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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung zu München 1888
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0034

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Die Münchener Aunstgewerbe-Ausstelliing


lose Nüchternheit in der Ausstattung der Räume, nicht mehr ändern können, wie auch eine Verzettelung, unter
der gerade das nachträglich so überaus reich aufgetretene Münchener Kunstgewerbe nicht ohne eigne Schuld am
meisten leidet.

Nichtsdestoweniger wird man jetzt, wo endlich sich nun Jeder gut oder schlecht eingerichtet, sagen müssen,
daß diese Ausstellung einen kolossalen Fortschritt unsres Knnstgewerbes seit zwölf Jahren bezeuge. Allerdings
noch mehr nach der quantitativen als nach der qualitativen Seite hin, obwohl auch hier kaum ein einziges

Fach zu nennen wäre, das sich nicht
wenigstens größere technische Fertigkeit
angeeignet. Der ungeheuer gestiegene
Verbrauch rief aber notwendig auch eine
mächtige Erhöhung der Produktion her-
vor und gab ihr zugleich ein natur-
wüchsiges Aussehen. Ganz bestimmt
aber kann man sagen, daß im Ganzen
in der Behandlung der plastischen Form
weit größere Fortschritte gemacht worden
seien, als in der Färbung. Letztere zeigt
fast nur Wien und ein paarmal Berlin
oder Karlsruhe, München aber, der
Hauptsitz der deutschen Malerei, offen-
bart deren merkwürdigerweise viel ge-
ringere, wofür gleich das Gebäude selber
den sprechendsten Beweis gibt; neben
manchen andern allerdings, welche der,
wie es scheint gänzliche Mangel einer
Jury für München leider zugelassen hat.
Dafür zeigt doch gerade München einige
höchst glänzende Ausnahmen von dieser
Regel. Sonderbarerweise scheint gerade
die so häufige, als für die Bedürfnisse
der ungeheuren Mehrheit selbst unsrer
wohlhabenden Klassen ganz unpassende
Einführung des Rokokostiles in dieser
Beziehung schlecht gewirkt oder die vor-
handenen Schwächen erst recht ans Licht
gebracht zu haben, eben weil das Rokoko
eine Feinheit der Farbenzusammen-
stimmung verlangt, die, wie sich jetzt
zeigt, meistens über das Leistungsver-
mögen unsrer Dekorateure hinausgeht;
wie denn die Färbung durchschnittlich
auch die schwächste Seite unsrer Kunst-
gewerbeschnlen bildet. Hier macht, wie
gesagt, fast nur Wien eine Ausnahme,
außerdem finden wir aber einzelne große
Talente, auf die aufmerksam zu machen,
mein besondres Vergnügen sein soll, da eine auch nur annähernde Aufführung alles Gebotenen den mir zur
Verfügung stehenden Raum ohnehin weit überschreiten würde. — Ich beginne also mit der Abteilung, wo
sich der Sinn für Farbenharmonie am auffallendsten geltend zu machen hätte: mit den ganzen Zimmern.
Besonders München hat deren eine große Zahl gebracht, oft sehr glänzende Leistungen, an denen aber
regelmäßig die Verzierung durch figürliche Darstellungen, Putten u. dgl., das schwächste ist, während hier
doch die Leistung sich aufs Höchste zu steigern hätte. Daß dies in einer Kunststadt wie München möglich
war, wo dem Dekorateur Talente genug zur Verfügung stehen, wenn er sie zu finden weiß, das ist kein gutes
Zeichen, so wenig, als daß die seine Übereinstimmung der Töne und ihre Überleitung verhältnismäßig am
seltensten gelang. Ganz feine und echte Rokoko-Stimmung mit ihren zarten Tönen zeigt eigentlich nur das
Kabinett von Roman Mayr mit silbernen Ornamenten und zartem Weiß und Hellblau. Sehr vornehm sieht
dann das Kabinett Fritzsche aus, und auch das von Steinmetz zeigt einige der glücklichsten Farbenzusammen-

Dekoratives Arrangement eines Boudoirs mit Wintergarten
Entworfen von L. Hammer, ausgeführt von A- Eyß.er^, kgl. bayr. kfof-
Möbelfabrik in Ltürnberg
 
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