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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Architektur - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0368

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vermischte Nachrichten — Kunstlitteratur und vervielfältigende Kunst

287

Pudor, W. Schadow, Schütze u. a. anSgesührt, mutzten sie
schon vielfach, zuletzt in den Jahren 1878 und 1879 restauriert
werden. Wer inde>sen jetzt die Gemälde sieht, wird unwillkürlich
zu der Ansicht kommen, datz diese Renovationen mehr geschadet,
als genutzt haben. Die renovierten Stellen haben seinerzeit
vortrefflich ansgesehcn und sich dem Kolorit des Ganzen vor-
züglich angepatzt; jetzt heben sie sich unvermittelt in harten,
braunen Tönen von dem Ganzen ab. Einzelne Gestalten
erscheinen geradezu verunstaltet; die ursprünglichen Zeichnungen
scheinen nicht im mindesten innegehalten' zu sein, kurz der
Charakter der Gemälde ist vollständig beeinträchtigt, ihr Zustand
geradezu beklagenswert. Fragt man nach der Ursache des Ver-
snlles dieser immerhin in geschützter Lage befindlichen Freskcn-
Gemälde, jo wird man nicht zum wenigstens dem Umstande
Rechnung tragen müssen, datz sic sich an einer Wand befinden,
welche als Außenwand zugleich Absch lutzwand innerer
geheizter Räume ist. Der stete Einfluß von innerer Wärme
und äußerer Kälte mutz zerstörend auch auf den besten Putz
wirken und somit zunächst nicht nur diesen, sondern auch
das Freskogemälde angreijen und schließlich ganz zerstören. Und
an diesen Schwierigkeiten, welche die Wand bietet, dürsten auch
alle Farbetechniken, wie Keim'sche Mineralfarben, Kasein selbst
bei voller Restaurierung der Gemälde in ursprünglicher Gestalt
scheitern. Es scheint aber auch, datz diejenigen Künstler, denen
diese Renovierungen übertragen waren, nicht durchweg reine
Metall- oder Erdfarben, sondern gemischte Materialien verwendet
haben. Bei reinen Farben hätte trotz aller Witterungseinfliisje
ein solcher Zustand der Gemälde nie eintreten können. Ob auch
der Kalkputz chemisch rein gewesen, läßt sich vorlänsig nicht sest-
stellen; bekanntlich ist die Beimischung von Gips zum Mörtel
ein gefährliches Verfahren, das sich stets an den Wandgemälden
rächt. Nachdem die bleibende Erhaltung der wertvollen Schin-
kelschen Kompositionen, welche als Kinder ihrer Zeit und in
Verbindung mit dem Bauwerke ihre volle künstlerische Bedeutung
haben, als dringend wünschenswert erkannt worden ist, werden
gegenwärtig über die Art der Erneuerung Erwägungen angestellt.
Eine Neuausführung der Gemälde in Freskotechnik dürfte wegen
der angedeuteten Schwierigkeiten, die die Wand bietet, unaus-
führlich sein; nicht geringe Schwierigkeiten dürfte eine Aus-
führung der Koinposition aus Leinwand bieten. In Würdigung
dieser Umstände ist von verschiedenen Seiten eine Herstellung der
Gemälde in Glas mosaik, welche ihre Dauerhaftigkeit wohl
unzweifelhaft sichern würde, befürwortet worden, obwohl, abge-
sehen von den ganz bedeutenden Kosten, die hierdurch erwachsen
würden, auch hiebei technische Schwierigkeiten zu überwindeu sein,
würden. Und diese dürsten besonders darin liegen, daß die
Feinheit der Fleischtöne nnd der Landschaften gar nicht oder
doch nur andeutungsweise würden wiedergegeben werden können.
Jedenfalls ist aber die Möglichkeit einer Ausführung in Glas-
mosaik nicht direkt ausgeschlossen. Doch mögen sich die des-
fallsigen Schwierigkeiten noch jo häufen, notwendig ist, daß ent-
weder auf die eine oder die andere Weise dem überaus traurigen
Zustande der Fresken mit größtmöglichster Beschleunigung ein
Ende gemacht werden mutz.

