Die Ausdehnung des stereoskopischen Bildes u. s. w.
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so zu geschnitten oder reproduziert, daß der gleiche Horizont-
ausschnitt im einen wie im andern Bilde einbegriffen ist.
Würden wir in gleicher Weise die beiden Rahmenöffnungen
ausschneiden, dann würden sich diese bei der Betrachtung im
Stereoskop in gleichem Maße (ich spreche absichtlich vom
„Maße“, denn es ist das Maß der Konvergenz der Augen-
achsen) verschmelzen, in welchem die Vereinigung der Fern-
punkte des Bildes erfolgt. Die Umrahmung erschiene dann
wie in weiter Ferne gelegen. Das widerspricht aber dem ge-
sunden Sinne. Die Randlinien der Rahmenöffnungen werden
zu einem wahren Bestandteil des Bildes und müssen mit
dessen stereoskopischer Wirkung harmonieren. Die Um-
rahmung hat nur dann Sinn, wenn sie vor dem Bilde gelegen
erscheint; sie muß gewissermaßen seinen ersten Vordergrund
bilden, und wird dann auch erheblich zur Empfindung des
Gesamtreliefs beitragen. Damit nun der Rahmen näher als
die Gegenstände des Bildes gelegen erscheine, müssen die
rechten Randlinien beider Bilder in gleichem Maße zur Ueber-
deckung kommen, d. h. dieselbe Entfernung voneinander
haben, wie die homologen Bilder eines nahe gelegenen Punktes;
das gleiche gilt von den linken Grenzen beider Rahmen-
öffnungen.
Für einen im Vordergründe gelegenen Punkt ist der
Abstand zwischen seinen zwei stereoskopischen Bildern ein
wenig geringer als der Abstand zwischen zwei Fernpunkt-
bildern, so daß bei seiner Betrachtung die Augenachsen etwas
stärker konvergieren müssen.
Um von einem besonderen Beispiel zu sprechen, nämlich
dem zu unserem Apparate Alto - Stereo - Quart1) gehörigen
Stereoskop, wo wir den Fernpunktbildern 63 mm Abstand
(normaler Augenabstand) gegeben haben, mußte also die
äußere Grenze um etwas weniger als 63 mm von der homo-
logen inneren Grenze zu liegen kommen. Ich gab dem
Rahmen meines Stereoskops 61,5 mm für dieses Maß, welcher
Wert die Umrahmung auf 3,5 m vor dem Beschauer liegend
erscheinen läßt.
Wenn das Bild an seinem Rande ferne Gegenstände auf-
weist, dann läßt sich im Stereoskop die gleiche Erscheinung
für die beiden Augen beobachten, wie wenn sie durch ein
Fenster blicken; schließt man abwechselnd das rechte und
das linke Auge, so umfaßt deutlich das rechte Auge ein wenig
mehr Feld der außen gelegenen Gegenstände auf der linken
Bildseite, und das linke Auge erblickt mehr nach der rechten
1) Beschrieben in diesem „Jahrbuch“ für 1903, S. 141.
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so zu geschnitten oder reproduziert, daß der gleiche Horizont-
ausschnitt im einen wie im andern Bilde einbegriffen ist.
Würden wir in gleicher Weise die beiden Rahmenöffnungen
ausschneiden, dann würden sich diese bei der Betrachtung im
Stereoskop in gleichem Maße (ich spreche absichtlich vom
„Maße“, denn es ist das Maß der Konvergenz der Augen-
achsen) verschmelzen, in welchem die Vereinigung der Fern-
punkte des Bildes erfolgt. Die Umrahmung erschiene dann
wie in weiter Ferne gelegen. Das widerspricht aber dem ge-
sunden Sinne. Die Randlinien der Rahmenöffnungen werden
zu einem wahren Bestandteil des Bildes und müssen mit
dessen stereoskopischer Wirkung harmonieren. Die Um-
rahmung hat nur dann Sinn, wenn sie vor dem Bilde gelegen
erscheint; sie muß gewissermaßen seinen ersten Vordergrund
bilden, und wird dann auch erheblich zur Empfindung des
Gesamtreliefs beitragen. Damit nun der Rahmen näher als
die Gegenstände des Bildes gelegen erscheine, müssen die
rechten Randlinien beider Bilder in gleichem Maße zur Ueber-
deckung kommen, d. h. dieselbe Entfernung voneinander
haben, wie die homologen Bilder eines nahe gelegenen Punktes;
das gleiche gilt von den linken Grenzen beider Rahmen-
öffnungen.
Für einen im Vordergründe gelegenen Punkt ist der
Abstand zwischen seinen zwei stereoskopischen Bildern ein
wenig geringer als der Abstand zwischen zwei Fernpunkt-
bildern, so daß bei seiner Betrachtung die Augenachsen etwas
stärker konvergieren müssen.
Um von einem besonderen Beispiel zu sprechen, nämlich
dem zu unserem Apparate Alto - Stereo - Quart1) gehörigen
Stereoskop, wo wir den Fernpunktbildern 63 mm Abstand
(normaler Augenabstand) gegeben haben, mußte also die
äußere Grenze um etwas weniger als 63 mm von der homo-
logen inneren Grenze zu liegen kommen. Ich gab dem
Rahmen meines Stereoskops 61,5 mm für dieses Maß, welcher
Wert die Umrahmung auf 3,5 m vor dem Beschauer liegend
erscheinen läßt.
Wenn das Bild an seinem Rande ferne Gegenstände auf-
weist, dann läßt sich im Stereoskop die gleiche Erscheinung
für die beiden Augen beobachten, wie wenn sie durch ein
Fenster blicken; schließt man abwechselnd das rechte und
das linke Auge, so umfaßt deutlich das rechte Auge ein wenig
mehr Feld der außen gelegenen Gegenstände auf der linken
Bildseite, und das linke Auge erblickt mehr nach der rechten
1) Beschrieben in diesem „Jahrbuch“ für 1903, S. 141.
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