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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Unsere Bilder, vom kseransgeber

2Z7

Hbtel garni, aber ganz und gar nicht mit Andalusien.
Das alles ist nun sehr leicht zu erklären. Herr Enrique
Melida ist einer der vielen spanischen Maler, die es an-
genehmer und besonders einträglicher finden, die Malerei
in Paris oder Rom, als in dem dieselbe nur sehr
platonisch liebenden Madrid zu betreiben. Da hat er nun
Wohl die Bekanntschaft dieser Dame gemacht, die hier
schon etwas ungeduldig seiner Ankunft entgegensieht, um
sie auf den besagten Opernball zu führen. Alles
weitere sich auszumalen überlasten wir der Phan-
tasie des Beschauers, denn von Träumerei kann bei
dieser offenbar sehr welterfabrenen Dame höchstens
insoferne die Rede sein, als sie vielleicht jetzt schon
von dem Caf6 träumt, wo sie nach dem Ball
soupieren werden.

In den Orient führt uns dann Bauern-
feind, um der „Einschiffung der Landwehren in
Jaffa" oder sonstwo beizuwohnen. Offenbar sollen
sie in den Booten nach dem draußen vor der
Rheede liegenden großen Dampfer gebracht werden,
was dem Künstler dann zu einer Menge, offenbar
der Natur abgestohlener, malerischer Motive verhalf,
indem er uns zeigt, wie die Verspäteten noch im
Master dem eben abgefahrenen Boot nachwaten,
die Frauen ihnen letzte Grüße zuwinken, andre in
stummem Schmerz am Ufersand Gelagerte ihnen
Nachsehen. Denn wiederkehren werden wenige von
denen, die da jetzt in die Ferne nach Stambnl oder
Salonich entführt werden. Ihren Abschiedsschmerz
bekunden aber nur die Frauen mit leidenschaftlicher
Geberde. Die Männer bewahren den echt orienta-
lischen Gleichmut. Hinten sieht man dann einige
die Einschiffung leitende türkische Offiziere stehen,
und links von ihnen haben sich wohl die An-
gehörigen der schon weit draußen fahrenden zurück-
gezogen, um sie von der Höhe noch länger ver-
folgen zu können. Unstreitig ist die ganze Szene
mit viel Einsicht, Phantasie und malerischem Talent
wiedergegeben und stellt der Begabung des Malers
das beste Zeugnis aus, da er sich trotz der großen
Zahl der Figuren nie wiederholt und uns das
Ganze durchaus glaubwürdig erscheinen zu lassen
versteht, wie fremdartig es auch beim ersten Blick
anmute.

Was nun bei allen braunen und schwarzen
Staatsbürgern so schwer verständlich zu machen ist:
die eigentliche Charakterschilderung und Beseelung
des Dargestellten, die allein auf die Länge zu fesseln
vermag, sie hatte Grützner bei seinem „Marien-
fest" viel leichter. Während bei Bauernfeind die
rührendsten Züge fast unbemerkt vorübergehen,
wie z. B. die arme Mutter, die bis zum halben
Leib ins Master gewatet ist, um ihrem Knaben dem
davonfahrenden Vater noch einmal Lebewohl zuwinken
lasten zu können, so erquickt uns bei den Grütznerschen
Nonnen gleich beim ersten Blick die sie umgebende Atmo-
sphäre lästerlicher Reinheit und frommgläubiger Entsagung.
Sie haben die echt weibliche Freude an Putz und an
Blumen, die sie sonst nicht befriedigen können, jetzt an
den Schmuck des Altars und der ihn zierenden Krönung
Mariiwüber demselben gewendet und sie somit durch einen
idealen Hauch demütiger Verehrung geadelt. Aber nicht
nur das, auch jede der frommen Frauen hat der Künstler

in ihrer besonderen Art von Gottseligkeit sehr fein und
nicht ohne Humor individualisiert, von der mit dem Kehr-
besen bewaffneten dienenden Schwester, die eine jugendlich
blühende Nonne an ihren Blumen riechen läßt, bis zu
der ein neues prachtvolles Antipendium vor der Abtissin
enthüllenden älteren Nonne, sind sie alle sehr scharf unter-
schieden und bewegen sich ihrem Charakter gemäß, wenn
auch im gemessenen Klostertakt, der alles heftige Gebühren

Hagar und Ismarl. von Max Klein

ausschließt. Dabei entfaltet der Maler bei aller un-
bedingten Glaubwürdigkeit auch großen koloristischen Reiz
und zeigt uns so wieder einmal aufs schlagendste, daß
die Malerei eben immer noch am sichersten ihr Ziel
erreicht, wenn sie daheim bleibt, wie dies ja auch von
der Dichtkunst gar leicht nachzuweisen wäre. — Oder
hätte nicht selbst Fräulein Iphigenie ihren Weimarschen
Taufschein unzweifelhaft in der Tasche?

Wie heimelt uns da vollends des Düsseldorfers
Karl Schultze „Wintermorgen in der Eifel" an, mit
seinen von tiefem Schnee belasteten schwarzen Bauern-
 
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