tll. Rom. Nach langen Jahren wieder einmal ein
Künstler fest! ein deutsches Künstlerfest nämlich, denn der
Internationale Künstlerverein in der Via Margutta,
der sich zumeist aus Elementen lateinischer Rassen rekrutiert,
hat es den Winter hindurch an Soireen, Konzerten, Bällen nicht
fehlen lassen. Allerdings herrscht dort auch noch etwas von
jenem guten alten Künstlerleichtsinn, der in den: engen drücken-
den Erdgeschoß des Palazzo Torlonia längst verkümmert und
erstorben ist. Der deutsche Künstlerverein, der bekanntlich den
löblichen Entschluß gefaßt hat, sich „aus eigener Kraft" zu
regenerieren (die kaiserliche Subvention kann die Bedeutung
dieses Entschlusses kaum schmälern), der deutsche Künstlervereiu
beschloß, diese Bergnügungsperiode mit einem Feste einzuweihen,
zu welchem die Anwesenheit des Kölner Männergesang-
ver eins in Rom willkommene Gelegenheit bot. Und so sah
denn der Abend des 26. April zum erstenmale wieder die Mit-
glieder des Künstlervereins mit ihren Familien, d. h. die ganze
deutsche Kolonie — denn wer rechnete sich bei einem solchen
Anlasse nicht zur Kategorie der Künstler? — in dem hübsch
dekorierten Saale des Costanzitheaters versammelt. Einige
Vereinsmitglieder und Damen der Kolonie — nennen mir
von den erstem nur den Bildhauer Dausch — als „Vater
Rhein" — brachte eine Serie von Gehrts und Effernberger
komponierter lebender Bilder zur Aufführung. Ein Tänzchen
schloß in später Stunde das Fest. Leider kann man nicht eben

sagen, daß her Künstlerverein, oder besser, daß das Festkonti t ee
die neue Ära unter besonders glücktichen Auszügen begonnen
habe. Dein praktisch-modernen Sinne gewisser im Verein maß-
gebender Elemente widerstrebte es beispielsweise, diejenigen
römischen Blätter zu dem doch jedes politischen Beigeschmackes
baren Feste zu laden, die im Gerüche stehen, nicht „gesinnungs-
tüchtig" zu sein. Die römischen Vertreter der deutschen Preise
erhielten überhaupt keine Einladung. Es ist zu wünschen, daß
der „regenerierte deutsche Künstlervereiu" sich nicht nur ein neues
Lokal, sondern auch einen Geist aneigne, der dem in Italien und
Rom überhaupt herrschenden, in Künstlerkreisen aber doppelt
notwendigen Geist der politischen und sonstigen Bildung ent-
spricht. Sonst wird dem endgilligcn Verjall des Vereins, von
dem sich schon sehr beachtenswerte Elemente zurückgezogen haben,
nichts mehr Einhalt gebieten können. Noch eins im Sinne
eben jener Toleranz ist ferner zu hoffen, daß der Künstlervereiu,
was die Zeitungslektüre im Lesezimmer betrijst, auch den
Wünschen und Bedürfnissen seiner Mitglieder gerecht werde, die
sich nicht allein mit dem Genuß der „Kölnischen Zeitung" und
halbossizöser Blätter begnügen. Der Schreiber dieses vertritt da
nicht etwa nur die Interessen liberaler, sondern auch die der
klerikalen Mitglieder, deren der deutsche Künstlerverein ja
nicht ermangelt. Privatier Grunert aus Magdeburg, der
bekannte Mäzen des deutschen Künstlervercins in Rom, der dein
Verein bereits eine von Feuerstein modellierte Kaiser
Friedrich-Büste zum Geschenke gemacht hat, gab dem tress-
tichen Bildhauer Professor Gerhardt, dem Vereiuspräsiüenten,
den Auftrag, nun auch eine Büste Wilhelms 11. sür den
Verein herzustellen. — Im Internationalen Künstler-
Verein fand zu Ehren Chiaradias, dessen Viktor Emanuel-
Modell bekanntlich für das Nationaldenkmal angenommen worden
ist, ein großes Bankett statt, an dem fast alle römischen Nola-
bilitäten in Kunst, Lilteratur und Wissenschaft teilnahinen.
Chiaradia hat erst in München, wo er auf dem Polhtechniküm
studierte, sein Bildhauertalent erkannt. Viermal im Wettbewerb
um die Reiterstatue des „Großen Königs" unterlegen, ließ er
sichs ein sünftes Mal nicht verdrießen ein Modell einzusenden
und — gewann. — Die Kunstausstellung von Bologna
hat ein Defizit von annähernd 300,990 Franken ergeben. Ein
schönes Omen für die im nächsten Frühjahre in Palermo
geplante nationale Kunstausstellung.

