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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Neue Bücher und Kunstblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0142

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Neue Bücher und Kunstblätter.

(OS

Numerierte Liebhaber-Ausgabe t6l> M.) Es wäre uns gewiß
nicht eingefallen, dem unübersehbaren Reichtum der ewigen Stadt
den durch zwölf recht geschmackvolle Aquarelle leicht zu erschöpfenden
der alten Kaiserstadt Goslar folgen zu lassen, wenn uns nicht
die überaus reiche Ausstattung dieses Werkes, vor allem aber
sein ebenso Pracht- als geschmackvoller Einband dasselbe besonders
geeignet hätte erscheinen lassen, als Weihnachts-Prachtstück in jedem
vornehmen Salon zu paradieren. Wenn man diese Prachtmappe
sieht, so muß man schon gestehen, daß unser Kunstgewerbe, vorab
die Buchausstattung, jetzt Dinge liefert, die noch vor dreißig
Jahren um keinen Preis herzustellen gewesen wären. Und es ist
gewiß nicht zufällig, daß die Fortschritte des Kunstgewerbes wie
der verzierenden Künste überhaupt bei uns dermal weit unzweifel-
hafter sind als die der Kunst selber. Die kommen aber offenbar
nach, denn alle naturwüchsige Kunst sängt bei der Verzierung an.

ssrobe-Illustration aus tvscar Bie, „Das Alavier".
(München, Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G.)

Der Verleger des Werkes hat sich durch dieses Erstlings-Unter-
nehmen bei Künstlern und Kunstfreunden in gediegenster Weise
eingeführt. Seiner Heimatstadt konnte er kein schöneres Ehren-
denkmat setzen.

Lud Glötzle u. Alois Knöpsler. Das Vater Unser.
(Freiburg i. B, Herder. 14 M.) Charakteristisch für die inner-
liche Kälte, mit der unsere Zeit allen religiösen Traditionen gegen-
übersteht, ist es gewiß, daß in der langen Reihe der zu be-
sprechenden Kunstschöpsungen Glötzles „Vater Unser" die einzige
kirchliche blieb. Dafür ist sie dann auch aber modern genug, obwohl
Glötzle durchaus nicht zu den naturalistischen, sondern vielmehr zu
den stilisierenden Künstlern gehört und man ihm weder Phantasie
noch Gestaltungskraft absprechen kann. Seinem „Vater Unser"
wird es darum wenigstens in der weiblichen Welt gewiß nicht
an Verehrern fehlen. Wir hatten das Vorstehende eben ge-
schrieben, als uns noch das sechste Jahresheft der „Deutschen
Gesellschaft für christliche Kunst" (Freiburg i. B., Herder,
15 Mk.) zukam, welches immerhin eine Anzahl achtbarer Produk-
tionen enthält, die wenigstens beweisen, daß unter den Künstlern

sich immer eine Anzahl findet, welchen der Sinn für religiöses
Schaffen keineswegs abgeht. So ist unter den hier auftreiendcn
Malern Frz. Kunz em entschiedenes Talent voll energischer
Eigenart, und auch unter den Bildhauern zeigt die Madonna
von Weißenfels echte Empfindung. Der Anteil des Publikums
an diesen Bestrebungen scheint freilich eher ab- als zuzunehmen,
was man nur bedauern kann.

I. V- v. Scheffel, Bergpsalmen. Mit Bildern von A.
v. Werner. (Stuttgart, Bonz u. Co., 9 M.) Wenn man sich hier
über die schwungvollen Kompositionen freut, mit denen A. v.
Werner die herrlichen Gedichte seines Freundes Scheffel begleitete
so kann man doch nicht umhin, es lebhaft zu bedauern, daß die
Wiedergabe der Zeichnungen durch den Holzschnitt und in dieser
vierten Auflage nicht auf dem für die Reproduktion von Zeichnungen
so unendlich zweckmäßigeren photomechanischem Wege geschah, der
heute für dergleichen ja ganz unentbehrlich ist. Neben solchen
Wiedergaben bleibt der Holzschnitt eben immer hölzern. Hier be-
dauert man das umsomehr als die Wernerschen Original-Zeich-
nungen doch gewiß noch existiren. Die Deutschen schwatzen
immer so viel von ihrer künstlerischen Empfindung und lassen sich
dennoch bis in die neueste Zeit hinein von Holzschnitt und Stich
um die Wette mißhandeln; es wäre Zeit, daß man damit ein-
mal ein Ende machte!

