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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Weihnachtsgaben deutscher Kunst, [2]
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IBeiknacbtsgaben deutscher Vnnsi

9-l

Schlecht Lusrtier! von Fritz Bergen
Probe-Illustration aus „In Luft und Sonne
(Besprechung im vorigen Heft)

Bildern wenigstens den lokalen Hintergrund, vor dem sich
des Dichters Gestalten bewegen mit sichtlicher Kenntnis wieder
und erleichtert dadurch ihr Verständnis. Mehr freilich nicht,
denn dafür entbehren die einzelnen Figuren doch zu sehr einer
feinern Charakteristik, ja sie geraten nur zu oft in jene schlottrige
Allgemeinheit des ausgesprochenen Zopfes, der ein so großer
Teil unsrer Kunst sich leider immer mehr nähert.

Mehr ihren llrsprungsort verraten die „Deutschen Weih-
nachtsblntter" (Berlin, Müekenberger, 3'/- Mk.), ein poetische
und malerische Gaben vereinigendes Heft, wo man immer in
einer angenehmen Athmosphäre von Lebkuchen und Tannendust
bleibt, wie sie für diese Art Weihnachtsgaben ja am besten
paßt. Den Tannenduft liefert hier ein echtes Talent: Gerl ach,
dessen Soldatengeschichte jene derbgesunde märkische Ehrlichkeit
athmet, die seit Menzel der weitaus wertvollste Bestandteil der
Berliner Kunst geblieben ist; während die „Musen und Grazien
der Mark" in hrem rauhen Klima leicht etwas Schwind-
süchtiges bekommen.

Heines Buch der Lieder. (Berlin, Grote. 20 M.)
Illustriert für Backfische von Grot-Johann, hätte unstreitig
auf den Titel gesetzt werden müssen, denn die Kunstbedürfnisse
dieser hoffnungsvollen Menschengattung zu befriedigen ist kein
Künstler so geschickt als er. Immer hübsch auf der Oberfläche
bleibend, giebt er die geheuchelten Liebesklagen seines Poeten
und das knatternde Feuerwerk seiner Liebesflammen mit einer
kühlen Glätte und einer gewissen auswendigen Anmut wieder,
die ganz auf den Geschmack vierzehnjähriger Jnstituts-
besucherinneu zugeschnitten sind. Soll er nun freilich einmal eine
Loreley schildern, so scheint auch diese frisch aus der Pension zu
kommen, denn Macht und Größe oder dämonisches Wesen sind
nicht Grot-Johanns Sache. Aber ein artiges Geschenk auf jedem
eleganten Weihnachtstisch bleibt das Buch darum doch, weil es

grade die kokette, spielende Seite des Dichters
ganz geschickt wiedergiebt.

H. Lang. „Aus den Erinnerungen
eines Schlachtenbummlers 1870—71".
Neue Folge. (München, Verlagsanstalt für
Kunstu. Wissenschaft. Pr. 3'/„ Mk.) Der große
Beifall, den Längs liebenswürdige Schilder-
ungen aus dem letzten Feldzuge fanden,
war wohlverdient. Hatte man an dem
reizenden Buch nur das zu tadeln, daß es
viel zu kurz sei und zu große Lücken lasse,
so hat der Verfasser dem jetzt durch eine hoch-
willkommene neue Folge abzuhelsen gesucht,
in welcher er alle diese Lücken seiner ersten
Erzählung ausfüllt, d. h. uns auch das be-
richtet, was ihm bei Wörth, aus dem Marsch
durch die Vogesen und in Naney, dann beim
Vorrücken von Sedan nach Paris, endlich
dort selber bei der Belagerung und dem
Einzug passiert ist. Da fehlt es denn nie-
mals an den drolligsten Szenen, so daß
mau aus dem Lachen ost gar nicht heraus
und zuletzt beinahe zu der Ansicht kommt,
daß es doch eigentlich nichts Angenehmeres
gebe, als so einen Krieg, wo man immer
siegt und ununterbrochen vorwärts rückt —
eigentlich nur um sich Appetit zum Mittag-
essen oder Durst für die abendliche Zu-
sammenkunft mit den vielen Freunden, die
der lustige Maler überall hat, zu holen. Der
Sonnenschein in dieser glücklichen Natur,
breitet seinen Glanz so über alles, selbst
über das Erschütterndste, so daß man förmlich
angesteckt wird davon, weil er keineswegs
die Folge etwaiger Gemülsroheit, sondern
im Gegenteil mit dem feinsten Takt für das
Angemessene und mit einer Loyalität und
einem gutmütigen Humor verknüpft ist, die
uns sofort für den Schreiber einuehmen.
Dabei hat er, wie das solchen leichten und
ritterlichen Naturen gewöhnlich geht, noch
unbändiges Glück, wie er denn in diesem
Band einmal Bismarck herumsühreu muß,
uni wenigstens von ihm angebrummt zu
werden, ein andermal, beim Einzug in Paris,
erst dem wütenden Pöbel, dann den schönen
Pariserinnen glücklich entgeht u. s. w., das
immer aber mit einer unverwüstlichen drolligen Anmut erzählt,
die uns von der ersten bis zur letzten Zeile festhalten. — Kurz,
man möchte sich fast einen neuen Franzosenkrieg wünschen, nur
um ihn sich dann von unsrem Lang erzählen zu lassen! I'.

I. M. Gebhardts Verlag in Leipzig sendet uns
drei seiner Jugendschriftnovitäten zur Besprechung: Ferry, „der
Waldläufer" (7'/„ M.); Cooper, „Lederstrumpf-Erzählungen"
(9 M.) und Waldmann „Auf gefahrvollen Pfaden" (7'/„ M.),
die sämtlich beweisen, daß der kunstsinnige Verleger auch ferner
bestrebt ist, an der Spitze der Jugendschrist-Verleger zu mar-
schieren und mit veralteten Traditionen zu brechen. An Stelle
der früheren grellen Farbendruckbilder sind gute Holzschnitte ge-
treten, denen Zeichnungen Fritz Bergens zu Grunde liegen, die
wie alles, was von diesem trefflichen Künstler kommt, hohes
Lob verdienen. Fügen wir noch hinzu, daß Druck und Papier
sehr elegant sind und daß in dem Einbande die rühmlichst be-
kannte Buchbinderei von Moritz Göhre in Leipzig kleine Meister-
stücke im künstlerischen und doch effektvollen Kolorit geliefert hat,
so weiß ein jeder Familienvater, womit er zum bevorstehenden
Feste seinem „Jungen" die größte Freude machen kann: mit den
neuen Gebhardtschen Jugendschriften.

Wendet sich also I. M. Gebhardts Jugendschriften-Verlag
au die Knaben, so bemüht sich in ähnlicher Weise die in
Leipzig domizilierte Verlagsbuchhandlung von Ferd. Hirt
L Sohn in ihren Jugendschriften der jungen Mädchenwelt zu
dienen und ebenfalls einen vorgeschrittenen künstlerischen Ge-
schmack zum Ausdruck zu bringen. Sie sendet uns die beiden
letzten Bände ihres Cyklus „Am deutschen Heerd", in
welchem sie das Leben und Wirken deutscher Frauen in den
wichtigsten Kulturepochen seit dem Mittelalter bis zur Wende
dieses Jahrhunderts durch fortlaufende Erzählungen schildern
wollte. Das war gewiß ein verdienstliches Beginnen, denn unsre
 
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