veraltet. Soll der Gast
sich wohlfühlen, so muß man ihm auch seine persönliche

Freiheit lassen, sonst wird
die Gastfreundschaft für
beide Teile zur Last. Der
Gast teilt mit der Familie
die gemeinsamen Mahlzei-
ten, im übrigen läßt man ihn
leben, wie er will. Damit
bekommt auch das Gast-
zimmer eine ganz andere
Bedeutung. Es wird zum
wirklichen Wohnraum für
den Besuch, wo er sich
auch des Tags über aufhält.
Zur wohnlichen Ausbildung
dieses Raums kann nun auch
der Architekt das Seine bei-
tragen. Sie beginnt schon
beim Grundriß. Vor allem
wird der Schlafteil vom
Wohnteil auch räumlich ab-
gesondert und für das Bett
eine große Bettnische ange-
legt. Diese muß natürlich
hell und luftig sein. Sie
bekommt am besten eine
eigene Lichtquelle durch
ein kleines Fenster. Tags-
über kann sie durch einen
Vorhang für das Auge ab-
geschlossen werden. Für
Kleider, Wäsche, Koffer
usw. werden Wandschränke
eingebaut. Jedes Gastzim-
mer bekommt sein eigenes
Bad, damit wird auch der
ganze Waschapparat aus
dem Zimmer verwiesen. So
hat sich für das Gastzimmer
 
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