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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Hann, Pauline: Herbst-Ausstellung 1898 in der "Academy of Design" in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0178

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tserbst-Ausstellung >8Y8 in der -^c-läew)' ok vesi§n< NI New Nord.

L. Zenisek fec.

Dcrbft-Aus'stMmg 1898 in der „^.Laäemy of OesiZn" in Ocw Work.

von p.

ie Eröffnung der vorjährigen Kunst-Saison hatte
sich auffallend verspätet. Länger als sonst dauerte
der tiefe Sommerschlaf, der den New Dorker Kunstmarkt
während der heißen Jahreszeit vollständig paralysiert.
Dann aber brach plötzlich eine Sturzwelle von Ereig-
nissen über uns herein, die Kritiker und Publikum als
hilflose Opfer fortzuschwemmen drohte. Sei es hier nur
gleich bemerkt: Nichts Epochemachendes, nichts wahrhaft
Hinreißendes darunter. Der Kunst Amerikas ist auch
im Jahre des Heiles 1898 kein Messias erstanden. Aber
welch eine geradezu unübersehbare Masse von alten und
neuen Künstlernamen, von Gemälden in Oel- und Wasser-
farben! Um den Künstlern das Interesse und die För-
derung zu gewähren, die sie durch das Einsetzen ihres
ganzen Könnens beanspruchen dürfen, müßte die gesamte
Bevölkerung der Vereinigten Staaten ein Originalgemälde
als wesentlichen, durch Nachdruck nicht ersetzbaren Schmuck
des Hauses ansehen lernen, was leider nicht der Fall
ist, müßten die weitesten Klassen des wohlhabenden
Bürgerstandes opferwillige Beschützer der Kunst geworden
sein, während es bis jetzt doch nur ein kleiner, aller-
dings märchenhaft reicher und dementsprechend auch mäce-
natisch angehauchter Kreis ist, der Kunstwerke erwirbt.

Fast jede der sehr zahlreichen Kunsthandlungen der
Stadt besitzt nun hinter oder über dem eigentlichen Ge-
schäfte einen Saal, in welchem Special-Ausstellungen
stattfinden. Sie alle traten zum Herbste gerüstet vor,
dann kommen die geselligen, wissenschaftlichen und politi-
schen Clubs, die in ihren Palästen Ausstellungen, aller-
dings nur für Mitglieder und geladene Gäste, veran-
stalten und endlich die eigentlichen in den öffentlichen
Ausstellungsgebäuden, für welche nach all den Beein-
trächtigungen zuletzt nur ein geschmälertes Interesse übrig
bleiben kann.

Im Uns ^.rts Lmlcting lud der lVater-Lolour-LIub
(ein jüngerer Bruder der ^Vater Latour-Society und zu
ihr im selben Verhältnis stehend, wie die ölmalenden
Artists zu den Akademikern), das Publikum zu seiner
Jahres-Ausstellung ein, während der Franzose Tissot
mit einem Oelgemälde-Cyklus „Der verlorene Sohn",
mit modernen Augen gesehen und seinen technisch bedeut-
samen und besonders in der Behandlung der Massen
hervorragenden Federzeichnungen und Aquarellen zum
„Leben Christi" die Wände der ^rt Association bedeckte
und die ^cackein^ ob DesiZa ihre Herbst-Ausstellung er-
öffnete.

Wie herkömmlich, zeigt diese einen Ueberfluß an
hervorragenden Landschaften in Freilicht und akademischer
Manier, eine Anzahl vortrefflicher Porträts und eine
ausgesprochene Dürftigkeit im Sittenbild. Wie immer
kommen als Retter E. Henry mit seinen hellfarbigen,
fast an Porzellanmalerei erinnernden Bildern aus der
Kolonialzeit, die diesmal „Ferieutage" und „Nach der
Kirche" heißen, Roseland und Chalfant mit einigen
humoristischen Neger-Anekdoten, Mosler mit einem
Mädchen aus der Bretagne, Blenner mit einem solchen
aus Holland, Poore mit seinem landschaftlich trefflichen
„Landbriefträger", der sich durch Schncemassen hindurch-
windet. Satterlees „Großmutter und Enkelin zu
Markte gehend," die in Zeichnung und Farbe gleich
guten „Wollezupferinnen" von Caroline Thurber,
welche Millct aufmerksam studiert haben muß, das von
der Akademy angekaufte Bild „Tag-Träume" von Wiles,
dessen lichtumflossene Mädchengestalt und klare Sommer-
Atmosphäre leider durch einen Fehler in der Perspektive
beeinträchtigt wird, vervollständigen den Reigen. Von
historischen und religiösen Gemälden ist nichts zu sehen,
wenn man einen recht fein empfundenen „Christuskopf"
 
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