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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die Baukunst und die vervielfältigenden Künste auf der Münchener Jubiläums-Ausstellung 1888: eine Nachlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0082

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Die Baukunst und die vervielfältigenden Künste auf der Münchener Iubiläums-Ausstellung 1888


Drr grsundr Erb-Vnkil. von Adolf Vberläuder

den Charakter des Guido Renischcn Bildes vortrefflich wiedergebenden Aurora war vor allem Hans Meyers in
Berlin trefflicher Stich nach van Dyks »Dame an Z-ant« zu erwähnen, welcher die Eleganz des Herrn Hof-
malers köstlich wiederspiegelt. Doris Raab gab dann noch recht gut das schöne Bildnis von Rubens zweiter
Frau mit Kind in unsrer Pinakothek und Prof. Raab die Königin Henriette von England nach van Dyk.
Damit wäre das Bemerkenswerteste erschöpft, was der Grabstichel geboten.

Unvergleichlich interessanter waren die Radierungen, besonders die der dabei frei schaffenden Künstler.
So brachte Klinger zehn Blätter eigner Komposition, in denen dieser merkwürdige, durchaus eigenartige Künstler
das bei ihm so auffallende dämonische Element gegen früher noch sehr verstärkt zeigte. So in einer allegorischen
Dedikation an den ihm so vielfach verwandten Böcklin, einem köstlichen Blatt, dann in einer acht Blätter ab-
sorbierenden Liebesgeschichte mit ergreifendem Ende u. a. m. Klinger ist ein geborner Dichter mit der Nadel,
barock, bizarr, mehr ahnen und erraten lassend als zeigend, des Helldunkels in hohem Grade Meister, ist alles
echte Kunst was er gibt, wie phantastisch, ja schauerlich es auch oft erscheine. Ich wüßte außer Rembrandt
absolut keinen Künstler, der so mit der Nadel zu malen verstünde wie er. Ihm im wilden Humor verwandt
erscheint der Berliner Geyger, von dem fünf Blätter eines satyrischen Tierwerkes da waren, auf deren einem
Affen sich über die Abstammung des von ihrer Sippschaft entarteten Menschen unterhalten, ein Kranich als
„Prediger in der Wüste" und ein „Elephant bei der Toilette" auftritt rc. w., wobei er ebenso genaue Kenntnis
der Tiernatur als treffenden Witz bethätigt. Wenn man es nicht überall sonst sähe, daß die Deutschen reicher
an Phantasie sind als alle andren Nationen, so müßte es einem schon bei Talenten wie Klinger, Geyger, Hen-
geler auffallen, da kein andres Volk solche Künstler aufzuweisen hat. Tenn selbst der beste Radierer der Eng-
länder ist ja ein Deutscher, Herkomer, dessen Miß Katharina Grant ein in seiner ganz individuellen Behand-
lung der Radierung unerreichtes Blatt ist, dem er hier noch sein eignes wie von einem Spanier radiertes
Bildnis und ein paar köstliche Mezzotinto-Blätter anreihte. Sonst brachten die Engländer nur sehr gute land-
schaftliche Radierungen von Haig und eine Reihe bizarrer aber geistvoller Blättchen von Whistler. — Nächst
diesen sind dann die vorzüglichen Arbeiten von Stausfer-Bern zu erwähnen, so sein Gustav Freytag einmal als
unübertreffliches Brustbild und dann im Sieblebener Garten spazierend, beidemal schlagend wahr wie auch sein
köstlicher „Gottfried Keller", der sich gerade über die eignen Landsleute oder über die Deutschen ärgert und zu
dessen griesgrämigem Gesicht das vollmondähulich lachende Kourad Meyers den köstlichsten Gegensatz bildet.
Diesen unsre Lieblingsdichter meisterhaft charakterisierenden Blättern hätte Stauffer nur noch das Bildnis der
Freifrau von Ebner-Eschenbach anzureihen, die ihnen allein ebenbürtig erscheint unter den vorzugsweise natio-
nalen Poeten, nachdem der beste von allen, Scheffel, ihm leider nicht mehr erreichbar ist.
 
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