tt. Kassel. Das von der verstorbenen Gräfin Louise
Bose, geb. Gräfin von Reichenbach-Leßonitz, gestiftete Stipen-
dium jür talentvolle Maler und Bildhauer, welche aus dem
Bezirke des ehemaligen Kurfürstentums Hessen gebürtig sind,
soll für das Rechnungsjahr 1889/90 i»r Betrage von 2000 Mk.
vergeben werden. Bewerbungsgesuche sind bis zum 15. August
dem Oberbürgermeister der Stadt Kassel einzujenden.

tt. Bozen. Bildhauer Heinrich Natter ist zur Zeit
mit der Ausführung des Standbildes Walters von der Vogel?
weide beschäftigt. Die Ausstellung desselben soll durch eine
feierliche Enthüllung, zu der sich sämtliche Gesangvereine Tirols
in Bozen einfinden und sich zu einem großen dauernden Bunde
vereinigen, am 15. September dieses Jahres erfolgen.

Kunstütteralur und vrrvirlfälriArnde Kunst

— „Japanischer Formenschatz" (Monatsschrift), ge-
sammelt von S. Bing; Mitarbeiter: I. Brinckmann, C. Grass,
Georg Hirth, PH. Burty, E. de Goncourt, L. Gonse, Th. Hahaschi
rc. rc. Verlag der deutschen Ausgabe: E. A. Seemann, Leipzig.
Heft 1 — 6 (Preis des einzelncn Heftes 2 Mk., des Jahr-
gangs von 12 Heften 20 Mk., eine Probetasel liegt diesem
Hefte bei). Wenn ein Japankundiger diesen schönen Kranz
von Mitarbeiternainen erblickt, so weiß er bereits, daß vom
Guten nur das beste, und vom besten nur das vorzüglichste den
Inhalt der Zeitschrift bilden wird. Und auch dem Laien muß beim
Durchblättern zum wenigsten eine Ahnung aufgehen, daß hier
eine Reihe graphischer Meisterwerke ihm geboten ist, deren
Originale vorher nur wenigen bevorzugten Sammlern und
Kennern zugänglich war, deren Reproduttion aber — in dieser
Vollendung — bisher ausschließliches Privilegium unsrer japani-
schen Kollegen vom Holzstock zu sein schien. Denn es dars
wohl init dem wenn auch abgebrauchten Prädikat „staunenswert"
bezeichnet werden, wenn uns hier im fernen Westen der alten
Welt die köstlichen Schildereien des unerschöpflichen, humorvollen
Meisters Hokusai, im bunten Gewirr über Umschläge und Text-
seiten verstreut, zu dem beliebten billigen Preise einer Unter--
haltnngszeitschrift ins Haus gebracht werden. Wem aber an
 
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