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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0184

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Personal- und Ateliernachrichten

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Göttin die Stufen zum Meereesstrand hinabsteiqen wird. Um
Phryne drängt sich bewundernd das heimische Volk; die einen
voll stummer andächtiger Scbeu, die andren mit lautem Ent-
zücken. — Dort wirft ein Jüngling nach der Hoheitsvollen einen
Blick voll heißlodernder Sehnsucht, während noch andre ihr See-
blumen und Rosen zum Schmucke darbieten. Umrahmt ist diese
Mittebpuppe von dem ganzen frohen Getriebe des Poseidon-
festes; bekränzte Jünglinge und Mädchen tragen Bilder der
Götter und Heiligtümer umher, Flötenspieler setzen ihre In-
strumente an, und rechts aus der Terrasse mit dem Poseidon-
tempel dampft vor den Statuen des Götterpaares — Poseidon
und Amphitrite — das Rauchopser gen Himmel. Ein ent-
zückendes Panorama auf die sonnige Bucht von Eleusis und
die nahen Höhenzüge von Salamis öffnet sich zur Linken und in
sanftem rythmischem Spiele glitschen die blauen, blitzenden Wellen
an die Ufermauer. Siemiradskis Bild ist auf dem Gebiete der
Historienmalerei, wie auf den der Darstellung weiblicher
Nacktheit eine Thal. Ein Zauber von Licht und Sonne schwebt
über der ganzen Szenerie und verklärt die Gestalten, die sie be-
völkern, insonderheit Phryne selbst, die an edler Modellierung
der Form, an Kolorit des Fleisches und an keuscher, hoheits-
voller Auffassung entschieden die Tizianische Schule erreicht. Der
Liebreiz dieser stolzen Rivalin der Venus wetteifert mit den
Frauengebilden der Venezianer; so hat auch Siemiradski aller
Tradition zum Trotz — auf einem Wandgemälde zu Pompeji ist
die Hetäre mit schwarzen Haaren dargestellt — seiner Phryne
goldene Locken verliehen. Auch die Haltung der Vielverleumdeten
ist voll Selbstbewußtsein und Würde; in jedem Zuge des vom
Sonnenschein überschatteten edlen Gesichtes, in jedem Teil ihres
schlanken, entzückend gebauten Körpers kommt jene ideale Keusch-
heit zum Ausdruck, die sich in Hellas mit dem Kultus der trium-
phierenden Schönheit verband. Das ist nicht die freche Buhlerin,
die als Prototyp einer Nana die armen athenischen Ehemänner
ruinierte. — Das ist die Königin der Schönheit selbst, wie sie
Praxiteles Meißel geschaffen, und ein überirdischer Glanz scheint
aus ihren blendend weißen Gliedern zu scheinen, am Busen und
Kniescheiben mit rosigem Schimmer gepaart. Auch vom histo-
rischen Gesichtspunkte aus ist Siemiradskis Werk bewunderungs-
würdig. Der Künstler hat das griechische Altertum auf die
Leinwand zu bannen gewußt, so wie es leibte und lebte und jede
Einzelheit verrät ein peinliches Studium, aber auch ein tiefes
Verständnis der geschilderten Periode. Gegenüber dem unwahren
Pathos gewisser heutiger Historienmaler verdient darum dieses
reichbewährte Versenken des Künstlers in die weit entrückte Ver-
gangenheit hohes Lob. An Anerkennung hat es dem großen
nach St. Petersburg abgegangenen Bilde — das auch ans der Pariser
Weltausstellung zu sehen sein wird — bisker nicht gefehlt, und
selbst die kunstliebende Königin Margherita verweilte, Phryne zu
Liebe, eine volle Stunde in Siemiradskis Atelier.

61. Budapest. Die vom ungarischen Ministerium für
Kultus und Unterricht gestifteten beiden Gold-Medaillen, deren eine
für ausländische, die andre für vaterländische Künstler bestimmt ist,
wurden gelegentlich der letzten Herbstausstellung in Budapest
an den Italiener Silvio Rotta und an Michael MunkLcsy
ausgegeben. Der letztere dankte in einer Depesche für die ihm
erwiesene Ehre und benutzte die Gelegenheit, um die maßgebenden
Persönlichkeiten aufmerksam zu machen, daß derartige Ehren-
preise ihren moralischen Wert verfehlen, wenn sie an „Veteranen
der Kunst" verliehen werden, daß sie dazu dienen sollen, junge
Talente anzusporneu und für erfreuliche Leistungen zu belohnen.
— Man kann, einen Vers im „Faust" variierend, sagen: „Nicht
jeder Künstler denkt so brav und — so selbstlos".

— Wien. Die Stelle eines Kustos und Vorstandes der
kaiserlichen Restaurieranstalt zu Wien an Stelle des verstorbenen
Schellein ist Maler Eduard von Weeber übertragen worden.

61. Budapest. Der österreichische Kronprinz Rudolf ist
Jul. Benczur zu zwei Bildnissen gesessen, deren eines: in ganzer
Figur und großer Uniform im Prunksaale des Budapest« Adels-
Kasinos als Gegenstück zu dem von Angeli gemalten Porträt
des Prinzen von Wales seinen Platz fand, während das andre:
ein reizvolles Kniestück in Jagdkleidung, die dem Bilde eine
erquickende Frische verleiht, vom Kronprinzen seinem Jagdfreunde,
dem Grafen Stephan KLrolyi geschenkt wurde.

— Stuttgart. Professor Doundorf ist beauftragt,
eine Büste des berühmten Violinisten Professor Joachim in
Berlin zu modellieren.

— Wien. Bei der letzten Pairsernennung ist auch Dom-
baumeister Friedrich von Schmidt als Mitglied des öster-
reichischen Herrenhauses berufen worden.