Bei Braun sc Schneider ist der elfte Band des „Ober-
länder Albums" (5 M.), der aus den „Fliegenden" ge-
sammelten Schnurren des Meisters, herausgekommen und setzt
einen durch die anscheinende Unerschöpflichkeit dieses humoristischen
Talentes in Erstaunen. Sieht man aber genauer zu, woher denn
dieser unbegreifliche Reichtum stammen könnte, so findet man
bald, daß er zwei Quellen hat. Erstens die ungewöhnlich reiche
Bildung des Meisters, welche ihn die anscheinend entlegensten
Stoffe finden läßt, die Zeit und Kulturgeschichte bieten. Darin
bleibt er all seinen Konkurrenten überlegen. Zweitens aber auch
ein fortwährend vertieftes Naturstudium, besonders aller möglichen
Tiere, das ihn zu den komischsten Vergleichen erst recht in Stand
setzt. Und so wird denn Oberländer seinen Platz an der Spitze
unserer Karikaturisten wohl noch ferner behaupten. Besonders
wenn so wenig Aussicht ist wie jetzt, daß uns im lieben Deutsch-
land die Narrheit jemals ausgehe.

Angefügt seien die Werke, welche alljährlich vom Tisch der
„Fliegenden Blätter" außerdem noch so nebenher abfallen, aber
sämtlich mehr oder weniger den Charakter jener der deutschen Kunst
zu unvergänglicher Ehre gereichenden Zeitschrift tragen. Denn wo
gäbe es sonst in der Welt ein Blatt, das noch nach mehr als
einem halben Jahrhundert sich eines so ununterbrochenen Fort-
schritts sowohl des Kunstwertes seiner Produktion als der Gunst
seines die ganze Welt umfassenden Publikums rühmen könnte?
Will man wissen, was echte, spezifisch deutsche Kunst ist, so muß
man die „Fliegenden" durchmustern, da kann man ihre Träger
von Schwind und Ille bis auf Hermann Vogel, Marold und
Oberländer versammelt finden, und sie brauchen aber fürwahr
die Konkurrenz der ganzen Welt nicht zu scheuen! In den nun
auch schon im zweiten halben Jahrhundert stehenden „Münchener
Bilderbogen" ist wiederum Hermann Vogel durch einen ganz
köstlichen, von tollem Humor sprudelnden „Märchenzug" ver-
treten. Aber auch außer ihm finden wir- da wieder ein halb
Dutzend Blätter jener trefflichen „Geschichte der Kostüme", die
nun schon ihren lOlten Bogen erreicht hat und der man nach-
sagen muß, daß sie die für Künstler und Laien unbedingt brauch-
barste, weil mit am meisten Verständnis gezeichnete sei. — Auch
die „Jugendblätter" liegen wieder in einem neuen Jahrgang
zur Erbauung aller Backfische als passendes Weihnachtsgeschenk
vor, während der „Fliegende Blätter-Kalender für 1899"
die tollsten Schnurren enthält für durstige Erwachsene, die vom
Tische jenes, den deutschen Humor besser als irgend ein anderes
vertretenden Weltblattes heruntergefallen sind. I'. ?t.

Von dem unter dem Titel „Berühmte Gemälde
der Welt" ursprünglich in Amerika erschienenen Bilderbuch der
modernen Kunst, das mit einem deutschen Text alsdann auch zu
uns herüberkam, ist unlängst eine billige Ausgabe für 3 M.
erschienen (Leipzig, Otto Maier). 105 „berühmte" Bilder in
Reproduktionen im Format von etwa 20:28 cm, gebunden in
Prachtband — mehr kann man für das Geld wirklich nicht ver-
langen.

vr. Oscar Bie, der Herausgeber der N-uen Deutschen
Rundschau in Berlin, hat ein umfangreiches Wen über „Das
Klavier und seine Meister" geschrieben, welches soeben bei
der Verlags-Anstalt F. Bruckmann in München erschienen ist.
(Geb. 12 M.) Seinem Aeußern nach ein reich und geschmackvoll
 
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