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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Die Frühjahr-Ausstellung in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0293

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Die Frühzahr-AuKsteliungen in Düsseldorf.

ie schon kurz berichtet wurde, hatten wir diesmal
in Düsseldorf statt zwei Frühjahr-Ausstellungen drei,
da die Freie Vereinigung geglaubt hatte, ihre Bilder in
zwei Serien ausstellen zu müssen.

Daß es unter diesen Umständen nicht ganz leicht
war, sich ein abgeschlossenes Bild von dem hiesigen Kunst-


schaffen der letzten Zeit zu machen, ist zu begreifen.
Glücklicherweise werden diese, wie wohl nachgerade auch
der Verblendetste hier einsehen wird, ganz unhaltbaren
und direkt schädlichen Ausstellungsverhältnisse in abseh-
barer Zeit ein Ende nehmen, da man sich endlich nach
jahrelangem, unnützem „Zögern, Zaudern und Plaudern"
entschlossen hat, ein, den hiesigen Verhältnissen ent-
sprechendes, großes Ausstellungsgebäude zu errichten.
An Secessionen wird es dann ja wohl auch nicht fehlen,
aber das Publikum braucht dann wenigstens nicht darunter
zu leiden, und wird nicht mehr gezwungen sein, von der
Kunsthalle zu Schulte zu Pilgern, und nach 14 Tagen

wieder zu Schulte zu gehen, oder zu reisen, wenn es
sich um Auswärtige handelt, die beim Verkauf doch recht
sehr in Betracht zu ziehen sind.

Was zunächst die Bilder der Freien Vereinigung
anbelangt, so kann man sagen: „Ende gut, alles gut."
Die zweite Serie ist so viel besser, als die erste, daß
man gerne bereit ist, diese erstere bis auf ganz wenige
Bilder zu vergessen. Weshalb aber diese wenig inter-
essante erste Serie überhaupt ausgestellt werden mußte,
ist nicht recht erfindlich. In ihr waren eigentlich nur
die Arbeiten von Otto Heichert von starkem, künst-
lerischem Interesse. Der junge Künstler malt seine Bilder
„fern von Madrid" irgendwo auf dem Lande, unberührt
von Richtungen, Strömungen und Ismen der ver-
schiedenen Sorten, von denen der Stadtkünstler sich so
schwer fern halten kann, selbst wenn er möchte. Und
diese unberührte Frische, die Unmittelbarkeit der An-
schauung, das Zusammenleben des Malers mit seinen
Menschen, seinen Modellen: das giebt auch den dies-
jährigen Bildern Heicherts den lebendigen frischen Reiz.
Es sind vier Werke. Zwei und zwei gehören sie stoff-
lich gewissermaßen zusammen. Zunächst das große Bild
mit einem biblischen Titel, der aber nicht unbedingt dazu
gehört. Ein Kind liegt in den letzten Zügen, in stumpfem
Schmerz sitzen die Eltern am Sterbelager und das zweite,
kleinere, vielleicht noch höher stehende „Die Totenandacht"
bei dem verstorbenen Mädchen, bei der sich die ganze
Familie versammelt hat. Die Motive erscheinen etwas
verbraucht, die Armeleuts- und Elendsmalerei ist nicht mehr
recht Mode, aber man merkt bei Heichert, daß er die
Sachen eben überhaupt nicht der Mode halber gemalt
hat, sondern weil er einmal so etwas gesehen und mit-
gefühlt hat und es also malen wollte, weil er es malen
mußte. Daher die Stärke der Empfindung und die
künstlerische Vollendung. Die beiden anderen Bilder, ein
pflügendes Bauernpaar und ein Ziegenhirt, führen uns
ins Freie, und hier besängt nicht das Grauen des Todes
den Beschauer, sondern er atmet in der reinen Luft der
gesunden Arbeit und der farbenfrohen Freilichtkunst, an
die hier in Düsseldorf freilich immer noch einige Leute
aus dem vorigen Jahrhundert sich nicht haben gewöhnen
können, oder wollen. Erwähnenswert ist noch ein Bild
von Pfannschmidt, einem begabten Schüler von Ed.
v. Gebhardt, der sich aber von seinem Lehrer noch nicht
innerlich hat frei machen können, und nun versucht, ihn
wenigstens nach der koloristischen Seite hin zu über-
trumpfen.

Ein anderer Gebhardtschüler, der aber origineller
wirkt, wenn er in der Technik auch noch sehr an den
Meister erinnert, ist August Zinkeisen. Er malt mit
Vorliebe Märchen und sein „Kleines Mädchen mit den
Schwefelhölzern" nach Andersen ist überaus eigenartig
und reizvoll in seiner Mischung von Naturalismus und
der phantastischen Erscheinung des Engels und der Mutter.
Daß die Natur dem Künstler aber doch vielleicht näher
steht, als es die himmlischen Erscheinungen thun, beweisen
zwei lebendige und farbig ebenfalls sehr eigenartige
Studienköpfe. Prof. Claus Meyer stellt eine „Kloster-
schule" aus. Die jungen Eleven sitzen in dem niederen
Gemach gegen das Fenster gesehen. Mit großer Kunst
sind die Hellen Kutten gegen das Helle Fenster gestimmt.
 
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