— München. Landschaftsmaler August Fink hat den
Titel eines königl. Professors erhalten.

— Berlin. Konrad Kiesel ist vom deutschen Kaiser
beauftragt worden, für dessen Arbeitszimmer das Porträt der
Kaiserin zu malen.

— München. Der zweite akademische Preis von 430 Mk.
ist Balthasar Schmitt, Schüler der Bildhauerklasse, für seine
Statue Albrecht Dürers zuerkannt worden.

Grllorbrn 1889. Zu Berlin im Alter von 54 Jahren
Jean Lulves. —Zu Tübingen am 6. Januar der hervor-
ragende Künstler und Kunstsorscher Heinrich Leibnitz. —
Zu Paris am 4. Januar Bildhauer M. Galouzeau de
Villepin.

TokrnliFe von 1888. B. Amendola, Bildhauer, st in
Neapel im Januar. — Maler Dykmanns, st 9. Jan. in Ant-
werpen. — Oskar Pletsch, bekannter Zeichner der Kinderwelt, st
13. Jan. — Adalbert Begas, Maler, Bruder von Reinhold Begas,
st 21. Jani. in Nery, 52 Jahre alt. — Franqois Trupheme,
Bildhauer, st 22. Jan. in Paris. — An demselben Tage zu
Düsseldorf Maler Axel Nordgren. — August Schiffers,
Professor, st am 3. Febr. zu Leipzig. — Ed. Merck, Genremaler,
st 8. Febr. in München. — Anton Mauve, holländischer Land-
schaftsmaler, st 12. Febr. in Amsterdam. - F. Feilhamer,
bedeutender Aauarellist, st 14. Febr. in Brünn. — F.A. Bren-
tano, st 20. Febr. in Rom. — Armand Berthe au, Genre-
maler, st in Limoges im Febr., 45 Jahre alt. — Eduard Ger-
hardt, Kunstmaler, st 6. März in München. — Proksch,
Historienmaler, st in Wien im März. — Architekt Baurat
Kerler, st in Karlsruhe im April. — Karl Schellein, be-
rühmter Restaurator, st im April zu Wien, 68 Jahre alt. — Max
Seitz, Historienmaler, st 18. April, 75 Jahre alt, in Rom. —
Gustav Seeberg er, Architekt, Professor an der Münchener kgl.
Akademie, st 21. April. — Felix Darley, Genremaler, st im
April zu Newpork. — Castagnary, Direktor der schönen Künste
zu Paris, st II. Mai. — Professor Bertbold Minder, Genre-
maler, 12. Mai in Wien. — H. P. Ri viere, Aquarellist,
st im Mai in London. — Pietro Aldi, Kunstmaler, st 18. Mai
in Manciano, im Alter von 30 Jahren. — Moritz Plaeschke,
einer der ältesten Genremaler der Düsseldorfer Kunstschule, st
5. Juni im 72. Lebensjahre in Düsseldorf. — Wunsch, berühmter
Landschaftsmaler, st 17. Juni im Alter von 62 Jahren in Preß-
burg. — Baurat Wilhelm Drewitz, geschätzter Architekt, st im
Juni zu Breslau. — Franz Heigel, kgl. bayr. Hofmaler,
hervorragend in Miniaturporträts, st 22. Juni in München im
76. Lebensjahre. — Julius Kost, Genremaler, st im Juni,
81 Jahre alt, in Düsseldorf. — Fr. Angust de Leuw, Land-
schaftsmaler, st im Juni, 71 Jahre alt, in Düsseldorf. —
Mussini, Maler, st 18. Juni in Siena. — A. Armand,
berühmter Architekt, st am 27. Juni in Paris. — Wilhelm
Schöff mann, Historienmaler, st 30. Juni in Wien, 74 Jahre
alt. — Anton Ete x, Bildhauer, st 17. Juli in Paris. — Halkin,
belgischer Bildhauer, st 18. Juli in Lüttich, 57 Jahre alt. —
Henri de Brakeleer, vlämischer Genremaler, st im Juli in
Antwerpen. — Hans Brunner, Porträtmaler, st am 28. Juli
in München. — Frank Holl, englischer Porträtmaler, st 2. Aug.
in London. — Karl Lasch, Porträtmaler, 29. Aug. in Mos-
kau. — Gustav Gaul, Porträtmaler, st 7. September in
Mödling bei Wien. — Emil Hallatz, Genremaler, st 15. Sept.
in Berlin. — Edmond de Praetere, belgischer Tiermaler, st im
Sept. — Rodolphe Boulanger, französischer Historienmaler,
22. Sept. in Paris. — L. Hendricks, holländischer Historien-
maler, st 24. Sept. — Wilhelm Riefstahl, Genremaler,
st 12. Okt. in München. — Peyen-Perrin, französischer
Genremaler, st 15. Okt. in Paris. — Albert Zimmermann,
Landschaftsmaler, st 18. Okt. in München. — Hans Speckt er,
Illustrator, st im Nov. in Hamburg. — Christian Jank, kgl. Hof-
theatermaler, st 25. Nov. in München. — Richard Redgrave,
englischer Historienmaler, st im Dez. zu London. — N. Be rth on,
französischer Landschafter, st 13. Dez. zu Paris. — F. Ferogio,
Maler, st 15. Dez. zu Paris, 81 Jahre alt. — Prof. Bauer,
Lehrer im Gravier- und Ziseliersach, st 24. Dez. zu Schwäb.-
Gmünd. Am 23. Dezember zu Dresden Architekt Päßler im
Alter von 49 Jahren. Zu London am 27. Dezember Tiermaler
Otto Weber im Alter von 56 Jahren.
 
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