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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Heilbut, Emil: Von der Ausstellung in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0338

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von der Ausstellung in kamburg. von 6er IN an 6 elfer ich

26Z


Dir Rückkehr vom Markte, von Sigismund Adjukiewicz

wiener Iahresausstellung ^889

o bitte, auch ich liebe Raffael sehr — in seiner belle
jarckilliöre im Louvre. Aber es ist doch wieder etwas
anderes. Erste Skizzen wollen nicht fertig sein, und
die Ausstellung will ganz entschieden fertig werden. Sie
ist dazu da, sie muß fertig werden. Der Vergleich mit
den Handzeichnungcn alter Meister ist also nicht richtig.
Und doch liebe ich die Entwürfe und behage mich, ob
es nun logisch ist oder nicht, in dieser Ausstellung, in
der ich noch graben und hacken sehe.

Die letzten Tage des April sind in Hamburg
zauberhaft gewesen. Die Hamburger Anlagen, der „Wall",
der „Stadtgraben" liegen als Landschaftsbilder von fast
unvergleichlicher Schönheit vor Augen. Dazu ein hol-
ländisches Wesen in der Landschaft, — eine holländische
Atmosphäre, hellgraues Wasser, verhängter Himmel.
Die schwarzen Stämme, tausend schwarze Zweige, ragen
gen Himmel; andere Bäume, die tiefer nach dem Wasser
zu stehen, sind schon mit Laub bedeckt. Sie werfen ihre
Äste wie im Bogen über das perlende Wasser hinunter
und geben die Note des frühen Frühlings.

Wie ich diesen „Wall" und den „Stadtgraben"
liebe, diese Anlagen, die „dem Schutze des Publikums"
auf zierlichen gotischen Ständern „empfohlen sind", all
diese schöngewundenen, gelben Kieswege, die mit wirklich
hervorragendem Gartensinn komponierten Btumengruppe!
Und hierhin ist auch die Ausstellung gekommen. Am
„Holstenthor" liegt sie. Man geht durch eine große, breite
Ouerhalle — das sogenannte Hauptgebäude — und hat
dann den Gesamtprospekt der Ausstellung mit einem Male
vor sich. Eine ganze Stadt, die, wie als ob sie durch
die Querhalle von dem vernünftigen Hamburg geschieden
wäre, eine Fata Morgana zu sein scheint. Ein weiter

Plan vor den Füßen, der sich allmählich senkt. Dann
eine unbekannte Tiefe. Dann jenseits, einem Traume
gleich sich erhebend, baumgekrönte Hügel mit links einer
großen Rotunde, die die hamburgischen Farben hat, und
rechts einem üppigen Pavillon mit barocken Skulpturen,
hinter dem man große Holzbauten gewahrt. Das Ganze
in feuchter Vorfrühlingsatmosphäre. Die Bauten und die
Hügel bequem anseinandergezogcn; in hellgrauem Dust,
ein Landschaftspanorama, gleich einem englischen Stahlstich
in Meyers Universum und doch sehr schön. Denn es
kann etwas sehr banal wirken, wenn es ein Stahlstich
ist, und sehr schön als Naturwunder sich bewähren, wenn
es vor einem liegt.

Nachdem wir ein wenig von unserm Standort weiter
vorgegangen, gewahren wir den Grund der Vertiefung,
welche zwischen unserm Terrain und die ferneren Aus-
stellungsbauten so etwas wie einen Lustton bringt. In
der Thalsohle fließt Wasser; geruhig wie ein Paragraphen-
zeichen liegt ein Teil des „Stadtgrabens", in die Aus-
stellung eingeschlossen, zwischen hüben und drüben. Wir
zählen drei Möglichkeiten hinüber zu konimen; zwei
niedrige, nette, reizende, und eine große in der Mitte,
eine Holzbrücke mit zwei Doppelthürmen, eine Kettenbrücke
wie in Amerika, deren blinkendes Holzgitter sich von den
bräunlichen Baumgipfeln dahinter abhebt, eine Landschafts-
Partie von dem Ton Heffners. Am Rande des Stadt-
grabens stehen Hütten, Holzhäuser, Schweizerhänschen;
zum Stadtgraben hinunter führen Treppen oder sich all-
mählich senkende Pfade; zu den Höhen hinan führen
Stege nüt Absätzen und borkigen Naturgeländern, Plateau
baut sich über Plateau, die hübschesten Überschneidungen
der Linien sieht man, wo ein Zickzackweg einen Winkel
 
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