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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Heilbut, Emil: Die französische Ausstellung in Kopenhagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0096

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von H. kselferich

konkret zu sein. Bei den allerersten Genien entladet sich der
elektrische Funke zu sehr iu den Wolken, als daß ein so ganz
auf das Sehen gestelltes Talent ihn von unten
immer gut beobachten könnte; und wir würden
kaum in unfern Ansprüchen hier befriedigt wer-
den. Lenbach hätte also immer noch Platz neben
ihm; zugleich aber öffnet sich eine Lücke im
Register unsrer Bewunderung für den fran-
zösischen feinen Porträtisten und durch sie
schauen uns die warmherzigen Bildnismaler
von jenseits des Kanals entgegen. Watts und
Millais, von denen namentlich der erstcre
formal und technisch neben dem Franzosen
verschwindet, sind im Heransgestalten von
„Persönlichkeiten" die Glücklichsten der Epoche,
wenn auch meisterhafter, weit meisterhafter
als ihre Olversuche die geschlossenen Bilder
von Dubois sind, welche als Ziel die Dar-
stellung mittlerer Existenzen haben.

Von einem hier abgebildeten Werk des
Bildhauers Dubois haben wir noch nicht ein-
gehender gesprochen, welches bei den weiteren
Kreisen vielleicht eine Bewunderung findet, die
über die vor seinen gemalten Frauen noch
hinausgeht. Unsre Abbildung zeigt sie leider
nicht im Profil, wo sie am charakteristischsten
ist, sondern mehr von vorn, wo sie ihre
Eigentümlichkeit weniger offenbart und, ab-
gebildet, fast etwas Schapersches hat. Die
„Eva" — in Kopenhagen in Marmor und
in Gips — ist eines der vollendetsten Werke
Dubois'. Ihr Gesicht, namentlich wenn man
links seitlich sich zu ihr aufstellt, wo die Haare
in wunderschönen Linien das Profil umschließen,
ist lionardesk, ein Anblick von dem bestrickendsten
Liebreiz, der Körper wunderbar edel durch-
gearbeitet; die Beine hingegen erinnern an
diejenigen der „Quelle" von dem französischen
Maler Ingres. Man steigt etwas herunter
durch diese Erinnerung, und der Künstler, den
man daran war sich in der Nachbarschaft der
großen Italiener zu denken, und der auch nie
ein eigentlicher Schüler der Akademie seines
Landes gewesen ist, wird dadurch in die Reihen
nur der französischen Maler in Rom ein-
geordnet. Sehr träte man ihm zu nahe, wenn
man ihn nicht höher als Ingres stellen würde;
dennoch liegt in der Aufdeckung dieser Remi-
niszenz in etwas eine Gerechtigkeit, in etwas
ein Eindämmen des Eindrucks, den Dubois in
Kopenhagen in zu hohem Grade macht. Er tritt
mit zwanzig plastischen, sieben gemalten Werken
auf, und das in Kopenhagen, welches immerhin
ein Ort minderen Ranges ist für Kunst. Man
erscheint in Kopenhagen leichter als in Paris
als Cäsar, selbst wenn man Dubois, also fast
der Cäsar ist. Und des Faktums, daß die
Beine seiner Eva bei Ingres bleiben und der
schöne Kopf an Lionardi da Vinci denken
läßt, wollen wir uns erinnern, und es,
da es einmal besteht, als symbolisch nehmen. Er steht
auf dem Institut von Rom, dem Boden von Dominique
Ingres. Doch nicht nur wacker ist seine Kunst, sondern

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dehnt sich aus und blickt, unterrichtet, zu einem weit
nobleren Horizonte auf, zu jenen lichten Höhen, in denen

Die Musik, von L. Delaxlanche
Glyptothek Ny-Larlsberg

der feinsinnigste der feinen, Lionardo herrscht. Dubois
ist der reifste Frauenmaler der Gegenwart.

H. Helserich
 
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