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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Schultze-Naumburg, Paul: Jan Coorop
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0119

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Sy



Jan Koorop.

von Paul Echultze-Naumburg.

1-^enn wir, heute unseren Lesern eine Auswahl von
Bildern' des seltsamen Malers und Zeichners Jan
Toorop vorführen, so geschieht dies nicht, um ihm ein
unbedingtes Loblied zu singen, sondern mehr, um auch
diese so viel besprochene Erscheinung einmal zu bringen
und aufzufordern, die Werke einmal ganz vorurteilsfrei
zu prüfen. Wer nur ein Freund ganz harmonischer Kunst-
werke ist, wird in ihnen nichts finden,- wer es versteht,
auch seine Freude an fragmentarisch Schönem zu haben,
wird solches, wie das Gold in der Erzstufe, auch bei
Toorop finden. Nicht frei von Schlacken, aber doch Gold.

Ich schicke zunächst einiges über sein Leben voraus,
was manches erklären mag.

Toorop ist ein seltsamer Kosmopolit. Sein Vater ist
von norwegisch-javanischer Abstammung, seine Mutter
von englisch-javanischer. Der Vater trat früh in den
holländischen Verwaltungsdienst auf Java, und dort
wurde Jan im Jahr 1860 zu Porworedjo geboren. Seine
Kindheit muß seltsam genug und für unsere Begriffe von
sehr fremdartigen Eindrücken begleitet gewesen sein, wie es
der stets wechselnde Aufenthalt seiner Eltern mit sich brachte.
Toorop entsinnt sich noch genau jener großen Reisen, die
sein Vater zur Inspektion der Minen ins Innere der Insel
machen mußte und auf denen er von seiner Familie be-

gleitet wurde. Es waren Fahrten in die Berge, quer-
durch die Urwälder eines Landes, das für das schönste
der Erde gilt. Es gab keine Eisenbahnen; man reiste
in Sänften oder auch zu Pferde, zumeist des Nachts,
von Fackelträgern begleitet. Auf den Schultern trugen
sie die Malayen durch das eiskalte, krystallklare Wasser
reißender Flüsse; das Heulen des harmlosen und des bös-
artigen Getiers der Wälder umtobte sie des Nachts und
nicht selten bekamen sie das eine oder andere Raubtier
zu Gesicht. Eines Nachts, entsinnt sich Toorop, gestatteten
ihnen die Chinesen, in einem buddhistischen Tempel zu
übernachten, was eine seltene Gunst war und ihm un-
deutlich seltsame Eindrücke hinterließ.

Er spielt als Kind mit gleichaltrigen Kameraden,
die meist Chinesen oder Japaner waren, kommt häufig
in ihre prächtig eingerichteten Häuser und sieht da die
wundervollen Interieurs, ihre Gemälde, ihre phantastischen
Feste. Das alles ist von nachhaltigster Wirkung auf
ihn und schon da Packt ihn eine Freude an satten glänzen-
den Farben und am Zeichnen. Mit acht Jahren wird
er getauft und verläßt seine Eltern, die er nie wieder
sehen sollte. Ein arabisches Schiff bringt ihn nach
Batavia, wo er in ein College eintreten muß, um mit
dem Wissen europäischer Bildung vertraut gemacht zu
 
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